Klimaschutz braucht Gasausstieg
Fossiles Erdgas heizt die Klimakrise an
Rund ein Viertel unserer Energie kommt aus Erdgas - und das ist viel klimaschädlicher als sein Ruf. Deswegen brauchen wir für die Energiewende auch einen Ausstieg aus Erdgas. Ein Überblick.
Erdgas galt lange als der “klimafreundlichste” der fossilen Brennstoffe. Doch dieses saubere Image ist überholt. Denn Erdgas heizt unser Klima gleich doppelt auf – durch Methaneinträge bei Förderung, Speicherung und Transport des Gases sowie durch CO2-Emissionen bei der Verbrennung.
Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas und extrem klimaschädlich. Jede Tonne davon heizt die Erde über 20 Jahre betrachtet 84 mal so stark auf wie die gleiche Menge Kohlendioxid. 2020 beispielsweise gelangten weltweit rund siebzig Millionen Tonnen Methan in die Umwelt. Bei der Gasförderung entweicht es in großen Mengen aus undichten Bohrstellen und Pipelines.
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine setzt die Bundesregierung - aus Angst vor einer drohenden Energiekrise - massiv auf den Ausbau des Imports von Flüssiggas (LNG) und sucht weltweit nach Ersatz für die weggefallenen Gaslieferungen aus Russland. Doch anstatt neue Abhängigkeiten zu schaffen, uns weiter über Jahre an fossile Energiequellen zu ketten und damit die Energiewende auszubremsen, muss die Bundesregierung sämtliche neue Gas-Projekte stoppen und einen vollständigen Gasausstieg bis 2035 beschließen.
So gelingt das Ende vom fossilen Gas:
1. Wärmewende
Um die Ziele des Pariser Klima-Abkommens zu erreichen, muss Deutschland auch aus Erdgas aussteigen, und zwar bis 2035. Der Schlüssel dafür ist eine schnelle Wärmewende - schließlich werden rund 80 Prozent des Gases für die Wärmeerzeugung in Haushalten und Industrie eingesetzt. Jede zweite Wohnung in Deutschland wird derzeit mit Gas beheizt, und die Bundesregierung fördert den Einbau neuer Gasheizungen sogar noch. Das ist nicht mehr zeitgemäß und muss sofort gestoppt werden. Stattdessen brauchen wir schnellstmöglich - spätestens 2024 - ein Verbot für neue Gasheizungen. Staatliche Fördergelder dürfen nur noch für erneuerbare Wärme fließen, sodass Wärmepumpen, Solarthermieanlagen, Abwärmenutzung und Power-to-Heat-Anlagen ausgebaut werden. Zudem müssen Wärmenetze vermehrt genutzt und auf erneuerbare Energien umgestellt werden.
2. Gaskraftwerke werden Lückenfüller
Auch zur Stromerzeugung wird Gas verwendet, wenn auch in geringerem Umfang als zur Wärmeerzeugung. 2020 wurden 12 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms in Gaskraftwerken erzeugt. Zur Absicherung des Atom- und Kohleausstiegs werden Gaskraftwerke auch noch eine Weile gebraucht. Doch muss und kann der Gasverbrauch trotzdem sinken. Denn je schneller wir Solar- und Windkraftanlagen zubauen, umso seltener werden die Gaskraftwerke laufen. Sie werden zu reinen Lückenfüllern für die Zeiten, an denen kaum Wind weht und die Sonne nicht scheint. Und schließlich können die verbleibenden Gaskraftwerke durch moderne Energiespeicher ersetzt oder auf erneuerbaren Wasserstoff umgestellt werden.
3. Keine neuen Gasterminals und Gaspipelines
Klar ist: aus Gründen des Klimaschutzes muss der Gasverbrauch schnell sinken. Dennoch setzt die Bundesregierung weiter auf Gasimporte. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Jahr 2022 stoppte die Bundesregierung Importe aus Russland und ersetzt sie allmählich mit Importen aus andern Ländern. So sind beispielsweise weitere LNG-Terminals geplant, an denen Tanker mit Flüssiggas aus Nahost, dem Senegal oder den USA anlegen könnten. Doch LNG hat eine äußerst schlechte Klimabilanz - denn der Energieaufwand für das Abkühlen ist extrem hoch.
Jede neue Pipeline, jedes neue LNG-Terminal lenkt unser Energiesystem in falsche Bahnen. Diese Projekte sind nicht mehr zeitgemäß und müssen so schnell wie möglich gestoppt werden.
Grüner Wasserstoff ist kostbar - und Biogas keine Lösung
Apropos Wasserstoff: Könnten wir das fossile Gas nicht einfach damit ersetzen, schließlich verbrennt dieses Gas komplett ohne CO2-Emissionen? Kurz: Von der Funktion her ja, aber von den Mengen her auf keinen Fall. Wasserstoff wird hauptsächlich durch die Elektrolyse von Wasser gewonnen. Grün nennt man ihn dann, wenn der Strom für die Aufspaltung des Wassers in Wasserstoff und Sauerstoff aus erneuerbaren Energien kommt. In einem zweiten Schritt kann aus Wasserstoff synthetisches Methan produziert werden. Beide grünen Gase werden auf jeden Fall für die Energiewende gebraucht, aber weil sie teuer und rar sind, nur an ganz bestimmten, neuralgischen Punkten.
Denn bei den Umwandlungen geht enorm viel Energie verloren. Grüne Gase - Wasserstoff ebenso wie synthetisches Methan - sollten deshalb nur dort eingesetzt werden, wo es keine anderen Alternativen gibt. In der Stahlindustrie zum Beispiel, oder im Flugverkehr. Zum Heizen von Gebäuden hingegen sind grüne Gase viel zu kostbar. Dort gibt es effizientere Alternativen wie zum Beispiel Wärmepumpen, Solarthermie oder erneuerbare Wärmenetze.
Auch Biogas ist keine Alternative zum Erdgas. Denn der Anbau von Energiepflanzen verdrängt die Nahrungsmittelproduktion und jeder weitere Druck auf natürliche Ökosysteme gefährdet die Artenvielfalt. Allenfalls Biogas aus Reststoffen ist ökologisch vertretbar - aber davon gibt es nur geringe Mengen.
Es ist wie in vielen Bereichen der Energieversorgung: ein reines Ersetzen des einen durch den anderen Energieträger ist nicht die Lösung. Es muss auch eingespart und klug und effizient genutzt werden. Nur dann kann der Ausstieg aus Gas gelingen.
So gelingt der Gas-Ausstieg
Wir brauchen dringend einen Fahrplan für den Erdgas-Ausstieg. Wichtige Eckpunkte dafür sind:
- Vollständiger Ausstieg bis 2035
- Verbot neuer Gas-Heizungen bis spätestens 2024, verbunden mit einer verstärkten Förderung erneuerbarer Wärmequellen
- Umrüstung von Wärmenetzen auf erneuerbare Energien
- Keine Investitionen in neue LNG-Terminals und Gas-Pipelines
- Schneller Ausbau von Windkraft- und Solaranlagen zum schrittweisen Ersatz von Gaskraftwerken im Stromsektor.
So könnte Deutschland auch beim Energieträger Gas seinen Beitrag zum Erreichen der Pariser Klimaziele schaffen.
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