10 unglaubliche Fakten über die Tiefsee
Die Tiefsee ist der größte Lebensraum der Erde und birgt unzählige faszinierende Geheimnisse. Wir haben zehn interessante Fakten über dieses mysteriöse Ökosystem gesammelt.
- Ein Artikel von Andi Nolte
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Die Tiefsee – sie ist der größte Lebensraum der Erde, birgt faszinierende Geheimnisse und beherbergt eine Vielfalt an
Lebensformen. Noch dazu ist dieser Lebensraum uns beinahe völlig unbekannt. Mitte Juli diskutieren über 160 Staaten bei der Internationale Meeresbodenbehörde (ISA) darüber, ob die Menschheit auch in diesen, fast unberührten Lebensraum
eindringt und mit dem Tiefseebergbau startet. Dabei kann der Tiefseebergbau kann irreversible Schäden anrichten, denn die Tiefsee ist ein sensibles Ökosystem. Wir tauchen tiefer ein und haben zehn Fakten über dieses mysteriöse Ökosystem gesammelt.
1. Die Tiefsee ist die größte, aber auch am wenigsten erforschte Ökoregion der Erde
Die Tiefsee erstreckt sich über etwa 65% der Erdoberfläche und ist somit größer als alle Kontinente zusammen. Sie bedeckt eine Fläche von mehr als 300 Millionen Quadratkilometern. Außerdem macht sie mehr als 80% des gesamten Meeresraumes aus. Gleichzeitig ist sie der am wenigsten erforschte Lebensraum der Erde – wir wissen sogar mehr über den Mond als über unsere Tiefsee.
2. Es gibt kein Licht in der Tiefsee
In der Tiefsee herrscht absolute Dunkelheit. Das Sonnenlicht dringt nur wenige hundert Meter in die Tiefe vor. Aber keine Sorge, das Leben in der Tiefsee wurde nicht komplett im Dunklen gelassen: Viele Tiefseebewohner, darunter Fische, Quallen und Krebstiere, haben die erstaunliche Fähigkeit, selbst Licht erzeugen zu können. Im Fachjargon heißt das: Sie sind biolumineszent. So locken sie ihre Beute an oder kommunizieren miteinander. Das dafür zuständige Enzym heißt übrigens Luziferase – in Anlehnung an Luzifer, “den Lichtbringer”.
3. Die Tiefsee beherbergt einige der merkwürdigsten Lebewesen der Welt
Geisterhafte Kreaturen, Glitzer und langsam wachsende Giganten – ein paar davon wollen wir hier kurz vorstellen:
- Der Anglerfisch: Weibliche Anglerfische tragen einen leuchtenden Köder an der Stirn, um Beute anzulocken.
- Erschreckend schön: Manche “Geisterhaie” (Chimären oder Seekatzen) haben eine transparente Haut, durch die ihre inneren Organe sichtbar sind.
- Old, but Gold: Manche Bewohner der Tiefsee haben eine bemerkenswerte Lebensdauer, so auch der Grönlandhai. Er gehört zu den ältesten bekannten Wirbeltierarten und kann sogar über 400 Jahre alt werden.
- Er macht große Augen: Der Tiefseetintenfisch, bekannt als Riesenkalmar, ist ein wahrhaft beeindruckendes Lebewesen. Mit einer Länge von bis zu 13 Metern ist er das größte, bekannte, wirbellose Tier. Riesenkalmare haben riesige Augen, die so groß wie Melonen sein können, um in der Dunkelheit der Tiefsee zu sehen.
- Durchgeflutscht: In der Tiefsee leben auch Schleimaale. Sie haben eine schmierige Schleimschicht auf ihrer Haut, die ihnen hilft, sich durch enge Spalten im Meeresboden zu zwängen. Aber das ist nicht alles – sie können auch ihren Körper aufblasen und wie ein Ballon aussehen, um sich vor Feinden zu schützen.
- Der Knaller: Einige Tiefseekrebse haben eine lustige Verteidigungstaktik entwickelt: Sie haben Scheren, die so stark sind, dass sie sich gegenseitig in einem spektakulären "Krebskampf" bekämpfen können. Manche von ihnen erzeugen dabei sogar ein hörbares Knacken, ähnlich wie bei einer Klatsche.
