Norwegen plant Tiefseebergbau in der Arktis
Ein gefährlicher Plan: Norwegen will mit Tiefseebergbau in eigenen Gewässern beginnen – und das mitten in der Arktis.
- Überblick
Im Januar 2024 legte die norwegische Regierung Pläne vor, ein Gebiet von der Größe Großbritanniens zwischen Svalbard und der Insel Jan Mayen für den Tiefseebergbau zu erschließen. Damit ist Norwegen das erste Land Europas, das die Tiefsee ausbeuten will. Und das ohne Rücksicht auf die fast unerforschten Ökosysteme des Meeresbodens. Eine gefährliche Entwicklung, die Folgen für die Tiefsee in Norwegens Gewässern und das Klima haben könnte. Das zeigt auch ein neuer Bericht.
Seit Jahren ist zu sehen, wie das Eis in der Arktis weiter schmilzt und die Meeresumwelt unter Stress steht. Doch anstatt wirksamen Schutz sicherzustellen, will die norwegische Regierung in ihren Gewässern vor Spitzbergen mit Tiefseebergbau beginnen und das Meeresökosystem noch stärker unter Druck setzen.
Die Folgen für den Meeresboden und das fragile Ökosystem in der Arktis wären verheerend. Denn der von Norwegen geplante Tiefseebergbau in der Arktis kann die Tiefsee irreparabel schädigen. Er bedroht nicht nur die Tiefsee, sondern die gesamte Artenvielfalt im arktischen Ozean, vom kleinsten Plankton bis zu den großen Walen. Das zeigt der aktuelle Greenpeace-Bericht „Tiefseebergbau in der Arktis: Lebende Schätze der Tiefsee in Gefahr“.
Mit Leuchtkraken gegen Norwegens Arktis-Pläne
Greenpeace-Jugend übergibt neuen Report an norwegische Botschaft in Berlin
Gegen Norwegens Tiefseebergbaupläne in der Arktis protestieren heute 36 junge Greenpeace-Aktivist:innen vor der norwegischen Botschaft in Berlin. Im Dunkeln platzieren sich die Protestierenden als ein großer Schwarm Kraken mit leuchtenden Tentakeln vor dem Gebäude. Die tanzenden Meerestiere symbolisieren eine besondere Art der Dumbo-Oktopusse, die vor allem in der arktischen Tiefsee leben. Zusätzlich fordern die Jugendlichen mit Bannern “No(r)way: Reichtum liegt nicht in der Gier, lasst die Tiefsee friedlich hier”. Bei der Aktion übergibt die Greenpeace-Jugend den neuen Report „Glücksspiel mit der Tiefsee - Wer auf den Abbau der Arktis wettet“ zusammen mit einer großen Kobaltkruste, die aus Pappmaché nachgebildet wurde.
Der Report zeigt auf, wie Norwegen im Schnellverfahren die Weichen für Bergbauunternehmen und Investor:innen gestellt hat, ungeachtet jeglicher internationalen Kritik und trotz aller wissenschaftlichen Warnungen. So sollen bereits im ersten Halbjahr 2025 die Abbaulizenzen für Tiefseebergbau zwischen Spitzbergen und Island vergeben werden.
Greenpeace setzt die Segel gegen Tiefseebergbau
Auch die Wissenschaft weiß noch viel zu wenig über den einzigartigen Lebensraum tief unter der Meeresoberfläche. Trotzdem treiben einzelne Länder wie Norwegen den Raubbau an unseren Meeren weiter voran. Um neue Erkenntnisse über Meeressäuger in dem kaum erforschten potenziellen Abbaugebiet in der Arktis zu erhalten, starten Greenpeace Nordic und Greenpeace Deutschland in diesen Tagen eine Expedition in die Region. Die gesammelten Daten sollen dabei helfen, das betroffene Ökosystem und seine Artenvielfalt besser zu verstehen. Denn wir brauchen viel mehr Informationen, um klar zu machen, wie besonders dieser Lebensraum eigentlich ist. Eine aktuelle Umfrage von YouGov im Auftrag von Greenpeace Deutschland zeigt sogar, dass lediglich 14 Prozent der Befragten den Begriff Tiefseebergbau kennen und das obwohl 87 Prozent der Befragten der Meeresschutz am Herzen liegen
Warum darf Norwegen mit Tiefseebergbau in der Arktis starten?
Eigentlich ist es die Aufgabe der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA), die Aktivitäten rund um den Tiefseebergbau zu überwachen, zu verwalten und zu regulieren. Das gilt aber ausschließlich für internationale Gewässer. Doch wie viele weitere Länder hat auch Norwegen eigene, sogenannte Territorialgewässer und eine ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) gemäß dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen.
