Witness – eine Zeugin für alle Gewässer
- Ein Artikel von Hannah Lüdert
- Hintergrund
Mit der Witness ist im September 2021 das kleinste Schiff der Greenpeace-Flotte vom Stapel gelaufen. Bei ihrer ersten Tour im April 2022 untersuchten Wissenschaftler:innen Meeressäuger im Mittelmeer.
Immer wieder werden Meere und Flüsse zu Schauplätzen von Umweltsünden wie Überfischung, Verschmutzung durch Plastik sowie Öl- und Gasförderung. Greenpeace ist daher mit einer Flotte unterwegs, um mit Aktionen und Kampagnen aktiv Umwelt und Klima zu schützen. Im September 2021 bereicherte das umgebaute Segelschiff “Witness” die Greenpeace-Flotte.
Solarzellen und Windturbinen an Bord
Mit der im September 2021 nach einem Umbau vom Stapel gelaufenen Witness bereichert eine Segeljacht die Greenpeace-Flotte – sie ist mit 22,5 Metern Länge das kleinste Schiff. Dank einziehbarem Kiel und Ruder kann das Schiff in deutlich flacheren Gewässern segeln und somit mehr Häfen und Flussufer erreichen. Dennoch ist es robust und auch für Polarregionen geeignet. Das vielseitige Segelschiff ermöglicht Greenpeace, auch in schwer erreichbaren Regionen unterwegs zu sein.
2003 in Südafrika gebaut und ursprünglich auf den Namen Pelagic Australis getauft, segelte die Jacht bereits auf zahlreichen Expeditionen und Filmdrehs in die Arktis und Antarktis. Greenpeace erhielt sie durch eine Spende. Für ihre neue Aufgabe legte das Schiff einen weiten Weg zurück: In sechs Wochen segelte die Crew von Kapstadt über die Azoren bis nach Amsterdam zum Umbau in der Oranjewerf.
In Amsterdam erhielt die Witness nicht nur einen neuen Anstrich in Greenpeace-Farben. Nach der Überholung des Motors und Kommunikationssystems statteten die Werftmitarbeitenden sie auch mit grüner Technik aus: Solarzellen, Windturbinen und ein verbessertes Energiesystem machen das Schiff zu einem wahren Umwelt-Segler. Auf der Witness ist Platz für eine Besatzung von zwölf Personen sowie zwei Schlauchboote und die notwendige Ausrüstung für lange Expeditionen.
Nach dem Umbau sollte sie auch einen neuen Namen erhalten. Dafür rief Greenpeace zu einem Wettbewerb auf, nach zahlreichen Vorschlägen von Unterstützenden stand der Name fest: Witness, auf deutsch Zeugin. Der Name ist Programm: Die Witness kann durch ihre spezielle Bauweise an vielen abgelegenen Orten der Welt Umweltsünden bezeugen.
Die Witness auf Tour für den Meeresschutz
Im April 2022 war es so weit: Die Witness stach für die erste Kampagne in See. Gemeinsam mit Wissenschaftler:innen der Universität Haifa machte sich ein Team auf den Weg, um die Meeressäugerpopulation im östlichen Mittelmeer zu untersuchen. Dort leben bedrohte Pottwale und andere Meeressäuger, welche jedoch jahrelang kaum erforscht wurden.
Die israelische Regierung plant eine massive Ausweitung der Offshore-Gasförderung vor der Küste Israels. Bisher ist noch nicht genau erforscht, wie sich Öl- und Gasförderung auf Meeressäuger auswirken. Die zu erwartende höhere Geräuschkulisse ist jedoch mit Risiken für die Tiere verbunden, welche ohnehin Belastungen wie weniger Fisch, Schiffslärm und Verschmutzung ausgesetzt sind. Deshalb ist es wichtig, zunächst die Bestände genau zu erfassen.
Das Forschungsteam sichtete während der Exkursion zahlreiche Delfine und Pottwale und nahm mit einem am Boot befestigten Hydrophon akustische Daten auf, um sie im Nachgang auszuwerten.
Nach der Rückkehr der Witness stand bald der nächste Einsatz vor der Tür. Die Segeljacht brachte im Juni 2022 mehrere Aktivist:innen etwa 50km vor die kroatische Küste an die Stelle, an welcher im Dezember 2020 die Bohrinsel Ivana D auf mysteriöse Art gesunken ist. Die Ursache des Unfalls wurde bisher nicht aufgeklärt. Daher tauchten die Aktivist:innen zu der versunkenen Plattform und forderten das kroatische nationale Gasunternehmen INA und den ungarischen Miteigentümer MOL mit Handbannern dazu auf, endlich Verantwortung zu übernehmen. Zudem entdeckten die Taucher:innen Methanlecks an den Rohren der Bohrinsel - das besonders klimaschädliche Gas entweicht darüber in die Atmosphäre. Eins ist klar: Um Meere und Klima zu schützen, muss die gesamte EU bis 2035 aus fossilem Gas aussteigen.
Die ersten Kampagnen der Witness zeigen: Mit dem neuen Schiff kann sich Greenpeace 50 Jahre nach der Gründung verstärkt weiter für Umwelt- und Klimaschutz auf den Ozeanen und Flüssen unserer Erde einsetzen.
Die Greenpeace-Flotte
Seit der Gründung von Greenpeace vor 50 Jahren spielen die eigenen Schiffe für Aktionen und Kampagnen eine große Rolle: Bei der ersten Aktion stachen am 15. September 1971 zwölf Aktivist:innen mit einem ehemaligen Fischkutter von Vancouver aus in See, um einen Atomtest der USA vor der Küste Alaskas zu stoppen. Seitdem ist die Umweltorganisation stetig gewachsen – wie auch ihre Flotte.
Mit Schiffen wie der Rainbow Warrior III, dem Eisbrecher Arctic Sunrise, der Esperanza und der Beluga II konnten Greenpeace-Aktive viele gewaltfreie Aktionen durchführen. So machten Aktivist:innen etwa auf Schiffsladungen mit illegalem Holz aus dem Amazonasgebiet aufmerksam, leisteten in Küstenregionen humanitäre Hilfe und erforschten Folgen der Klimakrise in der Arktis. Die gesamte Flotte kam auch zum Einsatz, um die weltweite Plastikverschmutzung in Meeren und Flüssen zu untersuchen. Jedes Schiff ist dabei einzigartig und eignet sich speziell für bestimmte Aufgaben – so auch die Witness.