Black Friday: Amazon befeuert Klima- und Artenkrise
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Naturzerstörung als Geschäftsmodell – das ist Amazons Motto. Am Black Friday, dem Symbol und Höhepunkt des Konsum-Irrsins, protestieren Greenpeace-Aktivist:innen dagegen.
Vor der Amazon-Zentrale in München bleiben Menschen interessiert stehen. Ein riesiger, roter Google-Maps-Pin ist dort aufgebaut. Seine Aufschrift lautet “Artensterben beginnt hier”. Die vernichtende Bewertung: 0 von 5 Sternen. Doch warum beginnt hier das Artensterben, was hat Amazon damit zu tun?
“Eine ganze Menge”, sagt Viola Wohlgemuth, Greenpeace-Expertin für Ressourcenschutz und Kreislaufwirtschaft. Denn Amazon treibe den Trend nach immer schnelleren Lieferungen voran, wodurch der Verpackungsmüll wachse. Kamen vor wenigen Jahren noch zwei oder drei Produkte in einem Karton, wird inzwischen fast jedes Produkt einzeln verpackt und geschickt. Die Folge: Wälder werden abgeholzt, Lebensräume verschwinden – Tier- und Pflanzenarten leiden. Allein mit den Luftkissen von Amazon-Verpackungsmüll aus dem Jahr 2010 könnte man den Planeten 600 Mal umwickeln – und bis zu 10,7 Millionen Kilogramm der Plastikverpackungen landen weltweit in Gewässern und Ozeanen. Das entspricht dem Äquivalent einer Lieferwagenladung alle 67 Minuten. Nicht zuletzt für das Klima ist der Effekt ebenfalls fatal, etwa durch den CO2-Ausstoß bei den Lieferungen. „Die Amazonisierung des Alltags ist ein Brandbeschleuniger für Naturzerstörung und Artensterben”, so Wohlgemuth daher.
Gerade in dieser so genannten Black Week mit dem “Höhepunkt” des Black Friday sticht ins Auge, wie sehr sich das Amazon-Geschäftsmodell in den Alltag übertragen hat. Schon seit Tagen sind alle Werbekanäle voll mit verschiedensten Rabatt-Anzeigen. Amazon hat in Deutschland marktbeherrschende Stellung, rund 56 Prozent des deutschen Onlinehandels wurden 2021 bereits über den Konzern abgewickelt. Und: Schon 10 Prozent der Amazon-Kunden kaufen online nirgendwo anders mehr ein als bei dem generalistischen Konzern. Auch als Informationsportal spielt er eine entscheidende Rolle - fast zwei Drittel der für eine Studie befragten Konsument:innen recherchieren bei Amazon, auch wenn sie hinterher woanders kaufen.
25 Greenpeace-Aktive wollen daher auf die Folgen des Konsumwahns aufmerksam machen und protestieren seit dem Morgen gegen das Geschäftsmodell des Konzerns. Neben dem Google-Maps-Pin haben sie auch das Firmenlogo “angepasst”. Dort steht nun deutlich zu lesen “amazon crime”. Zudem hängt ein großes Banner mit der Aufschrift “Black Friday: Naturzerstörung als Geschäftsmodell” an der Glasfassade von Amazon.
Der Protest geht auch im Internet weiter: User:innen haben schon morgens begonnen, auf Google Maps die Amazon-Bewertungen mit mehr Wahrheit zu unterfüttern – Wahrheit darüber, was der irrsinnige Umgang mit Ressourcen für Folgen hat. "Amazon Crime. Hier beginnt die Naturzerstörung", hat etwa eine Userin geschrieben, "Habe versucht eine intakte Umwelt zu bestellen, ist aber zur Zeit nicht verfügbar..." ein anderer (Update 28.11.: Inzwischen sind die neuen Bewertungen gelöscht worden). Einen Livestream zu der ganzen Aktion schaltet die Influencerin freiraumreh auf der Plattform Twitch.
Was Black Friday und Ressourcenverbrauch anrichten
Den Black Friday brachte Amazon erst 2008 nach Europa, in diesem Jahr wollen laut Prognosen der Black Friday GmbH die Deutschen im Schnitt schon 300 Euro an diesem Tag ausgeben. Schwer vorstellbar, dass es sich ausschließlich um dringend benötigte Produkte handelt.
Doch solch exzessiver Konsum und der damit einhergehende Ressourcenverbrauch haben massive Kehrseiten, und dazu gehört nicht nur der wachsende Berg aus Verpackungsmüll. Auch die Zahl der Retouren steigt bei unüberlegtem Shopping-Rausch, und was mit diesen geschieht, ist leider alles andere als berauschend: Amazon zerstört seit Jahren illegal Retouren und auch unverkaufte Neuwaren, wie Greenpeace-Recherchen belegen. Ressourcen für die Tonne.
Nach Berechnungen des Weltressourcenrates sind mit der Ausbeutung und Verarbeitung von Ressourcen bereits jetzt über 90 Prozent des Verlustes der Artenvielfalt verbunden. Auch etwa die Hälfte der Treibhausgasemissionen hängen damit zusammen, ein weiteres unterschätztes Problem – alleine durch den Transport der Pakete zu Lagern und Geschäften in Europa während der Black Week werden laut Prognosen 1,2 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen. Das sind 94 Prozent mehr als in einer durchschnittlichen Woche – und entspricht 3.500 Hin- und Rückflügen von Paris nach New York.
Gerade erst betonte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) bei der COP27, dass es die Klimarettung nur mit einer Ressourcenwende geben werde. Wohlgemuth ergänzt, dass dieses für den Artenschutz ebenso gilt: „Um dem Artensterben und der Klimakrise noch rechtzeitig zu begegnen, ist der Ressourcenverbrauch drastisch zu senken. Das geht nur mit einer grundsätzlichen Neuorientierung unseres auf permanentes Wachstum ausgerichteten Wirtschafts- und Konsummodells. Wir brauchen ein Ressourcenschutzgesetz mit absoluten Grenzwerten für den Ressourcenverbrauch in Deutschland.”
Und: Geschäftsmodelle wie das von Amazon können wir uns nicht länger leisten. Im Kleinen können wir den Wandel alle schon leben. Greenpeace veranstaltet gemeinsam mit Partner:innen schon seit 2017 einen Gegenentwurf zur Black Week - die MAKE SMTHNG Week, in der sich Veranstaltungen in ganz Deutschland um ein anderes Wirtschaften und nachhaltiges Leben drehen. Mehr dazu sowie Tipps für klugen Konsum in den folgenden Links.