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Illustration of a Deep Sea Mining Machine
© Jack Cowley / Greenpeace

Tiefseebergbau

Raubbau an den Geheimnissen der Meere

Sinnlos, naturfeindlich und garantiert nicht nachhaltig. 

Tiefseebergbau ist für den Umstieg auf Elektromobilität nicht notwendig. Und doch rückt die neue Form der Meeresausbeutung näher. Warum das keine gute Idee ist.

Früher tauchten Schatzsuchende zum Meeresgrund, um versunkene Truhen, gefüllt mit Golddukaten, Edelsteinen und Schmuck, zu bergen. Heute ist der Meeresgrund selbst Ziel eines neuen Goldrausches geworden: Die Tiefseebergbau-Industrie will dort seltene Metalle abbauen. Ihr Argument: Wir brauchen diese Metalle, um die Elektromobilität voranzubringen. 

Das ist wichtig für die Verhandlungen der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) im März 2025

Aktuelle Entwicklungen

Text

Mining Code und Umgang mit Abbauanträgen

Diese Sitzung des Rats der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) ist ein entscheidender Moment für den Schutz der Tiefsee vor dem drohenden Bergbau. Es ist die erste Ratssitzung, die von der neuen Generalsekretärin Leticia Carvalho begleitet wird. Außerdem ist es die letzte Sitzung des UN-Gremiums vor dem erneuten Auslaufen der Zwei-Jahres-Regel im Juli 2025. Auf der Agenda stehen Diskussionen zu einem Mining Code (ein Regelwerk für Tiefseebergbau) und der Umgang mit dem ersten Abbauantrag, den das kanadische Unternehmen The Metals Company am 27. Juni 2025 einreichen will. 

Sollte bis dahin kein Regelwerk verabschiedet werden, könnte die ISA gezwungen sein, den ersten industriellen Tiefseebergbau zu genehmigen – ganz ohne ein Regelwerk, den sogenannten Mining Code. Greenpeace lehnt Tiefseebergbau unter allen Umständen ab. Der Start des Tiefseebergbaus ist ein gefährlicher Präzedenzfall, bei dem irreversible Folgen für eines der letzten unberührten Ökosysteme der Erde zu befürchten sind. Wissenschaftler*innen haben herausgefunden, dass sich der Meeresgrund auch nach Jahrzehnten nach einem Eingriff nicht erholt hat – die Warnungen aus der Wissenschaft dürfen nicht länger ignoriert werden: „Der deutliche Mangel an Erholung, den wir am DISCOL-Standort beobachtet haben, sollte als Warnung vor dem tatsächlichen Störpotenzial des kommerziellen Bergbaus im tiefen Ozean verstanden werden, das wir noch lange nicht vollständig verstehen“, sagt der NOC-Wissenschaftler Dr. Erik Simon-Lledo, Hauptautor der Studie.

Erster Abbauantrag für Tiefseebergbau: 

Mining Code

  • Diskussionen um den Mining Code stehen bis zum 26. März täglich auf der AGENDA, ab dem 27. März soll es dann um einen Textentwurf und die nächsten Schritte gehen.
  • Der Mining Code ist hoch umstritten. Die aktuelle Version von November 2024 enthält über 2000 strittige Passagen, unter anderem zu Umweltverträglichkeitsprüfungen, regionalen Managementplänen, Test Mining und der Einbindung der Öffentlichkeit.
  • Dennoch versuchen Befürworter des Tiefseebergbaus, den Eindruck zu vermitteln, das Regelwerk sei fast abgeschlossen. Ein besorgniserregender Vorstoß ist der Versuch, zentrale Inhalte in ein unverbindliches „Guideline Document“ auszulagern – womöglich, um den Fortschritt der Verhandlungen zu suggerieren, ohne verbindliche Umweltauflagen zu schaffen.
  • Zudem bleibt unklar, wer die aktuellen Kommentare im Text verfasst hat und warum Passagen zu  Schutzmaßnahmen für die Meeresumwelt entfernt wurden.
  • Bereits 32 Staaten fordern ein Moratorium oder eine vorsorgliche Pause für Tiefseebergbau – ein klares Signal, dass die Weltgemeinschaft nicht bereit ist, die Risiken dieser Industrie zu akzeptieren. 

