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Stag Beetle in Spessart Mountains
© Michael Kunkel / Greenpeace

Mehr als Holz – Warum wir ein starkes Bundeswaldgesetz brauchen

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Einst prachtvolle Märchenwälder, sind Schwarzwald, Harz und Co. inzwischen zu Borkenkäfer-zerfressenen Nadelwald-Plantagen verkümmert. Das können wir jetzt ändern! Denn im Jahr 2024 wird das veraltete Bundeswaldgesetz endlich überarbeitet. 

Rotkäppchen rennt. Sie kämpft sich durchs Dickicht, springt über umgefallene Bäume. Im Unterholz neben ihr knackt es. Der Wolf! Sein Atem geht ebenso hastig wie der des Mädchens, er flieht vor derselben Gefahr, die sich ihnen krachend nähert. Zitternd drehen sich Rotkäppchen und der Wolf um. Ein blendendes Licht, dann kracht eine riesige Maschine durch die Bäume: Ein Harvester, der die Bäume einen nach dem anderen in Sekundenschnelle frisst und eine Spur der Zerstörung hinterlässt. Und wenn sie nicht gestorben sind … 

Würden die Gebrüder Grimm heute leben, müssten sie das Märchen so erzählen. Denn die wahren Monster im Wald sind heute Kahlschlag und industrielle Forstwirtschaft.

Waldschutz jetzt!

Greenpeace überreicht Petition an Özdemir

Martin Kaiser and Cem Özdemir in Brandenburg
Text

Martin Kaiser, Geschäftsführender Vorstand von Greenpeace, überreicht Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir am 26.4. eine Petition für mehr Waldschutz. Über 80.000 Menschen haben unterschrieben und große Hoffnung auf Veränderung, denn: Nachdem das Bundeswaldgesetz 50 Jahre lang vor allem den Interessen der intensiven, konventionellen Forstwirtschaft gedient hat, wird es in diesem Jahr erneuert. Cem Özdemir hat somit jetzt die Möglichkeit, aus dem bisherigen “Abholz-Gesetz” ein “Waldschutzgesetz” zu machen. Jetzt ist das Landwirtschaftsministerium am Zug!

Waldsterben dank Monokulturen

Wie stellen Sie sich einen Märchenwald vor? Vermutlich hat er alte, knorrige Bäume, moosbewachsene Steine, Farne und Pilze. Er ist kühl, ruhig und grün. So sahen der Harz, die Sächsische Schweiz, der Schwarzwald vor Jahrhunderten aus. Laub- und Mischwälder sind die natürlichen Wälder Deutschlands, aber sie sind selten geworden. Die Forstindustrie hat sie nach und nach abgeholzt und in Kiefern- und Fichten-Plantagen umgewandelt. Diese Nadelbäume wachsen schneller als Laubbäume, können also schneller gefällt und wieder gepflanzt werden. Schneller Nachschub für unseren Holzhunger - aber zu welchem Preis? 

Wie alle Monokulturen sind diese Plantagen anfällig für Krankheiten, Dürren, Insektenschäden und Brände. Auch die Laub- und Mischwälder leiden unter intensiver Forstwirtschaft. Laut des aktuellen Waldzustandsberichts haben nur 21 Prozent der Bäume in Deutschland noch gesunde Kronen. Das bedeutet also, dass vier von fünf Bäumen inzwischen geschädigt sind. Das liegt zum einen an der Klimakrise, aber viel mehr an der Tatsache, dass die Holzproduktion bei der Waldnutzung noch immer an erster Stelle steht.

Nadelbäume im Harz

Trost- und chancenlos in der Klimakrise: Besonders Plantagen aus Nadelhölzern leiden – wie hier im Harz.

Waldsterben wegen intensiver Forstwirtschaft 

Die Forstwirtschaft hat inzwischen industriellen Züge angenommen: schwere Maschinen verdichten den Boden, Monokulturen stehen in schnurgeraden Reihen, es fehlt an Totholz und Habitatbäumen, Rückegassen zerschneiden die Fläche und das schützende Kronendach wird regelmäßig aufgerissen. 

Die Auswirkung davon sind instabile, vertrocknete, schwächelnde Wälder. Das ist fatal, denn wir alle leben  vom Wald und können nicht auf das lebendige Ökosystem mit seinen vielen Leistungen (Luftreinigung, Kühlung, CO2-Senke etc.) verzichten. Der Wald ist mehr als nur Holz. 

