Milliardenhilfen für die Autoindustrie
- mitwirkende Expert:innen Benjamin Stephan
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Gerät die Verkehrswende unter die Räder? Greenpeace demonstriert vor dem Autogipfel, wozu Kaufprämien für Abgasautos führen.
Kurz vor der heutigen Videokonferenz zwischen Bundesregierung und Autobossen wird die Kritik an uneingeschränkten Kaufprämien lauter: In der Nähe des Berliner Kanzleramts überrollen Aktivistinnen und Aktivisten von Greenpeace mit einem Stadtgeländewagen (SUV) Fahrräder, um auf die Folgen klimaschädlicher Konjunkturhilfen aufmerksam zu machen. Auf Bannern fordern die Klimaschützer “Kein Geld für Gestern” und warnen “Autoprämie zerstört Verkehrswende”. Die genutzten Fahrräder waren bereits vor der Aktion nicht mehr fahrtauglich und schrottreif – sie werden umweltgerecht recycelt.
Die Autoindustrie pocht seit Wochen auf schnelle Kaufanreize in der virusbedingten Wirtschaftskrise. Gefördert werden sollen aus Sicht der Branche nicht nur klimafreundliche E-Autos, sondern auch Benziner und Diesel. „Mit Kaufprämien für Abgasautos gerät die Verkehrswende unter die Räder“, sagt Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan in Berlin. „Statt jetzt Motoren aus dem letzten Jahrhundert zu retten, sollte Kanzlerin Merkel den klimafreundlichen Umbau der Autoindustrien ankurbeln.” Vergangene Woche hat Greenpeace eine Kurzexpertise vorgelegt, die Möglichkeiten für den Ausbau sauberer Mobilität mit Staatshilfen beschreibt.
Kaufprämie für Verbrenner könnte etwa 90 Millionen Tonnen CO2 verursachen
Die Diskussionen um staatliche Absatzhilfen für Autos erinnert an die „Abwrackprämie“ von 2009. Damals wurden mit fünf Milliarden Euro aus Steuergeldern zwei Millionen Neuwagen gesponsert – noch funktionstüchtige Gebrauchtwagen gerieten zur Wegwerfware. Nach Berechnungen von Greenpeace könnten ähnliche hohe Rettungsgelder für Diesel und Benziner zusätzliche C02-Emmissionen von rund 90 Millionen Tonnen verursachen.
„Wer von der Bundesregierung jetzt mit Prämien zum Diesel- oder Benzinerkauf verleitet wird, schafft sich über Jahre kein abgasfreies E-Auto an“, so Stephan. „Das bremst die schon heute zu langsame Modernisierung der Produktpalette, schadet dem Klima und verzögert den Ausbau von Alternativen zum Auto.“
Steuergelder für den Ausbau klimafreundlicher Mobilität
Die Klimabilanz im Verkehr ist verheerend: Seit knapp 30 Jahren sind die CO2-Emissionen hier nicht gesunken. Bislang fehlen Maßnahmen, die schnelle Besserung sicherstellen. Auch deshalb fordert Greenpeace, Kaufprämien nur für den Absatz kleinerer E-Autos einzusetzen. Diesel, Benziner oder Hybrid-Pkw dürfen hingegen mit keinem Euro gefördert werden. Der überwiegende Teil staatlicher Hilfen sollte für den Aufbau sauberer Mobilitätsangebote eingesetzt werden: sichere Radwege, die Ausstattung der Städte mit E-Bussen, der Kauf elektrisch betriebener Lastenräder und eine zeitliche befristete Bahncard 50 für alle. Solche Maßnahmen helfen nicht nur dem krisengeschwächten Verkehrssektor auf die Beine, sie bringen zugleich die Verkehrswende weit schneller voran als der Verkauf neuer Pkw.