Wald und Klima – von der Krise bedroht
Wald und Klima sind untrennbar miteinander verbunden. Weltweit produzieren Wälder Sauerstoff, reinigen Luft und Wasser und mildern extreme Wetterverhältnisse. Doch die Klimaschützer sind bedroht.
- Hintergrund
Wälder sind die größten Kohlenstoffsenken an Land. Wälder nehmen weltweit jährlich 7,6 Milliarden Tonnen CO2 auf und speichern den Kohlenstoff in ihrer Biomasse. Das macht sie essentiell für ein stabiles Klima. Doch die Erderhitzung gefährdet Wälder weltweit, gleichzeitig heizt die Waldzerstörung die weltweite Klimakrise weiter an.
Wälder sind Klimaschützer
Besonders alte, naturnahe Wälder sind wichtig für Klima und Natur. Sie bevorraten und transportieren gigantische Mengen an Süßwasser, schützen die Küsten vor Hochwasser und verhindern Bodenerosionen und Wüstenbildung. Gleichzeitig beherbergen die Wälder der Erde zusammen über 80 Prozent aller Amphibienarten, 75 Prozent der Vogelarten und 60 Prozent der Säugetierarten.
Wälder leisten als Kohlenstoffsenken einen besonders wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Allein der Amazonas-Regenwald bindet geschätzte 80 bis 120 Milliarden Tonnen Kohlenstoff. Überall gilt: Je mehr dicke und alte Bäume im Wald stehen, desto mehr Kohlenstoff kann im Holz gebunden und so viele Jahre gespeichert werden. Und umgekehrt: Je mehr Holz eingeschlagen wird, desto mehr gebundener Kohlenstoff verschwindet aus dem Wald. Im Holz bleibt zwar der gebundene Kohlenstoff zunächst gespeichert und so von der Atmosphäre ferngehalten. Wird Holz allerdings zu kurzlebigen Produkten wie Toilettenpapier verarbeitet oder sogar als Brennholz verwendet, setzt dies den gebundenen Kohlenstoff wieder in die Atmosphäre frei.
Inzwischen übersteigen die menschlichen CO2-Emissionen jene Menge, welche die natürlichen Kohlenstoffsenken binden können. Während Ökosysteme an Land, wie Wälder, Moore und Böden laut dem Global Carbon Project im Jahr 2021, nur 3,3 Gigatonnen Kohlenstoff und Meere 2,8 Gigatonnen aufnahmen, setzte die Verbrennung fossiler Brennstoffe 9,6 Gigatonnen Kohlenstoff frei. Hinzu kamen 1,3 Gigatonnen durch die Naturzerstörung inklusive Waldrodung. Somit wurden insgesamt 5,2 Gigatonnen Kohlenstoff mehr freigesetzt, als die Natur aufnehmen konnte.
Waldzerstörung treibt die Klimakrise voran
Abholzung, die Ausbreitung des Futterpflanzen-Anbaus sowie die Emissionen aus der Massentierhaltung bedrohen Wald und Klima: Großflächige Waldrodungen für die industrielle Landwirtschaft sind für 23 Prozent der menschlichen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Trotzdem verschwindet nach wie vor alle 2 Sekunden eine Waldfläche so groß wie ein Fußballfeld von unserem Planeten. Pro Jahr ergibt das laut des Globalen Waldzustandsberichts 2020 durchschnittlich zehn Millionen Hektar Wald. Die Waldzerstörung verschärft die Klimakrise.
In Brasilien verschwinden immer mehr Flächen des Amazonas-Regenwaldes für die Fleischproduktion, um dort – auch für den europäischen Markt – Rinder zu halten. Der Anbau von Soja als Tierfutter breitet sich ebenfalls immer weiter aus. In Indonesien und Malaysia fällt der Wald insbesondere Palmölplantagen zum Opfer, was besonders dramatisch ist, da hier der Wald oft auf meterdicken Torfböden wächst. Wenn Wälder gerodet und Torfmoore trockengelegt werden, entweicht der darin gespeicherte Kohlenstoff als klimaschädliches CO2 in die Atmosphäre. Aber auch für Pipelines, die Gewinnung fossiler Rohstoffe und Staudämme müssen Wälder weichen. Oder sie müssen der Herstellung von Klopapier, Verpackungen oder Papier dienen.
