Neues Bundeswaldgesetz, alte Fehler
Wald muss als Lebensraum und Klimaretter besser geschützt werden
Das Bundeswaldgesetz soll modernisiert werden - doch der Entwurf ist viel zu schwach. Es fehlen bundeseinheitliche Regeln zum Schutz unserer Wälder. Denn Wald ist mehr als Holz.
- Hintergrund
Es ist ein historische Chance: Fast 50 Jahre hat es gedauert, nun soll ein neues Bundeswaldgesetzes die Wälder besser gegen die Klima- und Biodiversitätskrise schützen. Doch der veröffentlichte Entwurf bringt nicht die dringend nötige Wende in der Waldnutzung.
Mit neuen bindenden Mindeststandards muss die Übernutzung unserer Wälder endlich beendet werden. Denn Wald ist mehr als Holz.
Der neue Entwurf zum Bundeswaldgesetz findet auch keine ausreichende Lösung für Schutzgebiete. Es gibt immer noch nicht genügend Gebiete, auf denen sich die Wälder frei von menschlichen Einflüssen entwickeln können. In den meisten Schutzgebieten dürfen immer noch Bäume gefällt werden.
Schon 2021 hat Greenpeace in einer Studie gezeigt, dass es in Schutzgebieten zwar oft Einschränkungen für Spaziergänger:innen gibt – forstwirtschaftliche Nutzung ist aber fast überall erlaubt.
In der Studie “Schutzgebiete schützen nicht” nimmt Greenpeace diese Intransparenz unter die Lupe und untersucht den aktuellen Schutzstatus der Wälder in Deutschland und identifiziert streng schützenswerte Wälder.
Vier wichtige Ergebnisse im Überblick:
- 67 % der Wälder liegen aktuell in Schutzgebieten
- nur 2,8 % der Wälder sind tatsächlich vor Holzeinschlag geschützt
- mindestens 15 % der Wälder wären streng schützenswert
- Das Kunming-Montreal-Weltnaturabkommen hat deutlich gemacht, dass mindestens 30% der Landflächen unter effektiven Schutz gestellt werden müssen, um dem dramatischen Artensterben noch etwas entgegenzusetzen.
“Das große Artensterben macht auch vor Deutschland nicht halt. Nur in echten Schutzgebieten kann die Natur sich frei entwickeln und bedrohten Pflanzen und Tieren ein sicheres Zuhause bieten. Hierfür muss die neue Bundesregierung endlich einen gesetzlich verbindlichen Rahmen schaffen.” resümiert Greenpeace Waldexpertin Sandra Hieke.
Was sind Schutzgebiete und wie viel Wald ist geschützt?
Insgesamt gibt es über 20 verschiedene Bezeichnungen für Schutzgebiete, die sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden können. Zudem haben alle Gebiete ihre eigenen Verordnungen und Managementpläne, die den Grad des Schutzes regeln. Außerdem können sich unterschiedliche Schutzgebiete auch überschneiden. Diese Faktoren machen eine Bewertung des Waldschutzes sehr kompliziert – die nötige Transparenz und Übersicht fehlt.
Die Studie “Schutzgebiete ohne Schutz” zeigt, dass 67 Prozent der Wälder in Deutschland aktuell in Schutzgebieten liegen. Eine Zahl, die optimistisch stimmt – doch wie sicher sind die Bäume dort tatsächlich vor der Kettensäge?
Ist in Schutzgebieten Bäume fällen erlaubt?
Die aktuelle Analyse ernüchtert schnell: Obwohl rund zwei Drittel der Wälder in Schutzgebieten liegen, sind nur 2,8 Prozent der Waldfläche in Deutschland vor Holzeinschlag sicher. In den meisten Gebieten ist eine “ordnungsgemäße Forstwirtschaft” gestattet.
Die Verordnungen und Managementpläne regeln, ob Blumen gepflückt, Pilze gesammelt oder die Wege verlassen werden dürfen. Waldspaziergänger:innen finden diese Einschränkungen in der Regel in Ordnung, schließlich soll der Lebensraum für Pflanzen und Tiere erhalten werden. Dass das Fällen von Bäumen dagegen meistens erlaubt ist, erscheint wie eine bittere Ironie.
Warum brauchen mehr Wälder strengen Schutz vor Holzeinschlag?
Fast 90 Prozent der Wälder in Deutschland befinden sich in einem schlechten Zustand. Gerade die Dürre der vergangenen drei Jahre zwischen 2018 und 2020 hat dazu geführt, dass viele Bäume abgestorben sind. Hiervon waren vor allem Nadelbäume in Monokulturen stark betroffen. Naturnahe Laub- und Laubmischwälder erweisen sich bei diesen ersten Auswirkungen der Klimakrise als deutlich widerstandsfähiger.
Gleichzeitig sind sie Lebensraum für viele Tierarten. Ein großer, natürlicher Wald ohne Bewirtschaftung bietet ein reiches Ökosystem, von dem alle profitieren: das Klima, Pflanzen und Bäume, Tiere – aber natürlich auch wir Menschen.
In der aktuellen Studie “Schutzgebiete schützen nicht” identifiziert Greenpeace Wälder, die streng schützenswert wären. Dabei handelt es sich vor allem um gefährdete und alte Laubwälder, die besonders wichtig für Klima- und Artenschutz sind.
"80 Prozent dieser Wälder liegen bereits in so genannten Schutzgebieten, die nur leider den Namen nicht verdienen. Sie brauchen echten Schutz vor Kettensägen!” erklärt Sandra Hieke.
Die Regierung muss endlich Verantwortung für den Waldschutz übernehmen
Greenpeace veröffentlicht die Studie “Schutzgebiete schützen nicht” zum Auftakt der 15. Weltnaturkonferenz in Kunming, China, bei der die EU einen Rahmen dafür schaffen will, dass bis 2050 alle Ökosysteme der Welt angemessen geschützt sind.
Diese Konferenzen finden statt, seit 1992 bei der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung in Rio das “Übereinkommen über die biologische Vielfalt” (auch bekannt unter der Abkürzung CBD – Convention on Biological Diversity) vereinbart wurde.
Das ist fast 30 Jahre her, aber noch immer hat Deutschland keine ausreichenden Maßnahmen umgesetzt, um die Artenvielfalt zu erhalten.
2007 hat die Bundesregierung zwar eine nationale Biodiversitätsstrategie beschlossen, nach der fünf Prozent der Waldfläche bis zum Jahre 2020 streng geschützt sein sollten – aber selbst dieses wenig ambitionierte Ziel hat sie weit verfehlt.
In der neuen Studie zeigt Greenpeace auf einer Karte Gebiete, in denen der Wald unter strengen Schutz gestellt werden sollte und gibt damit der Regierung eine klare Handlungsempfehlung.
Wald - mehr als Holz
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