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Sauen in Kastenstand-Haltung
Greenpeace

Kastenstand: Schweine in Käfighaltung

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Gesetzeswidrig und trotzdem gängige Praxis: Mutter-Sauen, die in zu engen Käfigen eingepfercht sind. Greenpeace stellt Strafanzeige. Missstände gibt es jedoch auch in legalen Ställen.

Das kurze Leben einer Zuchtsau: ein Kreislauf aus künstlicher Besamung, knapp vier Monate Tragzeit, Werfen, Säugen. Bevor sich nun Bilder von rosigen Ferkeln an der Seite der Mutter in einem geräumigen, mit Stroh gestreuten Stall in die Vorstellung schieben – der Alltag sieht so aus: Die Sau fristet mehr als die Hälfte ihres Daseins in einer Box, kaum größer als sie selbst, dem sogenannten Kastenstand. Auf dem Boden Beton, an den Seiten Gitterstäbe, durch die ihre Ferkel versuchen, an die Zitzen zu kommen. Keine Beschäftigung, kein soziales Miteinander; legitimiert ist das zum Teil durch die Nutztierhaltungsverordnung.

Es geht aber noch schlimmer – dann allerdings wird es kriminell. Deshalb hat Greenpeace heute den Sauenbetrieb Gut Thiemendorf in Thüringen angezeigt. Fotomaterial, das Greenpeace zugespielt wurde, dokumentiert Tiere in viel zu engen Kastenständen, in denen sie ihre Beine nicht ungehindert ausstrecken können. Das verstößt sogar gegen die in Sachen Tierschutz völlig unzulängliche Nutztierhaltungsverordnung. Zudem sind die tatsächlich sehr reinlichen Schweine teilweise stark mit Kot verschmutzt.

Auffälliger Betrieb produziert für Lidl- und Aldi-Zulieferer

Es ist nicht die erste Strafanzeige gegen den Betrieb mit 9000 Sauen. Im Jahr 2014 ermittelte sogar das Landeskriminalamt: Die Beamten beschlagnahmten damals 24 Tierkadaver, elf Sauen mussten getötet werden. Weitere Konsequenzen hatte der Fall anscheinend nicht. Die Bilder von damals gleichen denen von 2017. Thiemendorf darf weiter wirtschaften – von der Ferkelzucht bis zur Schweinemast. Das Unternehmen beliefert unter anderem Deutschlands größten Schweineschlachtbetrieb Tönnies, der auch für Lidl und Aldi Schweinefleisch produziert – die auf jeder Fleischpackung mit dem Aufdruck des Tierwohl-Labels bekunden, an der artgerechten Haltung des Viehs interessiert zu sein.

„Der Fall Thiemendorf zeigt exemplarisch, dass in der Tierhaltung und der Kontrolle starke Defizite herrschen“, sagt Stephanie Töwe, Greenpeace-Expertin für Landwirtschaft. „Die zuständigen Veterinärbehörden schauen offenbar weg und lassen skrupellose Schweinehalter gewähren.“

Jede zweite Box müsste freibleiben

Dabei hat das Oberverwaltungsgerichts Magdeburg im Jahr 2015 erklärt, dass zu enge Kastenstände gegen die Nutztierhaltungsverordnung verstoßen. Im November 2016 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht das sogenannte Magdeburger Urteil. Unzulässig sind danach insbesondere Boxen, in denen die Schweine ihre Gliedmaßen in einen benachbarten, belegten Kastenstand hineinstrecken müssen. Viele Betriebe setzen das Urteil jedoch nicht um. Denn eigentlich müsste, wenn die Stallung nicht sofort umgebaut werden kann, zumindest jede zweite Box freibleiben. Dann würde jedoch die Billigproduktion von Ferkeln nicht mehr wie am Fließband laufen. Darum aber geht es Unternehmen, die mit dem landläufigen Bild eines Bauernhofes nichts gemein haben und kleinere Höfe zunehmend verdrängen.

