Greenpeace-Aktivisten fordern zum Start des Lausitz-Camps den Kohleausstieg
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Haidemühl in der Lausitz ist buchstäblich ein verlorener Posten: Früher gab es hier eine lebendige Gemeinde, heute befindet sich an diesem Ort nur noch eine Geisterdorf. Das Braunkohlegeschäft hat die Ortschaft zerstört, und obwohl die Sparte keine Zukunft hat, droht immer noch vielen weiteren Menschen ihretwegen die Umsiedlung.
Dagegen protestierten zwanzig Greenpeace-Aktivisten gestern Abend an der Abbruchkante des Tagebaus Welzow-Süd I – dort wo Braunkohlebagger die Haidemühler aus ihrem Zuhause vertrieben haben. Kletterer haben ein 200 Quadratmeter großes Banner mit der Aufschrift „#Keep it in The Ground“ zwischen die beiden Schornsteine der verlassenen Glasfabrik gespannt – „Lasst es im Boden“, so lautet die Botschaft an Vattenfall – und die Bundesregierung. Die Umweltschützer fordern die Regierung auf, keine weiteren Tagebaue zuzulassen und den schrittweisen Ausstieg aus der Kohle zu beschließen.
Schweden will die Verantwortung loswerden
Vattenfall könnte den Ausstieg wenigstens in der Lausitz beschleunigen. Der schwedische Staatskonzern hätte die Möglichkeit, das schmutzige Geschäft in der Lausitz umwelt- und sozialverträglich abzuwickeln, zum Beispiel über eine Stiftung. Stattdessen reicht Vattenfall die Verantwortung weiter und Schweden versucht sich damit klammheimlich aus der Verantwortung zu stehlen. Mit dem tschechischen Konzern EPH ist ein möglicher Abnehmer für die ungeliebte Sparte gefunden – einer, der mit den Lausitzer Bodenschätzen noch richtig Geld machen will: Insgesamt liegen gut eine Milliarde Tonnen Braunkohle in den weiteren geplanten Tagebauen der Lausitz, zumindest einen großen Teil davon will EPH verfeuern.
Dabei wetttet das Unternehmen auf eine Rückkehr der Kohle nach dem Atomausstieg im Jahr 2022. „EPH ist ein zwielichtiger Investor, der darauf spekuliert, dass Deutschland seine Klimaziele verfehlt“, erklärt Niklas Schinerl, Greenpeace-Experte für Energie. „Wenn diese Erwartungen nicht zutreffen, ist für EPH mit einem Verlustgeschäft in Milliardenhöhe zu rechnen, und die Sanierungskosten bleiben beim Bürger hängen.“ Darunter fallen die Aufwendungen für die Rekultivierung der Tagebaue und den Rückbau der Kraftwerke.
Die schwedische Regierung könnte den Verkauf verhindern, denn Vattenfall ist ein Staatskonzern. Tut sie es nicht, ist ihre Unterschrift unter dem Pariser Klimavertrag kaum die gerade erst getrocknete Tinte wert. Mit verantwortungsvoller Klimapolitik und einem ernsthaften Versuch, die Erderwärmung unter 1,5 Grad zu belassen, hat das Gewährenlassen des Energieanbieters nichts zu tun. „Es bringt den Klimaschutz keinen Millimeter voran, wenn EPH anstelle von Vattenfall die Braunkohle verbrennt“, so Schinerl.
Greenpeace beim Klimacamp
Nicht nur für das Klima wäre es ein Debakel, würde EPH die Braunkohle schlicht von Vattenfall übernehmen. Es wäre auch gesellschaftlich zutiefst ungerecht. Wird nämlich der Tagebau Welzow-Süd II genehmigt, droht dem Ort Proschim das gleiche Schicksal wie Haidemühl. Bittere Ironie: In der Region gilt Proschim als Vorzeigegemeinde für die Energiewende.
Greenpeace beteiligt sich am Klimacamp, das gestern in Proschim begann. Hunderte Umweltschutz-Aktivisten aus ganz Europa kommen zusammen, um über die Energiewende und den notwendigen Kohleausstieg zu diskutieren; fürs Pfingstwochenende sind verschiedene Aktionen geplant. Klar ist: Um die in Paris festgeschriebenen Klimaziele zu erreichen, muss die Bundesregierung bis 2035 aus der Kohleenergie ausgestiegen sein. „In einem Deutschland, das seine Klimaziele erreicht, gibt es keinen Platz mehr für weitere energiepolitische Irrwege“, sagt Schinerl. Die verbleibende Braunkohle in der Lausitz muss im Boden bleiben – und Proschim darf nicht ebenfalls den Baggern zum Opfer fallen. Am Pfingstsamstag fordern Umweltschützer darum bei einer Demo von der Bundesregierung die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens.
Anti-Kohle-Demo
am Pfingstsamstag, 14. Mai, 13 Uhr in Welzow