Zulassungssteuer auf Verbrenner: Mit Steuern gegenlenken
- Hintergrund
Wie eine Zulassungssteuer auf Neuwagen mit Verbrennungsmotor den Absatz von E-Autos ankurbeln und soziale Schieflagen korrigieren kann, zeigt eine neue Greenpeace-Berechnung.
Der Absatz von E-Autos lahmt, der Klimaschutz im Verkehr stockt und das Geld für eine neue E-Auto-Kaufprämie ist auch knapp. Eine Zulassungssteuer auf Neuwagen mit Verbrennungsmotor würde alle drei Probleme angehen, zeigt eine Berechnung von Greenpeace. In Europa ist die Steuer weit verbreitet. Hier geben wir Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was genau ist eine Neuzulassungssteuer?
Eine Neuzulassungssteuer fällt einmalig bei der Erstzulassung eines Neuwagens mit Verbrennungsmotor an. Die Steuer, wie sie in den meisten europäischen Ländern schon länger existiert, schafft einen Anreiz für den Kauf klimaschonender Modelle. Die Steuer liegt unterschiedlich hoch, abhängig vom CO2-Ausstoß: Für sparsame Neuwagen fällt eine sehr geringe Steuer an, doch je klimaschädlicher ein neues Auto mit hohem Spritverbrauch ist, desto höher steigt sie. Für E-Autos fällt gar keine Steuer an.
Viele Menschen spüren die deutlich gestiegenen Kosten für Energie und Lebensmittel. Warum sollte die Politik in dieser Phase eine neue Steuer einführen?
Diese Steuer soll niemanden zusätzlich belasten. Vielmehr soll sie zu Kaufentscheidungen lenken, die dauerhaft Geld sparen. Ein großer Teil der Kosten für ein Auto mit hohem Spritverbrauch fällt bislang erst an der Zapfsäule an. Dort werden Diesel und Benzin künftig spürbar teurer, weil auch der CO2-Preis immer weiter steigt. Eine gestaffelte Neuzulassungssteuer macht schon beim Kauf klar, dass ein sparsames Auto günstiger ist. Sie kann verhindern, dass Menschen in eine Verbrenner-Falle laufen, indem sie einen Spritschlucker kaufen, der künftig immer teurer im Unterhalt wird. Wer ein E-Auto kauft, zahlt gar keine Steuer. Wer aber unbedingt noch einen Verbrenner mit hohem Verbrauch kaufen will, für den wird es teurer.
Schon jetzt lautet die Kritik, dass ärmere Autofahrende besonders betroffen wären. Stimmt das?
Nein. Zum einen fällt die Steuer nur beim Kauf eines neuen Verbrenners an. Wer ein gebrauchtes Auto kauft, zahlt nichts. Zwei von drei Neuwagen wurden zuletzt von Unternehmen als Dienstwagen gemeldet, das letzte Drittel überwiegend von Haushalten mit hohem Einkommen. Die Steuer trifft also ganz überwiegend keine einkommensschwachen Menschen, die in der Regel ihr ganzes Leben keinen einzigen Neuwagen anmelden, sie schafft sozial gerechten Klimaschutz, wie Greenpeace 2022 in einer Studie dargelegt hat.
Wieviel soll eine Neuzulassungssteuer einspielen?
Die vielleicht überraschende Antwort lautet: am besten gar nichts! Denn diese Steuer soll nicht die Haushaltskasse füllen, sie soll vielmehr eine Prämie für den Absatz kleiner E-Autos gegenfinanzieren. Wenn die Neuzulassungssteuer im ersten Jahr, wie von Greenpeace berechnet, etwa 8 Milliarden Euro einspielt, dann könnte damit der Kauf von ca. 1,8 Millionen E-Autos gefördert werden. Die Lenkungswirkung der Steuer lässt die Einnahmen schnell sinken. Das Ziel ist, dass niemand diese Steuer zahlt.
E-Auto-Absatz steigern durch Neuzulassungssteuer
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HerunterladenWas bringt das alles für den Klimaschutz?
Jedes Jahr etwas mehr. Die Steuer lässt jeden Neuwagen-Jahrgang etwas klimafreundlicher werden, der Klimaeffekt steigt also schrittweise. Die niederländische Steuer zeigt das gut: Neuwagen bei unserem Nachbarn waren Anfang des Jahrtausends genauso schmutzig wie in Deutschland. Die Neuzulassungssteuer hat dort den durchschnittlichen CO2-Ausstoß um gut die Hälfte gesenkt. In Deutschland ist er im gleichen Zeitraum nur um 36 Prozent gesunken.
Was macht das niederländische Modell so erfolgreich?
Die Steuer setzt früh ein, bereits ab dem ersten Gramm wird eine geringe Steuer fällig, nur E-Autos sind befreit. Und die Steuer steigt rasch an, wenn es um höhere Emissionen geht. Die Niederlande haben ihre Steuer zudem im Laufe der Zeit immer wieder angepasst, um die Lenkungswirkung zu erhalten. Das Ergebnis zeigt sich in einer strukturell anderen Neuwagenflotte: Der Anteil großer Spritschlucker ist in den Niederlanden um ein Vielfaches niedriger als in Deutschland. Stattdessen fahren in den Niederlanden viel mehr kleinere, sparsame Verbrenner – und vor allem viel mehr E-Autos.
Müsste eine Zulassungssteuer mit ökologischer Lenkungswirkung neben dem CO2-Ausstoß nicht auch das Gewicht der Autos berücksichtigen?
Die meisten europäischen Länder setzen ausschließlich auf den CO2-Ausstoß als Kriterium. Und diese Länder haben auch die saubersten Neuwagen – und das ist auch das Ziel. Das Gewicht sollte aber in der jährlichen Kfz-Steuer berücksichtigt werden. Denn dass die Autos immer schwerer werden, ist auch nicht gut fürs Klima.
Mit der FDP waren neue Steuern in der Ampel nicht zu machen. Wie stehen die Chancen für eine Zulassungssteuer bei der nächsten Bundesregierung?
Von Friedrich Merz über Olaf Scholz bis Robert Habeck haben sich die Spitzenkandidaten von Union, SPD und Grüne für eine neue E-Autoförderungen ausgesprochen. Und alle drei wissen, dass die Haushaltskasse klamm ist. Gleichzeitig müssen VW und Mercedes in diesem Jahr mehr E-Autos verkaufen, um die lange beschlossenen EU-Flottengrenzwerte einzuhalten. Und zu guter Letzt hängt der Verkehr seit Jahren beim Klimaschutz hinterher. Alle drei Probleme – knappe Mittel, schleppende E-Auto-Verkäufe, fehlender Klimafortschritt – lassen sich mit einer Neuzulassungssteuer angehen. Es wäre töricht, dieses wirksame Instrument nicht zu nutzen.