„Betriebe mit Kastenständen müssen stärker kontrolliert und Verstöße gegen die sowieso schwache Nutztierhaltungsverordnung endlich geahndet werden“, so Töwe. Sie geht noch einen Schritt weiter und fordert, die herkömmliche Kastenhaltung generell auf den Prüfstand zu stellen. In diese Richtung ging auch eine vom Land Niedersachsen geplante Bundesratsinitiative. Sie scheiterte allerdings am Regierungswechsel in Niedersachsen. Das nun CDU-geführte Agrarministerium zeigt ebenso wenige Ambitionen wie das Bundeslandwirtschaftsministerium, am Umgang mit Zuchtsauen etwas zu ändern.

Tierschutz in Haltungsverordnung verankern

Die Debatte, die das Magdeburger Urteil ausgelöst hat, ist allerdings nicht mehr aufzuhalten. Tierschutzorganisationen, aber auch Tierärzte drängen auf eine Überarbeitung der Nutztierhaltungsverordnung. Erst kürzlich hatte Greenpeace mit einem juristischen Gutachten belegt, dass diese Verordnung im Bereich der Schweinemast gegen das Tierschutzgesetz verstößt. „Schweine sind soziale Tiere, die ausreichend Bewegung und Beschäftigung brauchen“, so Töwe. „Tierhaltung muss sich an den Bedürfnissen der Tiere orientieren.“

Update vom 26.04.2018

Seit Greenpeace den Sauenhalter Gut Thiemendorf anzeigte, hat sich kaum etwas geändert, das belegen aktuelle Fotos aus Ställen. Die Tiere leiden – Politik und Justiz schauen weg. Obwohl Greenpeace im Dezember 2017 Strafanzeige gegen die Betreiber wegen zu enger Kastenstände gestellt hat. Obwohl bereits 2013 ermittelt wurde, und Fotos immer wieder die unhaltbaren Zustände belegen.

Die aktuellen Bilder zeigen erneut: Die Sauen haben nicht genügend Platz, um sich ungehindert auszustrecken. Tun sie das, treten sie mit den Beinen in Rücken oder Bauch der Nachbarin – ein Verstoß gegen die Nutztierhaltungsverordnung. Gegen diese zu verstoßen ist gar nicht so einfach: Die Kriterien sind insgesamt so schwach, dass sie aus Gründen des Tierschutzes dringend reformiert werden muss. So erlaubt die Verordnung etwa, Sauen bis zu 21 Wochen im Jahr im Kastenstand zu halten und somit zur Bewegungslosigkeit zu verdammen.

Es ist also nicht nur die Justiz gefordert, die Missstände auf Gut Thiemendorf zu beenden, sondern auch die Politik. Denn die gängige legale Haltung insbesondere von Geflügel und Schweinen entspricht weder dem wissenschaftlichen Stand noch den ethischen Vorstellungen unserer Gesellschaft zum Umgang mit Tieren.

Wegschauen auf Kosten wehrloser Tiere

Zwei Aktive stehen neben einem großen aufblasbaren Schwein

Protest vor der Agrarminister:innenkonferenz in Münster am 26.04.2018

„Dennoch haben die Agrarminister die völlig veraltete tierschutzwidrige Nutztierhaltungsverordnung immer noch nicht angepasst und die Haltung von Sauen in viel zu engen Kastenständen nicht beendet“, kritisiert Dirk Zimmermann, Greenpeace-Experte für Landwirtschaft. Auch die seit gestern in Münster tagende Agrarministerkonferenz laufe diesbezüglich ins Leere. „Die neue Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner muss diesem Elend endlich ein Ende bereiten und einen Vorschlag vorlegen“, fordert Zimmermann vor Ort. Nachdruck verleihen nicht nur die Fotos aus Thiemendorf, auch ein fünf mal drei Meter großes aufblasbares Schwein in einem engen Stall, das Greenpeace-Aktivisten vor dem Konferenzgebäude aufgebaut haben, soll die Dringlichkeit verdeutlichen.

