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3 Aktivist:innen (eine davon im Bärenkostüm) sowie eine Passantin  an einem Infotisch an dem ein Plakat mit Kühen in Anbindehaltung und der Aufschrift "Tierleid stoppen" hängt.
© Maria Feck / Greenpeace

Wegen Bärenmarke: Protest vor Supermärkten

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Für mehr Tierwohl und Klimaschutz stehen am Samstag Greenpeace-Ehrenamtliche in 27 Städten erneut früh auf. Sie informieren vor Supermärkten darüber, was wirklich hinter Bärenmarke steckt. Anders, als die Werbung vermuten lässt, ist das nichts anderes als billige Industriemilch – von Kühen, die ihr kurzes Leben fast ausschließlich im Stall statt auf der Weide verbringen. In Hamburg ist Michaela Loch dabei, im Interview erzählt sie von Aktionen, wie sie zu Greenpeace kam und warum sie sich engagiert.

Michaela Loch im Gespräch mit einer Passantin

Michaela Loch hat Geographie studiert und macht gerade ihren Master in Umweltgeographie und Umweltmanagement. Seit sieben Jahren ist sie ehrenamtlich für Greenpeace unterwegs.

Greenpeace: Der niedliche Bärenmarke-Bär ist der Werbeträger der gleichnamigen Marke. Für die Kampagne hat Greenpeace ein Bärenkostüm nähen lassen, es ist bei vielen Aktionen dabei. Steckst du am Samstag drin?

Michaela Loch: Das war geplant, aber dann haben wir herausgefunden, dass das Bärenkostüm auf bis zu 1,70 Meter große Menschen ausgelegt ist – mit meinen 175 cm wäre das für mich recht unbequem geworden (lacht). Deshalb übernimmt diese Rolle jetzt jemand anderes. 

Greenpeace: Seit Sommer 2023 läuft die Bärenmarke-Kampagne. Was war dein Aktions-Highlight?

Michaela Loch: Toll fand ich die Aktion am Bärenmarke-Werk in Mechernich, da war ich allerdings nicht dabei. Mich hat beeindruckt, dass Aktivist:innen auf die 30 Meter hohen Milchsilos geklettert sind und dort sogar übernachtet haben – um auf die Missstände bei Bärenmarke aufmerksam zu machen. Der Bär war bei der Aktion auch auf dem Gelände, das lockert das Ganze auf. Er wurde dann ja auch von der Polizei abgeführt, dieses Bild habe ich viel gesehen – in Blogs oder Social Media-Posts, die erstmal gar nichts mit Umweltthemen zu tun haben. Der Bär kommt gut an und bietet nochmal einen anderen Zugang zum Thema.

Von den Gruppen-Aktionen hat mir das Kennzeichnen der Bärenmarke-Produkte im Supermarkt am besten gefallen. 

Greenpeace: Beim Kennzeichnen wurden Aufkleber auf Bärenmarke-Produkte geklebt mit der Aufschrift „Achtung Tierleid!“. Ist es die Aktionsform oder die Wirksamkeit, die dir gefällt?

Michaela Loch: In den Märkten reden wir auch mit der Filialleitung – und da hoffe ich natürlich, dass sie über die überteuerte Bärenmarke-Milch nachdenkt und handelt. Der Lebensmitteleinzelhandel hat mehr Möglichkeiten, was zu verändern als einzelne Verbraucher:innen. Damit will ich aber nicht die Wirksamkeit von Verbraucher:innen infrage stellen. Der Bärenmarke-Chef hat sich bestimmt nicht gefreut, als er durch eine von Greenpeace initiierte Online-Aktion 8000 Einladungen zum Gespräch bekommen hat. 

Zudem denke ich, dass wir beim Kennzeichnen der Bärenmarke-Milch vielleicht auch Menschen erreichen, die am Infotisch erstmal nicht zu uns kommen würden. Die Info steckt direkt am Produkt und danach greifen Menschen, die es kaufen wollen. Vor der Tür am Infotisch hingegen sagen uns viele Leute “Das kaufen wir schon gar nicht mehr”, weil sie zum Beispiel eh Hafermilch trinken.

Greenpeace: An den Aktionstagen stellt ihr auch Infotische vor die Supermärkte. Was passiert da?

Michaela Loch: Die Infotische erfüllen einen anderen Zweck als das Labeln. Da haben wir eher Gespräche. Ich finde es immer wieder interessant, was die Menschen denken, man bekommt so ein Meinungsbild. Da bekommt man natürlich auch mal Kritik ab, erfährt aber auch, was sie gut finden.  

In Hamburg sind die Menschen aber grundsätzlich sehr wohlwollend uns gegenüber – vielleicht ist das in anderen Städten anders. 

Greenpeace: Warum findest du persönlich diese Kampagne wichtig? 

