Mehrere Walarten durch Tiefseebergbau in der Arktis gefährdet?
- Hintergrund
Die riesige Norwegische See erstreckt sich bis zur Arktis. Sie beherbergt eine unglaubliche Vielfalt an Wildtieren. Doch jetzt zeichnet sich nördlich des Polarkreises eine alarmierende Bedrohung ab. Die norwegische Regierung plant, Gebiete in der Norwegischen See für Tiefseebergbau zu öffnen. Die vorgeschlagenen Regionen überschneiden sich mit den Lebensräumen zahlreicher Meerestiere, darunter Wale. Die Störung durch den Tiefseebergbau, insbesondere durch Lärmbelästigung und Lebensraumzerstörung, könnte verheerende Auswirkungen auf diese ohnehin schon verletzlichen, geräuschempfindlichen Lebewesen haben.
Im Folgenden stellen wir drei Walarten vor, die in der Arktis vorkommen - einschließlich der Regionen, in denen Norwegen mit dem Tiefseebergbau beginnen will.
Der Nördliche Entenwal
Der Nördliche Entenwal, auch liebevoll als Dögling bezeichnet, ist ein bemerkenswerter Schnabelwal, der für sein unverwechselbares Aussehen bekannt ist. Seine große, rundliche Stirn – die sogenannte Melone – ist nicht nur charakteristisch, sondern erfüllt auch eine wichtige Funktion. Mit ihrer Hilfe navigiert dieser Schnabelwal durch die dunklen Tiefen des Ozeans, kommuniziert mit seinen Artgenossen und findet seine Nahrung, wie etwa Tintenfische, die er geschickt am Meeresboden aufspürt. Die Welt der Geräusche ist für den Nördlichen Entenwal von größter Bedeutung. Mit einer vielfältigen Palette an Rufen tauscht er sich mit anderen Walen aus und nutzt Echoortungslaute, um sich in der Dunkelheit der Tiefsee zurechtzufinden. Doch gerade diese akustische Sensibilität macht ihn auch besonders anfällig für Störungen.
Leider ist der Zustand der Entenwalpopulation ungewiss. In der Vergangenheit durch den Walfang dezimiert, sind diese Wale heute durch Umweltverschmutzung und vom Menschen verursachten Lärm bedroht. Studien zeigen, dass sie sehr empfindlich auf akustische Störungen durch Aktivitäten wie militärische Sonare und seismische Tests für Öl- und Gasbohrungen reagieren. Wenn in der Norwegischen See mit dem Tiefseebergbau begonnen wird, könnte dies schwerwiegende Folgen für diese schallabhängigen Lebewesen haben. Daher ist eine kontinuierliche Forschung unerlässlich, um die Wissenslücken zu schließen und zum Schutz dieser kaum erforschten Art beizutragen.
Pottwale
Pottwale (siehe Foto oben) heißen auf englisch Sperm Whales und haben den Namen von der einzigartigen Substanz namens Spermaceti (auch Walrat oder Weißer Amber). Diese wachsähnliche Substanz, die früher in Kerzen und Kosmetika verwendet wurde, dient als Auftriebshilfe und kann dem Druck während tiefer Tauchgänge zur Nahrungssuche standhalten. Sie befindet sich den großen, viereckigen Köpfen der Wale. Apropos Kopfform: Diese gibt in Deutschland dem Wal ihren Namen, denn “Pott” ist plattdeutsch und bedeutet “Topf”, und man fand, der Kopf sehe aus wie ein Topf. Etwas despektierlich, in Wahrheit bietet die Form Platz für das größte Gehirn aller Tiere auf der Erde.
Pottwale sind in der Lage, so tief zu tauchen wie kaum ein anderes Lebewesen. In den dunklen Tiefen des Ozeans nutzen sie ein leistungsfähiges Sonar, um nach Nahrung zu suchen und zu navigieren, wobei sie Klicklaute zur Echoortung und zur Kommunikation untereinander erzeugen. Die Klickgeräusche sind mit dem Morsealphabet vergleichbar. Pottwal-Gruppen haben einen einzigartigen Kommunikationsstil, der sogar regionale Akzente aufweist.