In Europäischen Wäldern fällt der Wald außerdem zunehmend der Energieholzgewinnung zum Opfer. Im Jahr 2018 wurde in den Ländern der EU insgesamt rund 20 Prozent mehr Holz eingeschlagen als im Jahr 2000 und sogar 47 Prozent mehr Holz für die Verbrennung. Die Holzverbrennung ist ein klimapolitischer Irrweg: Zusätzlich zum direkt dabei freigesetzten Kohlendioxid schwächt der verstärkte Holzeinschlag die Wälder zusätzlich und nimmt ihnen Kapazität, größere Mengen CO2 aufzunehmen und zu binden.
Während die Abholzung und anderweitige Zerstörung der Wälder die Klimakrise verstärkt, wirkt sich diese umgekehrt negativ auf die Wälder aus. Hitze und Dürre sind die Folge, Waldbrände nehmen zu, weltweit sowie in Deutschland.
Brandrodungen im Amazonas- und Kongobecken und in Südostasien sind besonders große CO2-Quellen. Gezielt gelegte Feuer im Amazonasbecken sollen die Flächen landwirtschaftlich nutzbar machen und breiten sich aufgrund verminderter Niederschläge, Dürre und Wind oft unkontrolliert aus. Flächenbrände tragen aus mehreren Gründen erheblich zur Klimakrise bei. Jährlich entstehen weltweit 7,3 Milliarden Tonnen CO2 durch Brände etwa in Wäldern, Torfmooren, Savannen oder in der Landwirtschaft. Das sind mehr Emissionen als die des globalen Verkehrs.
“Brandrodungen im Amazonas- und Kongobecken und in Südostasien, Savannen-Feuer in Südamerika, Afrika und Nordaustralien – das sind die weltweit größten CO2-Quellen durch Brandherde”, erläutert Christoph Thies, Greenpeace-Experte für Wälder. “Dazu kommen Feuer im Buschland, etwa im Mittelmeerraum, in Kalifornien, Südaustralien und Chile.”
Außerdem gelangt der Ruß aus Waldbränden, etwa in Russland, bis in die Arktis: Dort lagert er sich ab und färbt das Eis. Die dunklen Partikel nehmen Sonnenlicht auf, Schnee und Eis erwärmen sich und schmelzen. So sind die Brände eine Folge und eine Ursache der Klimakrise zugleich. Trotzdem überwachen und melden viele Länder die Emissionen aus Feuern nicht angemessen und verzerren damit die eigene Klimabilanz. Waldrodung setzt eine Abwärtsspirale in Gang, die sich immer weiter verschärft – mit verheerenden Folgen für Klima, Mensch und Artenvielfalt.
Der Amazonas-Regenwald war einst ein natürlicher Klimaschützer, doch Studien deuten darauf hin, dass es damit vorbei ist. Im Amazonasgebiet haben Dürreperioden in den vergangenen Jahren dramatisch zugenommen. Besonders bei großer Trockenheit gibt der Amazonas-Regenwalds sogar mehr CO2 ab, als er aufnimmt. Zwischen 2010 und 2018 setzte der Regenwald jährlich etwa 290 Millionen Tonnen Kohlenstoff frei. Zu groß sind die Schäden am Ökosystem.
Wissenschaftler:innen warnen vor dem Kipppunkt des Amazonas-Regenwaldes: Wenn etwa 25 bis 40 Prozent des Regenwaldgebietes zerstört sind, wird er voraussichtlich nicht mehr zu retten sein. Es ist zu anzunehmen, dass bei einem Temperaturanstieg von zwei bis drei Grad Celsius der Amazonas-Regenwald großflächig versteppen würde, weil sein Wasserkreislauf zum Erliegen käme. Schon jetzt gibt es Anzeichen dafür. Die Folgen seines Verschwindens wärenverheerend, nicht nur für das Klima. In dem Regenwaldleben Studien zufolge allein 40.000 Pflanzen-, 425 Säugetier- und 1,300 Vogelarten, von denen die meisten in der Steppe nicht überleben könnten. Mit dem Verschwinden der Wälder nimmt das Artensterben drastisch zu.
Wälder wachsen lassen
Maßnahmen zum Klimaschutz kosten Geld. Und jeder Euro, der heute nicht investiert wird, muss in Zukunft um ein Mehrfaches ausgegeben werden, um den Schäden der Klimakrise zu begegnen. Das gilt auch für den Schutz der Wälder weltweit - und damit den Klima- und Artenschutz.