Michaela Loch: Meine Mutter hat Greenpeace schon immer gefördert. Umwelt war bei uns Thema, aber es war jetzt nicht so, dass ich vegan groß geworden bin oder zuhause ökologisch gesehen alles perfekt war. Es gab auch Milch und ich erinnere mich, dass Bärenmarke in meiner Kindheit etwas besonderes war. Das kauft man, wenn es ein Angebot gibt oder jemand Geburtstag hat. Bärenmarke war bei uns ein Premiumprodukt, was Gutes. Ich finde es extrem schwierig, dass die Bärenmarke, in der billige Industriemilch und Tierleid steckt, mehr kostet als Biomilch. Die Verbraucher:innen könnten für weniger Geld also auch Bio-Weidemilch kaufen, die besser fürs Tierwohl und Klima ist. Daher treibt mich auch der Verbraucheraspekt an, dass die Leute nicht wissen, was hinter der Bärenmarke steckt. 

Greenpeace: Und was erzählt ihr den Passant:innen über Bärenmarke?

Michaela Loch: Die wollen von euch Geld für etwas haben, das schlechter ist als etwas, das sehr viel weniger kostet. Denn die Supermärkte schließen bei ihren Eigenmarken mittlerweile die Anbindehaltung aus. Wir erzählen, dass Bärenmarke mit glücklichen Kühen wirbt und dahinter aber eine Industrie steckt mit ganz viel Tierleid. Dass die Kühe eben nicht auf der Weide stehen, sondern häufig sogar in Anbindehaltung, ohne sich bewegen zu können. Viele wissen das nicht und freuen sich, dass wir darüber informieren. Wir erzählen aber auch, welchen Effekt die Milchproduktion auf das Klima hat. 

Greenpeace: Wie reagiert die Filialleitung auf die Aktionen?

Michaela Loch: Unterschiedlich. Ein Filialleiter fand die Aktion gar nicht toll und hat uns sofort gebeten zu gehen, er hat aber nicht die Polizei gerufen. Ein anderer war der Sache gegenüber sehr offen. Er meinte, es würde ihn freuen, wenn wir die Aufkleber abmachen, er würde aber auch akzeptieren, wenn wir sie drauf lassen. 70 bis 80 Prozent der Filialleitungen sind sehr aufgeschlossen und angenehm im Umgang mit uns. 

  • Zei Aktivist:innen in grünen Jacken mit Greenpeace-Schriftzug auf dem Rücken kleben Aufkleber auf Bärenmarke-Milchpackungen

    Bundesweite Aktionen in Supermärkten in über 30 Städten: Aktivist:innen kennzeichnen am 9. März 2024 Produkte der Marke Bärenmarke mit Aufklebern, hier in Köln. Auf den gelben Stickern steht „Achtung Tierleid!“.

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  • Aktivist:innen halten vor einer Rewe-Filiale ein Banner, darauf Kühe in Anbindehaltung, ein Mann schaut im Gehen aufs Bild

    Gruppenaktionstag in 27 Städten am 27. April 2024: Auf das Leid von Kühen bei der Erzeugung von Bärenmarke-Milch wollen Greenpeace-Aktive vor Supermärkten wie hier in Hamburg aufmerksam machen.

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  • Junge Frau mit grünem Greenpeace-Shirt am Infotisch, ein Mann schaut sich das Infomaterial an.

    Greenpeace-Gruppen informieren am 3. Juni 2023 wie hier in Hamburg, über die Milchproduktion in diversen deutschen Molkereien.

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  • Zwei Greenpeace-Aktivist:innen im Supermarkt. Sie halten eine beklebte Bärenmarke-Milchpackung in die Kamera

    Bereits im Oktober 2023 werden Produkte gekennzeichnet.

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  • Zwei Aktivist:innen knien neben einem kniehohen Plüschbären, der aufgeklebte Tränen in den Augen hat, davor eine Milchkanne

    Gegen das Täuschungsmanöver von Bärenmarke, Milch aus Stallhaltung als Premiumprodukt zu verkaufen, protestieren am 30.9.2023 Greenpeace-Aktive vor Supermärkten in 30 Städten, darunter Köln, Stuttgart und Leipzig. Das Foto wurde in Köln aufgenommen.

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Greenpeace: Lebst du vegan?

Michaela Loch: Nein, aber etwa 80 Prozent meiner Mahlzeiten sind vegan, der Rest überwiegend vegetarisch und ab und zu – vielleicht dreimal im Jahr – esse ich Fleisch, wenn ich bei meiner Familie bin. 

Greenpeace: Was hat dich bewogen, bei Greenpeace mitzumachen?

