Beluga II - schwimmendes Labor
Vom Feuerlöschboot zum Greenpeace-Schiff
- Hintergrund
Wie ihre Vorgängerin ist die Beluga II nach dem weißen, delfinartigen Gründelwal benannt. Sie wurde speziell für Greenpeace gebaut und wird als Küstensegler in Nord- und Ostsee sowie in europäischen Binnengewässern eingesetzt. Heimathafen ist Hamburg.
Innovative Technik in nostalgischer Hülle
Anfang 2003 beauftragte Greenpeace Deutschland die Fridtjof-Nansen-Werft in Wolgast, Mecklenburg-Vorpommern, mit dem Neubau eines Schiffes vom Typ Klipper. So kommt die Beluga II zunächst etwas schmucklos daher, tatsächlich ist sie mit neuester Technik ausgestattet. Bis dahin hatte Greenpeace alle Schiffe gebraucht gekauft und umgebaut – die Beluga II ist der erste Neubau, der extra für die Bedürfnisse von Greenpeace entworfen wurde. (2009 folgte die Rainbow Warrior III als Neubau.) 20 Jahre nach ihrem Stapellauf lässt Greenpeace sie erneut auf klimaneutralen Antrieb umbauen, um in der Binnen- und Küstenschifffahrt neue Standards zu erarbeiten.
Das Geld für die Beluga II stammt aus dem Nachlass Ilse Vormanns. Die Düsseldorferin hatte einen Teil ihres Vermögens an Greenpeace gespendet. Eine Gedenktafel im Steuerhaus erinnert noch heute an die Spenderin.
Beluga II - für alle Wasser geeignet
Die Beluga II ist ein zweimastiger, 33 Meter langer Motorsegler in Form einer niederländischen Klipperaak mit Plattboden und nur geringen Tiefgang - je nach Beladung circa 1,80 Meter. So ist sie flexibel einsetzbar auf Flüssen, in Küstengewässern und in Flachwasserzonen, aber auch auf See. Problemlos kann die Beluga II im Watt trockenfallen und mit der nächsten Flut wieder Fahrt aufnehmen. Mit ihren umklappbaren Schiffsmasten bilden auch Brücken keine Hindernisse mehr. Eine Tankfüllung ermöglicht ihr einen Radius von rund 1000 Seemeilen (ca. 185 km), weit mehr als ihre Vorgängerin.
Zwei ihrer baulichen Besonderheiten sind besonders praktisch:
- Klappmasten: Die Beluga II hat zwei Stahlmasten, die sich mit Hilfe eines Fußgelenkes (Mastkoker) umlegen lassen.
- Flexibler Laderaum: Unter Deck lässt sich ein 20-Fuß-Normcontainer (6 x 2,5 x 2,8 Meter) verstauen, den man nach Bedarf ausrüsten kann, beispielsweise mit einem Labor oder einer Werkstatt. Auf Infotouren hat man so einen Raum für Ausstellungen, Pressekonferenzen, Filmvorführungen etc.
Bilder: Die Beluga II in Aktion
Beluga II - zukunftsweisende Standards
Auf See ein bekannter Anblick – die schwarzen Rußwolken der Container- und Passagierschiffe, einige verklappen sogar ölhaltiges Abwasser. Die globale Schifffahrt setzt derzeit zum Großteil noch auf fossile Brennstoffe wie Schweröl oder Diesel und verursacht damit 3 Prozent der globalen Emissionen. Diese müssen dringend reduziert werden: mit dem Umbau der Beluga möchte Greenpeace einen Beitrag zu einer klimafreundlicheren Schifffahrt leisten.
Schweröl beim Schiffsantrieb
Hoher Schwefelgehalt
Herkömmliches Schweröl (HFO), das von Schiffen verwendet wird, enthält große Mengen von Schwefeloxiden, Feinstaub, Stickoxiden und Ruß. Diese giftigen Stoffe schädigen die Umwelt. Schweröl ist daher an Land verboten, auf See nicht. Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO), eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, gibt seit 2020 eine Obergrenze von 0,5 % anstatt bis dahin 3,5 % für den Schwefelgehalt im Kraftstoff vor und verlangt, dass die NOx-Emissionen um 80 % gesenkt werden.
