Umfrage: Politik soll für einheitliche Kennzeichnung von Fleisch sorgen
- Ein Artikel von Anja Franzenburg
- mitwirkende Expert:innen Stephanie Töwe
- Nachricht
Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert
Lidl führt als erster Supermarkt einen Haltungskompass für Fleisch ein. In einer Greenpeace-Umfrage befürworten die meisten Handelsketten eine verpflichtende Kennzeichnung.
Rewe will, Penny, Lidl, Aldi, Tegut auch, McDonald‘s ebenso – und sogar der Bauernverband ist dafür. Das Ergebnis der Greenpeace-Umfrage ist eindeutig: Die meisten Supermärkte und auch Erzeugerverbände wollen dringend eine gesetzlich verpflichtende Haltungskennzeichnung für Fleisch. Auslöser dafür ist sicherlich der Vorstoß der Handelskette Lidl: Diese führt im April nach monatelanger Greenpeace-Kampagne einen Haltungskompass für Frischfleisch der Eigenmarke Landjunker ein. Und setzt damit die Branche unter Druck.
Denn Verbraucher fordern schon lange mehr Transparenz. Sie wollen wissen, wie das Tier gehalten wurde, dessen Fleisch auf ihrem Teller landet. Eine einheitliche gesetzliche Haltungskennzeichnung wäre die Lösung. Die Politik jedoch weigerte sich bislang, schlug stattdessen ein freiwilliges Label mit schwachen Kriterien vor. Deshalb nahm Greenpeace auch die Wirtschaft in die Pflicht. Die Debatte war entfacht.
Keine Entschuldigung für die Politik
„Selbst der Deutsche Bauernverband spricht sich inzwischen für eine verpflichtende Haltungskennzeichnung aus“, sagt Stephanie Töwe, Greenpeace-Expertin für Landwirtschaft. „Für die neue Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) gibt es also keine Entschuldigung mehr, sich vor einer gesetzlichen und verpflichtenden Lösung zu drücken, wie es ihr Vorgänger bisher getan hat.“
Damit Verbraucher erkennen können, aus welcher Art von Produktion das Fleisch stammt, setzt Greenpeace sich für eine mehrstufige, gesetzlich verpflichtende Haltungskennzeichnung ein. „Künftig soll auch in der Gastronomie und bei Importfleisch klar sichtbar sein, ob die Tiere artgerechter leben durften, Futter ohne Gentechnik zum Einsatz kam oder lediglich die tierschutzwidrigen Mindeststandards eingehalten wurden“, so Töwe.
Zehn von zwölf Einzelhändlern befürworten Kennzeichnung
Von den zwölf befragten Handelsunternehmen unterstützen zehn diese Forderung. Edeka weigerte sich, eindeutig zu antworten. Netto meldete sich gar nicht. Erzeugerverbände für Schwein (ISN) und Geflügel(ZDG) hingegen schlossen sich an, ebenso McDonald‘s, der Autobahnraststätten-Betreiber Tank und Rast sowie die LSG Sky Chefs, das Catering-Tochterunternehmen der Deutschen Lufthansa.
Lidl spricht sich ebenfalls für eine einheitliche Regelung aus, sorgt aber mit der Einführung des eigenen Haltungskompasses bereits ab dem 3. April für mehr Transparenz in den Filialen. Heute konkretisierte der Konzern die Kriterien für die bereits im Februar grob vorgestellte vierstufige Kennzeichnung. Stufe eins markiert konventionelle Massentierhaltung, Stufe zwei entspricht den Standards der Initiative Tierwohl, bei Stufe drei haben die Tiere Zugang zu frischer Luft. Neu ist, dass sich Bio-Produkte die beste Auszeichnung, also Stufe vier, mit der Premiumstufe des Deutschen Tierschutzbundes teilen müssen. Dabei ist Bio besser. Denn es hat über die Haltung hinaus strengere Vorgaben als das Tierschutzbund-Siegel, zum Beispiel beim Futter oder beim Einsatz von Pestiziden.
„Der Haltungskompass von Lidl ist ein lobenswerter Schritt“, sagt Töwe. „Aber es geht handwerklich besser. Die Kriterien der Initiative Tierwohl, die bei Lidl mit der Ziffer zwei und dem Begriff „Stallhaltung Plus“ kenntlich gemacht werden, reichen nicht aus, um das Tierschutzgesetz auch nur annähernd umzusetzen. Das muss sich ändern; da ist noch viel Luft nach oben.“ Damit jetzt nicht jeder Einzelhändler oder Gastronomiebetrieb mit einer individuellen Lösung kommt, müsse die Politik endlich handeln und eine verpflichtende Kennzeichnung auf den Weg bringen.