Fun Fact: Nicht nur die Lebewesen in der Tiefsee sind ganz besonders – auch ihre Namen sind skurril. Zum Beispiel gibt es den Dumbo-Oktopus, benannt nach Disneys fliegendem Elefanten. Der niedliche Tiefseebewohner flattert mit seinen ohrenähnlichen Flossen durch die Ozeantiefen und gehört zur Gattung der Tiefseekraken. Oder den "Spaghettiwurm" - ein langer, dünner Wurm, der in Röhren lebt und an Spaghetti erinnert. Wissenschaftler:innen gehen übrigens davon aus, dass in der Tiefsee zahlreiche weitere unentdeckte Arten existieren, von denen wir bisher noch nichts wissen.
4. Unvorstellbare Tiefen – der tiefste Punkt der Welt liegt im Meer
Der tiefste Punkt der Tiefsee ist der Marianengraben im westlichen Pazifik. Mit einer Tiefe von etwa 11.000 Metern ist der Ozean an dieser Stelle tiefer als der Mount Everest hoch ist.
5. Kein Lebensraum der Welt ist so extrem wie die Tiefsee
Die Tiefsee stellt Organismen vor extreme Herausforderungen. Der Druck in der Tiefsee kann bis zu 1.000-mal höher sein als auf der Erdoberfläche, und die Temperaturen können nahe dem Gefrierpunkt liegen oder in der Nähe von hydrothermalen Quellen, sogenannten Schwarzen Rauchern auf über 400 Grad Celsius ansteigen.
6. Bewohner der Tiefsee unternehmen Driftreisen in den Tiefen der Meere
Klingt wild – und ist es auch. Tiefseewirbel, auch bekannt als "Himmelstreppe", sind Strömungen in der Tiefsee, die Meeresbewohner über weite Entfernungen transportieren können. Einige Arten nutzen Tiefseewirbel auch dafür, ihre Larven oder Samen über den Ozean zu verteilen und ermöglichen so die Verbreitung von Leben in den Tiefen der Ozeane. Tiefseewirbel können auch zur Entstehung von Auftriebszonen führen, in denen kälteres, nährstoffreiches Wasser an die Oberfläche gelangt, was zum Beispiel das Wachstum von Phytoplankton und die Nahrungskette in der Tiefsee fördert. Außerdem spielen Tiefseewirbel eine Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf, da sie zur Absorption von Kohlendioxid aus der Atmosphäre beitragen. Sie können dabei helfen, Treibhausgase zu binden und in die Tiefen des Ozeans zu transportieren, wo es für lange Zeit gespeichert bleibt.
7. Forscher:innen haben schon Bananenschalen in der Tiefsee entdeckt – aber auch jede Menge Plastikmüll
Millionen Tonnen Plastikmüll landen jährlich in unseren Weltmeeren – selbst die Tiefsee bleibt nicht verschont. Ein Forschungsteam der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung der Frankfurter Goethe-Universität und des Alfred-Wegener-Instituts hat im letzten Jahr nun festgestellt, dass die Tiefsee noch stärker mit Mikroplastik belastet ist, als bisher angenommen. Ein großer Teil des Plastikmülls in den Meeren wird beispielsweise vom Land über Flüsse und Abwässer eingetragen. Durch Meeresströmungen entstehen riesige Müllstrudel – einer davon ist viermal so groß wie Deutschland. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs, der Großteil des Mülls sinkt auf den Meeresboden hinab – tausende Meter hinunter auf den Meeresboden.
8. Es gibt Berglandschaften in der Tiefsee
Obwohl der Großteil des Meeresbodens relativ flach ist, gibt es bestimmte Gebiete, in denen so etwas wie Unterwasserberge aufragen. Diese werden als Unterwasser-Vulkanketten oder ozeanische Rücken bezeichnet. Ein bekanntes Beispiel für einen Unterwasserberg ist der Mittelatlantische Rücken, der sich entlang des Atlantischen Ozeans erstreckt. Dieser Rücken ist einer der längsten Gebirgszüge der Erde und erstreckt sich über etwa 16.000 Kilometer. An einigen Stellen ragen die Gipfel des Mittelatlantischen Rückens bis nahe an die Wasseroberfläche heran und bilden Inselketten wie die Azoren oder Island. Vergleichbar mit den hohen Gebirgen an Land sind die Unterwasserberge in der Tiefsee allerdings nicht. Doch nicht nur das: Es gibt Tiefseegräben, tiefe, schmale Täler im Meeresboden, die einige der steilsten Klippen der Welt aufweisen.