Die ISA steht vor einer grundlegenden Entscheidung: Lässt sie sich weiter von der Industrie treiben oder stellt sie endlich den Schutz der Tiefsee in den Mittelpunkt? Angesichts der unübersehbaren Risiken ist klar: Ein umweltschonendes Regelwerk für Tiefseebergbau kann es nicht geben, weil dieser unter allen Umständen mit immensen Schäden verbunden wäre. Statt fragwürdige Abbaubedingungen zu verhandeln, muss die ISA ihrer Verantwortung nachkommen, die Tiefsee zu schützen und Tiefseebergbau stoppen, bevor er überhaupt beginnt.

Online-Mitmachaktion

https://act.greenpeace.de/tiefsee

SOS für die Tiefsee

In der Tiefsee soll Unfassbares passieren: Für den Abbau von Metallen und seltenen Erden soll der Meeresgrund durchfräst und so einzigartige Ökosysteme zerstört werden. Fordern Sie die Bundesregierung auf, sich klar für ein Moratorium auszusprechen!

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SOS Tiefsee

Tiefseebergbau oder Stopp? Was 2025 für unsere Ozeane bedeutet

Bisher gibt es noch keinen  kommerziellen Tiefseebergbau (engl. Deep Sea Mining), das kann sich aber demnächst ändern: Für Gebiete in Papua-Neuguinea, Ozeanien und im Roten Meer gibt es bereits Abbaulizenzen. Und im Januar 2024 hat Norwegen durch das Parlament beschlossen, Tiefseebergbau in der Arktis voranzutreiben. Die meisten Tiefseegebiete befinden sich aber außerhalb der Zuständigkeitsbereiche einzelner Länder. Hier können Unternehmen bisher nur Erkundungslizenzen beantragen, weil diese Gebiete niemandem gehören – und damit uns allen. Verwaltet werden sie von der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA).

Die International Seabed Authority (ISA) ist die zuständige internationale Organisation für die Regulierung des Tiefseebergbaus. Sie wurde 1994 durch das Übereinkommen der Vereinten Nationen über das Recht des Meeres (UNCLOS) eingerichtet und hat die Aufgabe, die Aktivitäten im Tiefseebergbau zu überwachen, zu verwalten und zu regulieren. Für den drohenden Start des Tiefseebergbaus in den Weltmeeren sind die Verhandlungen des ISA-Rats entscheidend. 36 Länder sind im Rat organisiert, darunter auch Deutschland. Die Mitglieder des Rats werden von der Versammlung gewählt und wechseln nach einigen Jahren. 

Seit Sommer 2023 können Staaten Anträge auf kommerziellen Tiefseebergbau stellen, auch wenn keine verbindlichen Regelungen und Umweltrichtlinien existieren, wie Tiefseebergbau überhaupt stattfinden kann. 2023 hatte sich die ISA gegen eine mögliche Ablehnung aller Abbauanträge entschieden und stattdessen  eine verbindliche, dauerhafte Entscheidung auf den Sommer 2025 verschoben. Diesen Sommer könnte die ISA also eine Entscheidung treffen, die unwiderrufliche Zerstörungen in den Tiefsee-Ökosystemen auslöst – es bleibt die letzte Chance, den Tiefseebergbau zu stoppen und diese einzigartigen Lebensräume zu bewahren.

Deutschlands widersprüchliche Strategie beim Tiefseebergbau 

Deutschland fordert bei der Internationalen Meeresbodenbehörde eine vorsorgliche Pause für Tiefseebergbau. Seit 2006 läuft jedoch ein großangelegtes Projekt zur Erkundung polymetallischer Manganknollen in der Clarion-Clipperton-Zone (CCZ) im Pazifik, koordiniert von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Am 15. Januar 2025 hat die BGR einen Blogpost auf ihrer Webseite veröffentlicht, der diesen Prozess konkretisiert und das Ziel formuliert, zusammen mit der Firma Impossible Metals im Januar 2026 einen Abbautest im Pazifik durchzuführen. Für Greenpeace steht das Vorhaben im Widerspruch zu Deutschlands erklärten umweltpolitischen Zielen und birgt erhebliche Risiken für fragile Tiefseeökosysteme. 