Michaela Loch: Es gab in meiner Kindheit, ich bin jetzt 27 Jahre alt, auch schon das Bild vom Eisbären auf der Scholle. Mein Schlüsselerlebnis war, als ich in Österreich in der Großglockner-Hochalpenstraße an einem großen Gletscher stand: Beim ersten Besuch war ich acht Jahre alt und schon leicht irritiert, da an der Felswand Plaketten waren, die zeigten, wie weit der Gletscher vor ein paar Jahren noch reichte. Ich hatte damals aber noch nicht so richtig das Ausmaß verstanden. Dann waren wir zwei Jahre später nochmal da und das war ein Schock für mich: Der Gletscher hatte sich in zwei Jahren gefühlt halbiert. Ich wollte danach nicht mehr dahin, aber dieses Erlebnis hat in mir seitdem gebrodelt. Nach dem Abi habe ich ein Freiwilliges Ökologisches Jahr gemacht und als ich dann für das Geographie-Studium nach Hamburg gezogen bin, dachte ich: Okay, jetzt bist du in der Stadt, in der Greenpeace Deutschland seinen Hauptsitz hat. Eine Freundin wollte auch in ihrer Freizeit was Richtung Umwelt machen und so sind wir bei Greenpeace gelandet, nun bin ich seit sieben Jahren ehrenamtlich dabei. 

Greenpeace: Die ehrenamtlichen Gruppen spielen bei vielen Kampagnen eine wichtige Rolle. Wie schätzt du eure Wirksamkeit ein?

Michaela Loch: Ich war schon bei der Kampagne gegen Billigfleisch dabei, dann kam Corona. Und da gab es schon Phasen, in denen ich dachte: Ich weiß gar nicht, ob das was bringt. Doch plötzlich hat Edeka, haben die Supermarktketten zugesichert, bei ihren Fleisch-Eigenmarken aus den schlimmsten Tierhaltungsstufen auszusteigen. Dieser Prozess hat auch schon begonnen. Es war sehr viel Arbeit, wir haben viel Energie reingesteckt – aber dann irgendwann zu wissen, dass die Kampagne funktioniert hat, weil die ehrenamtlichen Gruppen vor den Edeka-Filialen standen, ist toll.

Einige Kampagnen dauern lange, da muss man dranbleiben. Wir haben aber auch Leute in unseren Arbeitsgruppen, die noch nicht so lange bei Greenpeace sind und die sich denken, das bringt nichts. Daher ist es gut, dass wir auch Kleidertauschpartys organisieren, die ganz anders funktionieren als die Supermarktarbeit. Da kann jeder und jede einfach unkompliziert mitmachen. 

Greenpeace: Was machst du als Ehrenamtliche bei Greenpeace? 

Michaela Loch: In der Hamburger Gruppe sind wir ungefähr 130 Leute, also so viele, dass wir uns in verschiedene Arbeitskreise aufgeteilt haben. Laura und ich koordinieren den Arbeitskreis Greenfood, der sich mit Landwirtschaft und Konsum beschäftigt, wir treffen uns alle zwei Wochen 1,5 bis zwei Stunden abwechselnd per Zoom und in Präsenz. Da besprechen wir, was wir als nächstes machen. Aktionen machen wir ein- bis zweimal pro Monat, einige dauern nur wenige Stunden, andere länger. 

Greenpeace: Kann man bei euch einfach mitmachen?

Michaela Loch: Alle sind herzlich willkommen, die bei uns mitmachen wollen. Um Kontakt aufzunehmen, kann man uns eine E-Mail schicken. Wir haben auch jeden ersten Montag im Monat einen Kennenlernabend, da werden alle Arbeitskreise der Gruppe Hamburg vorgestellt. 

Greenpeace: Was wünscht du dir von der Bevölkerung und der Politik im Hinblick auf die Milchkampagne?

Michaela Loch: Ich finde es schwer, mir was von der Bevölkerung zu wünschen. Ernährung ist ein persönliches Thema. Aber insgesamt wünsche ich mir natürlich, dass der Fleischkonsum weiter sinkt. Und dass die Leute einfach mal Milchersatzprodukte wie Hafermilch oder Sojajoghurt ausprobieren. Es ist so einfach und es hat einen Effekt auf Klima-, Artenschutz und Tierwohl. Am Ende ist es aber Aufgabe der Politik, mit Vorgaben und finanziellen Anreizen den Umbau der Tierhaltung voranzutreiben. 

Die Politik könnte einiges machen. Neulich ist die neue Ernährungsempfehlung rausgekommen. Und da ist direkt ein Politiker um die Ecke gekommen mit der These, dass nun das Schnitzel verboten wird. Ich wünsche mir da mehr Offenheit. Dann müsste die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse abgeschafft werden und Hafermilch sollte nicht mehr als Luxusgut gelten, also mit 19 Prozent besteuert werden. Kuhmilch und Fleisch werden quasi subventioniert mit dem reduzierten Satz von 7 Prozent. Und ich wünsche mir, dass sich die Politik nicht so stark vom Bauernverband beeinflussen lässt und Landwirt:innen dabei unterstützt, die Tierhaltung auf mehr Tierwohl umzustellen - vor allem die kleineren Höfe.

>>> In rund 100 Städten gibt es die Möglichkeit, in Greenpeace Ortsgruppen mitzumachen und sich für Umweltschutz und Frieden einzusetzen. 

(Das Interview haben wir am 26. April veröffentlicht und einen Tag später die Fotos vom Gruppenaktionstag am 27. 04. ergänzt.)

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