Weltweit könnten Wälder jährlich drei bis vier Milliarden Tonnen Kohlendioxid mehr binden. Das erfordert sofortige Maßnahmen, um die weltweiten Waldflächen um zehn Prozent zu erhöhen. Außerdem gilt es, die letzten verbliebenen Urwälder konsequent zu schützen und forstwirtschaftlich genutzte Wälder wieder mehr der Natur zu überlassen. Ein Wald, der einfach wachsen darf, speichert mehr Kohlenstoff als eine forstwirtschaftlich genutzte Monokultur. Naturnahe Wälder bieten darüber hinaus zahlreichen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum.
Jedoch sind die für eine ökologische Aufforstung verfügbaren Flächen begrenzt, da diese sonst in Konflikt mit dem notwendigen Lebensmittelanbau stehen würden. Wichtig ist daher, jetzt bestehende Urwälder nicht weiter zu zerstören und die Natur zu unterstützen, aus Monokulturen wieder naturnahe Wälder entstehen zu lassen. Da gesunde Moore noch mehr CO2 speichern, sind auch sie besonders schützenswert.
Auch die Wälder in der EU haben ein großes Potential als Klimaschützer. Die Naturwald Akademie hat berechnet, dass die Bäume in den EU-Wäldern in den nächsten 30 Jahren etwa doppelt so viel CO2 aus der Luft binden und speichern könnten wie bisher (488 Millionen Tonnen jährlich). Das entspräche etwas mehr als 5% der gegenwärtigen Emissionen in der EU und wäre so ein wesentlicher Beitrag zum Green Deal. Dazu müsste der Holzeinschlag um etwa ein Drittel sinken und und eine naturnahe Bewirtschaftung der Wälder erfolgen. Doch aktuell geschieht das Gegenteil.
Damit die Wälder mehr CO2 binden können, muss vor allem die enorm gestiegene Energieholzgewinnung weitgehend beendet und durch saubere erneuerbare Energien wie Wind, Wasser und Sonne ersetzt werden. Besonders in Schweden, Finnland, Deutschland, Polen, Frankreich und Österreich findet sich viel Wald. Gleichzeitig schlägt die Forstwirtschaft hier auch das meiste Holz ein. Allein in diesen Ländern könnten die Bäume drei Viertel der zusätzlich 242 Millionen Tonnen CO2 jährlich binden.
Wald und Klima schützen – das ist zu tun
Greenpeace fordert Regierungen auf, die verbliebenen Urwälder konsequent zu schützen, insbesondere den Amazonas-Regenwald. Das grüne Herz der Erde wird versagen, wenn es weiter abgeholzt und zerstört wird. Auch forstlich genutzte Wälder brauchen einen besseren Umgang. Denn Wälder sind kein Baumarkt – sie müssen sich erholen können.
Für den Schutz der Wälder weltweit ist die EU mitverantwortlich. Jährlich wird für etwa ein Fünftel der Importe von Soja und Rindfleisch aus Brasilien in die EU Regenwald im Amazonasgebiet abgeholzt. Auch andere Produkte auf dem europäischen Markt, wie Holz, Toilettenpapier, Shampoo, Tierfutter, Fertiggerichte und Schokolade, stehen noch immer in Zusammenhang mit Regenwaldabholzung. Weltweit ist die Ausweitung landwirtschaftlich genutzter Flächen für 80 Prozent der Abholzung verantwortlich.
Mit dem geplanten Handelsabkommen EU-Mercosur zwischen mehreren südamerikanischen Staaten und der EU würde die legale und illegale Abholzung im Amazonas-Gebiet noch rasanter vorangetrieben und die Klimakrise weiter angeheizt. Greenpeace fordert deshalb einen Stopp des geplanten Abkommens und Neuverhandlungen. Fest steht, die Politik muss handeln, damit es weiterhin Wälder als Klimaschützer gibt. Doch auch wir alle können uns wald- und damit klimafreundlich verhalten, Tipps dazu hier.
FAQ Wald und Klima- Häufig gestellte Fragen
Warum ist der Wald so wichtig?
Urwälder und naturnahe Wälder sind Klimaschützer: Sie ziehen CO2 aus der Luft und speichern den Kohlenstoff im Holz, produzieren Sauerstoff und mildern extreme Wetterverhältnisse wie Hitze, Frost, Trockenheit und Stürme. Sie reinigen, transportieren und speichern Wasser, schützen Küsten und verhindern Bodenerosionen. Urwälder beherbergen eine unglaubliche Artenvielfalt. Doch Rodung für Holz und die landwirtschaftliche Nutzung sowie die Folgen der Klimakrise wie Trockenheit und Waldbrände setzen Wäldern zu. Mit dem Waldsterben geht der Lebensraum zahlreicher Pflanzen- und Tierarten verloren – aber auch von uns Menschen. Und die natürlichen Kohlenstoffsenken verschwinden, was die Klimakrise weiter anheizt.