Update vom 10.09.2019: Strafanzeige gegen fünf Betriebe

Reihenweise Sauen, einzeln in kleine, enge Kastenstände gesperrt. Ungestört ruhen, ohne mit Beinen in den Nachbarkäfig zu geraten - unmöglich. Das verursacht Stress. Viele der Tiere haben Fleischwunden, haben Schaum vor dem Maul oder kauen unruhig vor sich hin. Stephanie Töwe macht solches Bildmaterial auch nach vielen Jahren als Landwirtschaftsexpertin bei Greenpeace immer noch zu schaffen. ”Es ist kaum zu ertragen, wie mitleidlos und brutal die Fleischindustrie mit fühlenden und intelligenten Lebewesen umspringt”, sagt sie. “Diese Qualhaltung verstößt klar gegen Verfassung und Tierschutzgesetz.” Sie hat Strafanzeige gegen die fünf Betriebe in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern erstattet.

Ob die Kontrollbehörden die Vorgaben zum Kastenstand nach der unmissverständlichen Ansage des Bundesverwaltungsgerichts endlich ernstnehmen, hat die Greenpeace-Expertin in 25 Landkreisen mit besonders viel Tierhaltung nachgefragt. Darunter befinden sich auch die drei Landkreise, aus denen das belastende Bildmaterial stammt, das Greenpeace zugespielt wurde. Der bisherige Stand: Nach offiziellen Angaben gab es teilweise Kontrollen, aber kaum Beanstandungen. Die in Niedersachsen kontaktierten Veterinärämter, zuständig für die Stallkontrollen, verweigerten schlicht die Auskunft. “Die furchtbaren Bilder aus den Schweineställen zeigen klar, dass Politik und viele Kontrollbehörden lieber Tierleid hinnehmen, als geltendes Recht durchzusetzen”, so Töwe. Dabei gäbe es derzeit eine einfache Übergangslösung, um kurzfristig die Vorgaben der Verordnung umzusetzen: Jeden zweiten Kastenstand freilassen.

  • Viel zu eng - Kastenstandhaltung 2019

    Eingequetscht in Eisenkäfige

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  • Schwer zu ertragen - Kastenstandhaltung 2019

    Kaum zu ertragen

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  • Enge Kastenstände

    Betriebe ignorieren Vorgaben

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  • Qualhaltung im Kastenstand 2019

    Grenzen für Mutter-Kind-Beziehung

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  • Qualhaltung Kastenstand - tote Ferkel 2019

    Aussortiert

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  • Ministerin Klöckner will Tierleid legalisieren

    Tierleid-Ministerin Julia Klöckner (CDU)

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  • Kastenstandhaltung widerspricht Tierschutzgesetz

    Kastenstand abschaffen!

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Ende der Gallerie

Ministerin will Tierleid legalisieren

Verantwortliche Bundesministerin für Landwirtschaft ist Julia Klöckner (CDU). An ihre läge es, auf die Durchsetzung der Verordnung zu drängen und zeitnah eine Reform zu einer artgerechten Tierhaltung in die Wege zu leiten. Doch die Ministerin, bekannt für die inflationäre Nutzung des Begriffs Tierwohl, hat sich des Themas auf ihre eigene Art und Weise angenommen: Sie plant, die Verordnung so zu ändern, dass die zu engen Kastenstände nicht nur nachträglich legalisiert werden - sondern die Betriebe weitere 15 bis 17 Jahre Zeit bekommen, minimal größere Kastenstände einzuführen. Töwe überrascht das nicht: “Diese absurde Übergangsfrist ist ein typisches Beispiel für die politische Doppelmoral von Frau Klöckner.” Sie stellt klar: “Kommt die Ministerin damit durch, wäre das Beihilfe zur Tierquälerei.”

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