Von Beginn an sollte die Beluga II so umweltfreundlich wie möglich gebaut werden:
- Sämtliches Holz ist FSC-zertifiziert und stammt aus nachhaltiger Waldwirtschaft.
- Die komplette Beleuchtung ist LED basiert.
- Die Beluga II wird, wenn möglich, gesegelt, alternativ fährt sie derzeit noch mit schwefelarmem Dieselkraftstoff.
- Das Bilgenwasser, das stets mit Schadstoffen und Öl belastet ist, ebenso Abwässer werden in Tanks gesammelt und entsorgt. Feste Abfälle werden an Land entsorgt. Ein Rußpartikelfilter reinigt die Abgase.
- Das Unterwasserschiff trägt eine giftfreie Beschichtung ohne biozidhaltiges Antifouling
- Die Hydraulik-Anlage an Deck läuft mit Bio-Öl.
- Die Beluga II erfüllt höchste Sicherheitsstandards nach den Verordnungen der Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehr und der Klassifikationsgesellschaft DNV GL
- Die Ausbildung der Crew entspricht den internationalen Standards der Berufsschifffahrt (STCW 95).
Neuer Kurs: weg vom fossilen Treibstoff
20 Jahre sind seit der Neukonstruktion der Beluga vergangen. Die globale Klimaerwärmung zwingt auch die Schifffahrtindustrie dazu, umzudenken. Greenpeace will da vorangehen.
„Der beste Antrieb für ein Schiff ist der Wind. – Es ist allerdings illusorisch, ganz ohne Motor auszukommen“, meint Hagen Rogg, Leiter des Projekts, den Küstensegler Beluga II auf klimaneutralen Antrieb umzubauen. Seit Jahren laufen die Vorbereitungen. Greenpeace hat sich dabei bewusst für den Um- und gegen einen energieaufwendigen Neubau entschieden: „Wir müssen dabei technisch neue Wege gehen und zeigen, dass die Umrüstung auch kleinerer Schiffe - wie Binnenschiffe - machbar ist“.
Energiewende auf dem Wasser
Die Deutsche Postcode Lotterie fördert die Pioniersarbeit mit 500.000 Euro. „Bei dieser Umrüstung betreten wir Neuland und stoßen auf viele Hindernisse und Hürden“, meint Rogg mit Blick auf technische Herausforderungen und bürokratische Hindernisse. Trotzdem soll der unscheinbare Segler ab 2024 mit neuem Antrieb wieder für Greenpeace im Einsatz sein. Mehr dazu in den Greenpeace Nachrichten Ausgabe 01/2024: „Beluga Ahoi!“
Technische Daten:
Heimathafen: Hamburg
Im Einsatz: seit 2004
Baujahr: 2003
Erbauer: Fridtjof-Nansen-Werft in Wolgast, Mecklenburg-Vorpommern
Schiffstyp: Klipperaak
Höchstgeschwindigkeit: 9,5 Knoten
Länge: 33,30 Meter (Besanmast misst 20,4 Meter)
Wasserlinienlänge 28 Meter
Breite: 6,20 Meter
Tiefgang: circa 1,80 Meter
Brückendurchfahrtshöhe minimal 3,60 Meter
Durchfahrthöhe des leeren Schiffes mit stehendem Mast 25,40 Meter
Verdrängung: 115 Tonnen
Leistung Hauptmaschine: 183 KW
Crew: 5 Personen
Besatzung: max. 12 Personen
Takelung (ketschgetakelt) in qm:
- Besan 85 (2 Reffs)
- Großsegel 108 (2 Reffs)
- Fock 74 (1 Reff)
- Klüver / Groß 56
- Sturmklüver 19