Welche Rolle spielen Wälder für den Klimaschutz?
Wälder sind essenziell wichtig für Klima, Artenvielfalt und menschliches Leben. Das weltweite Waldsterben ist Folge und Ursache der menschengemachten Klimakrise zugleich. Der Amazonas-Regenwald etwa stößt in Trockenzeiten schon mehr CO2 aus, als er aufnimmt. Denn das Amazonasbecken ist immer mehr von Trockenheit und Waldbränden bedroht, Folge von Waldzerstörung, Brandrodung und Klimaerhitzung. Der größte Regenwald der Erde nähert sich dem Kipppunkt, an dem er großflächig versteppen würde. Waldbrände produzieren Ruß, der sich in der Arktis ablagert und verdunkelt das Eis, welches somit noch schneller schmilzt. Die Zerstörung der Wälder heizt die Klimakrise weiter an.
Wie viel CO2 nimmt der Wald auf?
Wälder nehmen CO2 auf, binden es in Form von Kohlenstoff im Holz und produzieren dabei Sauerstoff. Durch Abholzung und Trockenheit als Folge der Klimakrise stoßen sie jedoch auch immer mehr Kohlenstoffdioxid aus. Noch absorbieren sie laut dem World Resources Institute durchschnittlich 16 Milliarden Tonnen CO2 und stoßen 8,1 Milliarden Tonnen aus. Zwischen 2001 und 2019 nahmen sie im Endeffekt mit weltweit jährlich 7,6 Milliarden Tonnen CO2 noch doppelt so viel Kohlenstoff auf, wie sie abgaben. Der Amazonas-Regenwald stößt besonders in Trockenperioden teilweise schon mehr CO2 aus, als er aufnimmt, eine Tendenz, die sich verschärft.
Warum wird der Regenwald abgeholzt?
Der tropische Regenwald und weitere Ökosysteme wie die Savannenwälder in Brasilien und die Wälder des Gran Chaco in Argentinien werden vor allem für die Gewinnung von Flächen für den Sojaanbau und Rinderweiden abgeholzt – oft illegal. Soja aus Südamerika ist überwiegend ein Exportprodukt für den europäischen Markt. Auch für Eukalyptus-Plantagen zur Papiergewinnung muss der Wald weichen. Holz für die Zellstoffproduktion stammt auch aus den Regenwäldern Indonesiens. Hier entstehen auf gerodeten Waldflächen riesige Palmöl- und Baumplantagen, auf Kosten der dortigen Artenvielfalt. Brandrodungen geraten oft außer Kontrolle und führen zu riesigen Waldbränden. Der geschädigte Regenwald kann weniger CO2 binden, was die Klimakrise weiter anheizt.
Wie können wir Wälder schützen?
Bewusst einkaufen und weniger wegwerfen – mit unserem Konsumverhalten können wir einen aktiven Beitrag zum Schutz der Wälder leisten. Die Einschränkung des Konsums von Fleisch, Milchprodukten und Eiern trägt bedeutend zum Schutz der Regenwälder bei. Denn der Amazonas-Regenwald und weitere Ökosysteme werden im großen Stil für Rinderzucht und den Anbau der Futterpflanze Soja abgeholzt.
In vielen Fertigprodukten steckt außerdem Palmöl, für welches besonders in Indonesien und Malaysia riesige Regenwaldflächen gerodet werden. Es hilft, Produkte wie Tiefkühlpizza und Tütensuppe seltener und bewusster zu verzehren. Selbst kochen, regional kaufen und weniger wegwerfen ist besser fürs Klima. Für Schokolade und Kosmetika gilt ebenfalls: Ökologische und Fairtrade-Produkte sind weniger schädlich für die Regenwälder und besser für die Menschen, die sie herstellen.
Weniger online zu bestellen schützt außerdem die Wälder des Nordens, welche in großem Umfang für Pappkartons schwinden. Wichtig ist, weniger Papier zu verbrauchen und beim Kauf auf das Umweltzeichen “Der blaue Engel” zu achten. Statt zu Möbel aus Tropenholz zu greifen, welches oft aus illegaler Rodung stammt, lohnt es sich für Klima und Artenvielfalt, Möbelstücke gebraucht zu kaufen oder mal auf dem Dachboden von Familie und Freund:innen zu stöbern.