Portrait of Dorothea Epperlein
“Das laxe Bundeswaldgesetz hat der industriellen Forst- und Holzwirtschaft 50 Jahre lang einen Freifahrtschein ausgestellt, um wertvolle Wälder rücksichtslos auszubeuten – auf Kosten von Umwelt und Klima. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat jetzt die historische Chance, das bestehende ‘Abholz-Gesetz’ in ein ‘Waldschutz-Gesetz’ umzuwandeln.”

Dorothea Epperlein

Greenpeace Waldexpertin

Portrait of Dorothea Epperlein
Zitat
“Das laxe Bundeswaldgesetz hat der industriellen Forst- und Holzwirtschaft 50 Jahre lang einen Freifahrtschein ausgestellt, um wertvolle Wälder rücksichtslos auszubeuten – auf Kosten von Umwelt und Klima. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat jetzt die historische Chance, das bestehende ‘Abholz-Gesetz’ in ein ‘Waldschutz-Gesetz’ umzuwandeln.”
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Greenpeace Waldexpertin

Ein starkes Bundeswaldgesetz - jetzt

Die Waldzerstörung ist ganz legal, denn das aktuelle Bundeswaldgesetz regelt vor allem die Forstwirtschaft und vernachlässigt den Schutz des Waldes. Dieses Jahr, nach fast 50 Jahren, will die Bundesregierung das Waldgesetz endlich auffrischen.  Hier sind zehn Punkte, an denen wir ein Waldgesetz erkennen, das den Wald tatsächlich schützt:  (Langfassung hier). 

  1. Waldschutz ist darin wichtiger als Holzproduktion. 
  2. Waldschutz bedeutet Klima- und Artenschutz. 
  3. Waldschutz ist bundeseinheitlich geregelt. Er ist nicht länger “Ländersache”. 
  4. Waldbesitzer:innen sind verpflichtet, ihren Wald naturnah, also schonend, zu bewirtschaften. 
  5. Es gibt keine Nadelwald-Plantagen mehr, sondern naturbelassene Laubwälder.  
  6. Wald ist wild: Mindestens 15 Prozent der Waldfläche müssen dauerhaft unter strikten Schutz gestellt und der natürlichen Entwicklung überlassen werden. 
  7. Wertvolle Laubwälder werden nicht für Infrastrukturprojekte geopfert, auch nicht für Windenergie, Bahntrassen etc. 
  8. Waldmonitoring misst nicht nur die Holzqualität und -quantität, sondern auch Faktoren wie Artenvielfalt, Menge an Totholz etc. 
  9. Holzverbrennung wird als nicht-nachhaltig definiert.
  10. Holzeinschlag ist gesetzlich eingeschränkt und recyceltes Holz wird verwendet. 

Fragen zum Bundeswaldgesetz

Was ist das Bundeswaldgesetz?

Das aktuelle Bundeswaldgesetz (BWaldG) stammt aus dem Jahr 1975 und genauso veraltet ist seine Sicht auf den Wald. Theoretisch geht es um den Erhalt der Wälder und ihrer Funktionen. In der Praxis steht aber die Wirtschaftlichkeit im Mittelpunkt, das heißt der kurzfristige Profit mit Holz als Rohstoff. Durch das Gesetz konnte die konventionelle Forstwirtschaft Wälder ausbeuten und klima- und naturschädliche Fichten- und Kiefern-Monokulturen in großem Stil anpflanzen. 

Wann kommt das neue Bundeswaldgesetz?

 Für das Jahr 2024 hat das verantwortliche Landwirtschaftsministerium vorgesehen, das BWaldG grundlegend zu erneuern. Eigentlich sollte der erste Entwurf schon zu Beginn des Jahres stehen, aber die politischen Widerstände sind groß und verzögern den Prozess. Die konventionelle Forstwirtschaft ist in der Überzahl und versucht mit allen Mitteln, ein neues Gesetz zu verhindern. Greenpeace rechnet damit, dass der Entwurf Ende des Sommers veröffentlicht wird. Sollte er weiterhin die Interessen der Forstwirtschaft denen der Allgemeinheit vorziehen, wird Greenpeace zusammen mit anderen Naturschutzverbänden dagegen vorgehen. 

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