Innerhalb beider Bereiche hat Norwegen das alleinige Recht, Gesetze bezüglich Navigation, Umwelt und Ressourcennutzung zu erlassen. In der ausschließlichen Wirtschaftszone darf Norwegen exklusiv natürliche Ressourcen nutzen wie zum Beispiel Fischgründe, Öl- und Gasvorkommen – oder eben Rohstoffe in der Tiefsee. Von diesem Recht macht Norwegens Regierung nun Gebrauch. Die norwegische Regierung hat bereits den Prozess der Lizenzvergabe für den umstrittenen Tiefseebergbau in der Arktis begonnen. Mit diesem Schritt ignoriert sie alle Warnungen. Wissenschaftler:innen des norwegischen Instituts für Meeresforschung, die norwegische Umweltbehörde, die Vereinten Nationen – sie alle warnen davor, dass Tiefseebergbau den Ökosystemen am Meeresgrund irreversibel schaden kann.
Wir können die Arktis noch schützen!
Noch ist es nicht zu spät: Ende Juni hat Norwegen eine neue Karte für Abbaugebiete veröffentlicht, für die sich Unternehmen bewerben können. Damit haben sie eine 90-tägige Konsultationsphase losgetreten, in der die Öffentlichkeit ihre Meinung äußern kann. Danach wird die norwegische Regierung entscheiden, welche Gebiete für die Vergabe von Abbaulizenzen freigegeben werden. Damit gefährdet sie die Gesundheit der Meere und die Arten und Tiere, die dort leben. Die Industrie will die Büchse der Pandora öffnen und die unumkehrbare Zerstörung der Tiefsee zur Ausbeutung des Meeresbodens einleiten.
Erinnern Sie Jonas Gahr Støre, den norwegischen Ministerpräsidenten, an seine Verantwortung für die Ozeane und einen gesunden Planeten - und verschicken Sie eine Protestmail!
Schonungslose Ausbeutung der arktischen Tiefsee
Die norwegische Regierung hatte bereits im Dezember 2023 im Parlament die Mehrheit für ihre Tiefseebergbau-Pläne erhalten, der Beschluss folgte am 9. Januar durch die formelle Abstimmung. Die Tatsache, dass Norwegen mit diesen Plänen weiter vorangeht als jedes andere Land, könnte politische Wellen auf nationaler und internationaler Ebene schlagen. Große Unternehmen wie Equinor und Aker BP könnten sich dem Bergbau anschließen, wenn die Branche 2024 einen reibungslosen Start hinlegt. Die Entscheidung Norwegens könnte somit einen Dominoeffekt auslösen und den Druck auf die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA) seitens anderer Länder, die in internationalen Gewässern Tiefseebergbau betreiben wollen, erheblich erhöhen.
Besonders beunruhigend ist, dass weder zusätzliche Mittel zur Sicherung der Umweltforschung noch zur Überwachung der Industrie bereitgestellt werden. Das lässt befürchten, dass die Industrieaktivitäten unter dem Radar bleiben. Was es noch schlimmer macht: Es gibt bisher keine Regularien, die festlegen, wie die Industrie am Meeresboden abbauen darf. Demnach können die Unternehmen den Meeresboden schonungslos ausbeuten – ohne jegliche Kontrolle oder Konsequenzen. Norwegens Pläne sind auch deshalb hochgefährlich, weil sie auch in anderen Ländern Begehrlichkeiten wecken können. Noch sind internationale Gewässer vom Start des Tiefseebergbaus verschont. Daher sind die ISA-Staaten angesichts Norwegens fataler Entscheidung stärker denn je gefordert, sich für ein internationales Moratorium einzusetzen.
Welche Ressourcen will Norwegen in der Tiefsee ausbeuten?
Norwegen will in den arktischen Gewässern Kobaltkrusten abbauen. Riesige Maschinen fräsen dabei die oberste Schicht des Meeresbodens und zerstören alles, was auf dem Meeresboden lebt, unwiderruflich. Die Tiefseebergbauindustrie hat es hier außerdem auf Schwarze Raucher abgesehen: Das sind Quellen am Meeresboden, die heißes Wasser ausspucken und dabei einen Cocktail aus verschiedenen chemischen Elementen enthalten. Besonders viel Schwefel und Eisen, aber auch Kupfer, Zink und andere Mineralien werden dabei freigesetzt. Diese Mineralien häufen sich an und bilden Schornsteine, die sogar bis zu zehn Meter hoch werden können. Die Schwarzen Raucher geben vielen Arten ein Zuhause, beispielsweise Krebsen, aber auch vielen Mikroorganismen, die ganz unten in der Nahrungskette stehen.
Tiefseebergbau in der Arktis
Anzahl Seiten: 12
Dateigröße: 4.2 MB
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Anzahl Seiten: 64
Dateigröße: 15.82 MB
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