Pottwale sind eine kosmopolitische Art und leben in allen Weltmeeren, von der Arktis bis zur Antarktis. Die Weibchen und Jungtiere leben in gemäßigten und tropischen Gewässern, während die Männchen polare Gewässer bevorzugen und zur Fortpflanzung in wärmere Gewässer wandern. Sie verfügen über einen einzigartigen Verteidigungsmechanismus gegen Raubtiere (etwa Schwertwale und Haie): Sie legen ihre Köpfe dicht beieinander und strecken ihre Schwänze aus, wie die Speichen eines Rades, so das die gefährdeten Kälber in der Mitte geschützt werden.
Die Pottwalpopulationen, die während der Ära des industriellen Walfangs stark bejagt wurden, haben sich noch nicht vollständig erholt. Heute sind sie durch menschliche Aktivitäten bedroht, etwa durch Zusammenstöße mit Schiffen, weggeworfene Fanggeräte wie Fischereinetze und Leinen, Plastikverschmutzung und Lärm. Pottwale werden von der International Union for the Conservation of Nature (IUCN) weltweit und im Mittelmeer als gefährdet eingestuft.
Der Buckelwal
Buckelwale gehören zu den bekanntesten und beliebtesten Walen der Welt. Sie sind leicht an den markanten Höckern auf ihrem Kopf, den Falten entlang ihres Mauls und ihren spektakulären akrobatischen Kunststücken und Lautäußerungen zu erkennen. Diese Wale zeigen oft ein ausgeklügeltes Verhalten an der Oberfläche, wie das laute Aufschlagen beim Springen und Schwanzschlagen, das weithin sichtbare Spritzer erzeugt. Buckelwale machen die längsten Wanderungen aller Säugetiere der Welt.
Buckelwale geben eine breite Palette von Lauten von sich, darunter Stöhnen, Schreie, Quitschen und sogar Schnarchen, und kreieren damit „Lieder“. Die Wissenschaft erforscht noch immer, wie sich diese Gesänge im Laufe der Zeit und in verschiedenen Populationen verändern. Es wird angenommen, dass viele Rufe eine Rolle bei der Balz spielen, andere sind Rufe zwischen Müttern und Kälbern.
Diese Wale nutzen auch faszinierende Jagdstrategien. Eine dieser Techniken ist als „Blasennetz-Technik“ bekannt, bei der Buckelwale gemeinsam Blasen abgeben, um einen kreisförmigen Vorhang oder ein "Netz" zu erzeugen und damit Fischschwärme zu fangen.
Buckelwale leben in allen Ozeanen und unternehmen ausgedehnte Wanderungen zwischen ihren sommerlichen Nahrungsgründen in der Nähe der Arktis und Antarktis und ihren wärmeren winterlichen Brutgebieten in den Tropen. Vor ihren Wanderungen müssen sie sich intensiv ernähren, um Energiereserven zu bilden.
Wie viele andere Walarten wurden auch Buckelwale zu kommerziellen Zwecken stark bejagt, was zu einem drastischen Rückgang ihrer Population führte. Seit dem Verbot des kommerziellen Walfangs haben sich viele Buckelwalpopulationen jedoch deutlich vom Rande der Ausrottung erholt.
Jetzt helfen, die Heimat der Wale zu schützen
Greenpeace hilft gemeinsam mit Unterstützenden auf der ganzen Welt, die majestätischen Wale vor der Bedrohung durch Menschen zu schützen. Wir setzen uns für streng geschützte Meeresschutzgebiete ein, in denen Wale sicher leben können, und dafür, dass der zerstörerische Tiefseebergbau nicht ihre empfindlichen natürlichen Lebensräume zerstört.
Im August dieses Jahres brachten Greenpeace International, Nordic und Deutschland Forschende in ein Gebiet in der Arktis, in dem Norwegen den Tiefseebergbau erlauben will. Sie führten visuelle und akustische Erhebungen der örtlichen Wale (Wale und Delfine) durch, insbesondere von Pottwalen und Großen Tümmlern. Die Ergebnisse zeigen, welche Walarten in Gebieten leben, die unwiderruflich zerstört werden könnten, wenn die Öffnung der Arktis für den Tiefseebergbau zugelassen werden sollte. Sie können uns bei unserer Mission helfen - beispielsweise mit einer Unterschrift unter unsere Tiefseebergbau-Petition oder einer Spende.