Agrarminister müssen Tierhaltung endlich reformieren
- Ein Artikel von Anja Franzenburg
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Seit Greenpeace den Sauenhalter Gut Thiemendorf anzeigte, hat sich kaum etwas geändert, das belegen aktuelle Fotos aus Ställen. Die Tiere leiden – Politik und Justiz schauen weg.
Die Fotos sind unerträglich – egal, ob sie vor vier Jahren, vor vier Monaten oder vor wenigen Tagen aufgenommen wurden. Sie dokumentieren nicht nur das offenkundige Leid der Sauen im Haltungsbetrieb Gut Thiemendorf, sondern – und das ist vielleicht noch viel grausamer – dass sich dort seit Jahren nichts ändert. Obwohl Greenpeace im Dezember 2017 Strafanzeige gegen die Betreiber wegen zu enger Kastenstände gestellt hat. Obwohl bereits 2013 ermittelt wurde, und Fotos immer wieder die unhaltbaren Zustände belegen.
Die aktuellen Bilder zeigen erneut: Die Sauen haben nicht genügend Platz, um sich ungehindert auszustrecken. Tun sie das, treten sie mit den Beinen in Rücken oder Bauch der Nachbarin – ein Verstoß gegen die Nutztierhaltungsverordnung. Gegen diese zu verstoßen ist gar nicht so einfach: Die Kriterien sind insgesamt so schwach, dass sie aus Gründen des Tierschutzes dringend reformiert werden muss. So erlaubt die Verordnung etwa, Sauen bis zu 21 Wochen im Jahr im Kastenstand zu halten und somit zur Bewegungslosigkeit zu verdammen.
Es ist also nicht nur die Justiz gefordert, die Missstände auf Gut Thiemendorf zu beenden, sondern auch die Politik. Denn die gängige legale Haltung insbesondere von Geflügel und Schweinen entspricht weder dem wissenschaftlichen Stand noch den ethischen Vorstellungen unserer Gesellschaft zum Umgang mit Tieren.
Wegschauen auf Kosten wehrloser Tiere
„Dennoch haben die Agrarminister die völlig veraltete tierschutzwidrige Nutztierhaltungsverordnung immer noch nicht angepasst und die Haltung von Sauen in viel zu engen Kastenständen nicht beendet“, kritisiert Dirk Zimmermann, Greenpeace-Experte für Landwirtschaft. Auch die seit gestern in Münster tagende Agrarministerkonferenz laufe diesbezüglich ins Leere. „Die neue Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner muss diesem Elend endlich ein Ende bereiten und einen Vorschlag vorlegen“, fordert Zimmermann vor Ort. Nachdruck verleihen nicht nur die Fotos aus Thiemendorf, auch ein fünf mal drei Meter großes aufblasbares Schwein in einem engen Stall, das Greenpeace-Aktivisten vor dem Konferenzgebäude aufgebaut haben, soll die Dringlichkeit verdeutlichen.
Engagement zeigt die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) – allerdings nicht für das Wohl der Tiere. Sie fordert, jene zu sanktionieren, die mit heimlichen Foto- und Filmaufnahmen Missstände in Ställen aufdecken. Organisationen wie Peta solle die Gemeinnützigkeit entzogen werden, so ihr Vorstoß.
„Der politische Umgang mit Haltungsverstößen in Ställen ist ein Skandal“, so Zimmermann. „Statt umgehend diese quälerische Haltung zu verbieten, schaut die Politik lieber weg.“ Das wird ihr auf lange Sicht allerdings nicht gelingen. Denn Fotos aus Ställen wird es weiterhin geben – sie befeuern lediglich eine gesellschaftliche Debatte, die ohnehin längst geführt wird. Immer mehr Verbraucher wollen wissen, wie Tiere gehalten werde. Eine Kennzeichnung für Fleisch würde es Konsumenten ermöglichen, Fleisch aus Ställen wie Gut Thiemendorf zu erkennen. Und im Supermarkt liegenzulassen.