Sechs Lügen der fossilen Industrie, um weiterzumachen wie bisher
Hier offenen Brief unterschreiben!- Ein Artikel von Lisa Göldner
- Hintergrund
Die fossile Industrie wiederholt immer dieselben Ausreden, um ihr schmutziges Geschäft fortsetzen zu können. Wir enthüllen 6 Mythen – und stellen ihnen Fakten gegenüber.
Immer wieder versucht die fossile Industrie, Kritik an ihren Praktiken mit denselben manipulativen Argumenten zu entkräften. Haben Sie diese fadenscheinigen Ausreden satt? Wir auch! Hier sind die häufigsten Mythen – und die Fakten, die sie widerlegen.
Mythos 1: „Wir reagieren nur auf die Nachfrage der Verbraucher“
Eines der Lieblingsargumente der fossilen Industrie lautet, sie bediene lediglich die Nachfrage der Verbraucher:innen. Doch diese Behauptung lenkt nur von ihrer Verantwortung für die Klimakrise ab. Anstatt echte Veränderungen voranzutreiben, schiebt die Branche den Ball den Konsument:innen zu. Dabei geht es ihr in Wirklichkeit nur darum, ihre Gewinne zu maximieren – und das auf Kosten von Umwelt, Klima und Gesundheit.
Die fossile Industrie hält uns gezielt von alternativen Energien fern und nutzt Krisen schamlos aus. So instrumentalisierten Unternehmen in Europa den Ukraine-Krieg und die damit verbundene Angst vor Energieengpässen, um fossiles Gas als unverzichtbare Lösung darzustellen. Lobbyarbeit führte zu überdimensionierten Investitionen, etwa in LNG-Terminals in Wilhelmshaven, Brunsbüttel oder auf Rügen sowie in das Neptun-Deep-Gasbohrprojekt im Schwarzen Meer.
Mythos 2: „Gas ist eine Übergangsenergie“
Die Behauptung, fossiles Gas sei eine saubere Alternative, ist schlicht falsch. Gas ist ein fossiler Brennstoff wie Kohle und Öl und für 22% der weltweiten Treibhausgasemissionen aus fossilen Brennstoffen verantwortlich. Die negativen Folgen reichen weit über das Klima hinaus: Umweltzerstörung, Verlust der Artenvielfalt, Menschenrechtsverletzungen und geopolitische Konflikte sind Konsequenzen aus der fortgesetzten Gasverbrennung.
Ein vollständig erneuerbares Energiesystem braucht kein fossiles Gas. Einige Länder haben bereits bewiesen, dass sie ihre Energieversorgung komplett auf erneuerbare Quellen umstellen können: Im Jahr 2018 wurde Costa Rica 300 Tage lang ausschließlich mit sauberer Energie versorgt. Studien zeigen, dass ein solches System in vielen anderen Ländern, darunter Deutschland und die Philippinen, umsetzbar ist. Der Schlüssel liegt in der Elektrifizierung, der Reduzierung des Energiebedarfs sowie in Effizienzmaßnahmen und innovativen Energiespeichersystemen.
Mythos 3: „Wir werden nicht von heute auf morgen auf fossile Brennstoffe verzichten können“
Um ihre klimaschädlichen Geschäfte zu rechtfertigen, setzt die fossile Industrie immer wieder auf Verzögerungstaktiken. Obwohl die Unternehmen seit Jahrzehnten von der Klimakrise und den von ihnen verursachten Schäden wissen, setzen sie weiterhin auf die Förderung fossiler Brennstoffe und den Ausbau fossiler Infrastrukturen.
Die Klimakrise eskaliert. Um die schlimmsten Folgen der Klimakrise noch eindämmen zu können, müssen alle neuen Gas-, Öl- und Kohleprojekte sofort gestoppt und die fossilen Brennstoffe bis Mitte des Jahrhunderts abgeschafft werden. Die Industrieländer müssen dabei eine Vorreiterrolle übernehmen. Der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen wird nicht von heute auf morgen erfolgen, aber wir müssen ihn viel schneller vorantreiben. Damit die Energiewende gelingt, muss sie sozial gerecht sein und einen fairen Übergang für Arbeitnehmer:innen gewährleisten. Und zwar ab sofort!
Mythos 4: „Wir investieren doch schon viel in erneuerbare Energien“
Eines ist klar: Die fossilen Konzerne wollen am Geschäft mit Öl, Gas und Kohle so lange wie möglich festhalten. Während sie ihre Werbung mit schönen Bildern von erneuerbaren Energien grünfärben, sprechen die tatsächlichen Investitionen eine andere Sprache: Nur 7,3% der Investitionen von 12 großen europäischen Öl- und Gasunternehmen im Jahr 2022 flossen in erneuerbare Energien – die restlichen 92,7% landeten im fossilen Sektor oder gar in dessen Ausbau. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix dieser 12 Unternehmen lag im Jahr 2022 im Durchschnitt unter einem Prozent. Und weltweit stammen derzeit nur ein Prozent der globalen Investitionen in saubere Energie aus der Öl- und Gasindustrie.
Diese Zahlen zeigen deutlich, dass die fossile Industrie bei der globalen Energiewende keine Rolle spielt und ihre angeblichen Bekenntnisse zur Energiewende reines Greenwashing sind. Viele fossilen Konzerne haben sogar angekündigt, die Öl- und Gasproduktion in den kommenden Jahren weiter zu steigern.
Mythos 5: „Wir sind gut für die Wirtschaft und verbessern die Lebensbedingungen in den Entwicklungsländern“
Die Ausbeutung von Öl und Gas nutzt in erster Linie den Profitinteressen der fossilen Industrie, die zum größten Teil aus dem Globalen Norden operiert. Ihre Projekte in Ländern des Globalen Südens verfestigen neokoloniale Strukturen. Korrupte Eliten stecken oft die Einnahmen ein, während die lokale Bevölkerung unter den gefährlichen Folgen der Förderung fossiler Brennstoffe leidet. Die Ausweitung der Förderung fossiler Brennstoffe in Ländern des Globalen Südens bindet diese an ein toxisches und fossiles Wirtschaftssystem.
Im Jemen zum Beispiel führen die Aktivitäten von TotalEnergies Berichten zufolge zu extremer Boden- und Grundwasserverschmutzung mit katastrophalen gesundheitlichen Folgen. In Uganda und Tansania werden Menschen ihres Landes beraubt: Schätzungen zufolge werden über 118.000 Menschen durch die Projekte EACOP und Tilenga vertrieben. Insgesamt sind Menschenrechtsverletzungen durch fossile Brennstoffe weithin an der Tagesordnung, wie Greenpeace Belgien gezeigt hat.
Mythos 6: „Wenn wir es nicht tun, tun es andere“
Dieser „Whataboutism“ ist nichts weiter als ein Ablenkungsmanöver. Es stimmt auch schlichtweg nicht: Tatsächlich zeigt die Vergangenheit, dass entschlossener Widerstand Wirkung hat. 2018 beispielsweise stoppten Greenpeace-Proteste erfolgreich ein geplantes Bohrprojekt von TotalEnergies im Amazonas-Riff. Kein anderes Unternehmen hat seither versucht, in diesem geschützten Gebiet zu bohren.