9. Alle Prozesse in der Tiefsee sind seeehr laaaaaangsaaaaam…
Wie schon aus den vorangegangenen Punkten hervorgeht, ist die Tiefsee ein ganz besonderer Lebensraum, vor allem ist er besonders langsam. Nicht nur, dass die Strömungen in der Tiefsee gemächlicher fließen als in oberflächennahen Gewässern, auch das Leben und die Prozesse in der Tiefsee brauchen etwas mehr Zeit als der Rest der Welt. Das liegt unter anderem an den speziellen Lebensbedingungen dieser Tiefe. Immens hoher Druck, Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt und ein Mangel an Nährstoffen durch das fehlende Sonnenlicht führten zu einer Anpassung der Umgebung und seiner Bewohner. Viele von Ihnen haben daher niedrigere Stoffwechselraten und einen geringeren Energieverbrauch, um mit den begrenzten Nahrungsquellen auszukommen. Daraus folgt einegenerelle Verlangsamung: Tiefsee-Lebewesen können mehrere Monate oder sogar Jahre ohne Nahrung überleben. Die Krake Casper brütet wahrscheinlich mehrere Jahre auf ihren Eiern – die sie übrigens auf Manganknollen legt. Und auch der Meeresboden selbst reagiert sehr langsam: 1989 hat ein Forschungsteam 10,8 Quadratkilometer eines manganknollenreichen Gebietes mit schwerem Gerät umgepflügt: 2018, also fast 30 später, ist gerade mal die Hälfte an Leben in das Gebiet zurückgekehrt – die Spuren auf dem Meeresboden blieben sogar unverändert. Nicht auszudenken, welche Folgen Tiefseebergbau auf diesen verletzlichen Lebensraum hätte.
10. Ohne eine gesunde Tiefsee kann es keine gesunde Erde geben
Die Tiefsee ist von großer Bedeutung für das Gleichgewicht des gesamten Ökosystems der Erde und spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulation des Klimas. Die Tiefsee ist eine wichtige Kohlenstoffsenke. Sie nimmt große Mengen an Kohlendioxid auf und speichert es langfristig, wodurch sie das globale Klima beeinflusst. Außerdem findet hier ein wichtiger Nährstoffkreislauf statt. Abgestorbene Organismen sinken in die Tiefsee und dienen als Nahrungsquelle für bodenlebende Organismen. Diese Prozesse tragen zur Aufrechterhaltung der Produktivität des Ozeans bei. Veränderungen in der Tiefsee können sich auf andere Ökosysteme auswirken. Zum Beispiel können Arten, die in der Tiefsee leben, während der Larvenphase in flachere Gewässer wandern und dort wichtige ökologische Funktionen erfüllen.
Die Tiefsee ist ein ganz besonderer Lebensraum. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir alles daran setzen, den Start des Tiefseebergbaus zu verhindern. Seine Auswirkungen könnten über Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende hinweg spürbar sein. Die Naturprozesse, die in der Tiefsee ablaufen, sind extrem langsam. Wenn wir diese Prozesse durch den Bergbau stören, könnten sich die Ökosysteme nur sehr langsam oder möglicherweise gar nicht erholen.
Viele Arten sind spezialisiert und an die extremen Bedingungen der Tiefsee angepasst. Zum Beispiel auch die Tiefseekrake Casper. Sie legt Eier auf einen Schwamm, der nur auf Manganknollen wächst. Dort brütet sie die Eier etwa vier Jahre lang aus. Die Existenz von Tieren wie ihr ist durch den drohenden Rohstoffabbau stark gefährdet. Darüber hinaus ist die langfristige Umweltauswirkung des Tiefseebergbaus noch weitgehend unbekannt. Die Natur der Tiefsee macht es äußerst schwierig, die Auswirkungen von Bergbauaktivitäten zu überwachen und zu kontrollieren. Selbst Vorsichtsmaßnahmen können nicht garantieren, dass es zu keinen nachteiligen Folgen für die Umwelt kommt. Derzeit gibt es keine klaren Mechanismen zur Überwachung und Durchsetzung von Umweltstandards oder zur Sicherstellung einer gerechten Verteilung der Gewinne aus dem Bergbau. Das könnte zu einem unregulierten Rennen um Ressourcen führen und die Türen für umweltschädliche und ausbeuterische Praktiken öffnen. Die Tiefsee gehört uns allen – lasst sie uns schützen.
Greenpeace Studie: Die Jagd nach Metallen in der Tiefsee
Anzahl Seiten: 26
Dateigröße: 1.32 MB
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