Auch wenn neben einem Maschinentest der Firma Impossible Metals durch die BGR die Umweltauswirkungen erforscht werden, zielt dieser Test ganz klar auf eine zukünftige Nutzung von Ressourcen aus der Tiefsee ab. Deutschland hat der Einreichung einer Umweltverträglichkeitserklärung bei der ISA zugestimmt. Das bedeutet: Deutschland fordert bei der ISA eine vorsorgliche Pause für den Tiefseebergbau und unterstützt nun aber einen Abbautest im Pazifik. Ende Februar 2025 haben die BGR und Impossible Metals bekannt gegeben, dass der Abbautest verschoben wird. Laut Impossible Metals können sie ihre Technologie aufgrund von finanziellen Problemen nicht rechtzeitig fertigstellen. Die Tests sollen nun 2027 oder 2028 durchgeführt werden. 

Daniela Herrmann
Deutschland fährt einen Schlingerkurs beim Tiefseebergbau. Zwar fordert die Bundesregierung offiziell eine vorsorgliche Pause, jedoch treibt sie weiterhin Abbautests voran. Eine ‚vorsorgliche Pause‘ sollte nicht als Alibi dafür dienen, den Tiefseebergbau zukunftsfähig zu machen. Sie muss eine klare Entscheidung für Tiefseeforschung statt Tiefseebergbauforschung sein und den sofortigen Beginn aller Maßnahmen zum Schutz des fast unbekannten Ökosystems fordern.

Daniela Herrmann

Greenpeace-Meeresexpertin

Daniela Herrmann
Zitat
Deutschland fährt einen Schlingerkurs beim Tiefseebergbau. Zwar fordert die Bundesregierung offiziell eine vorsorgliche Pause, jedoch treibt sie weiterhin Abbautests voran. Eine ‚vorsorgliche Pause‘ sollte nicht als Alibi dafür dienen, den Tiefseebergbau zukunftsfähig zu machen. Sie muss eine klare Entscheidung für Tiefseeforschung statt Tiefseebergbauforschung sein und den sofortigen Beginn aller Maßnahmen zum Schutz des fast unbekannten Ökosystems fordern.

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Daniela Herrmann
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Greenpeace-Meeresexpertin
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Erst im Juli 2024 zeigte eine Studie verschiedener Institute (unter anderem des Geomar, der Universität Bremen und sogar auch der BGR), dass Manganknollen eine wichtige Rolle für die Sauerstoffproduktion spielen könnten, und unterstreicht ihre essentielle Funktion im Ökosystem. Diese Studie lieferte einen neuen Beweis dafür, dass Tiefseebergbau ein industrieller Blindflug ist. 

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Sauerstoff in der Tiefsee

Kurz und Knapp

Neue Studie zeigt: In der Tiefsee kann Sauerstoff entstehen. Manganknollen sind in der Lage, “Dark Oxygen” zu produzieren. Der Industrie gefällt das nicht.

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10 unglaubliche Fakten über die Tiefsee

Nachricht

Die Tiefsee ist der größte Lebensraum der Erde. Zehn interessante Fakten über dieses mysteriöse Ökosystem - und was wir gegen seine Ausbeutung tun können.

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Lions Mane Jellyfish

Hydrothermalfeld "Lost City" in der Tiefsee des Mittel-Atlantischen Rückens

Was ist die Tiefsee?

Die Tiefsee ist eine wahre Wunderwelt und steckt voller unentdeckter Geheimnisse. Sie ist der größte Lebensraum der Erdeund beherbergt eine Vielfalt an Lebensformen. Von schillernden Kreaturen bis zu unbekannten Welten – in der Tiefsee tummeln sich unglaubliche Unterwasserwunder. Mit einer Fläche von mehr als 300 Millionen Quadratkilometern ist sie größer als alle Kontinente zusammen und macht mehr als 80% des gesamten Meeresraumes aus. Gleichzeitig ist sie der am wenigsten erforschte Lebensraum der Erde – wir wissen sogar mehr über den Mond als über unsere Tiefsee. 

In den Tiefen der Meere herrscht völlige Finsternis, weil das Licht der Sonne nicht in die tiefen Wasserschichten vordringen kann. Hier wachsen keine Pflanzen und die Temperaturen liegen bei ca. 4°C oder darunter. Mit zunehmender Tiefe steigt auch der Druck, sodass in 10.000 Metern Tiefe das Gewicht von rund einer Tonne auf jedem Quadratzentimeter lastet. Daher ging die Wissenschaft bis Mitte des 19. Jahrhunderts davon aus, dass die Tiefsee ein unbewohnter, lebloser Ort sei. Doch dann entdeckten Forschende Tiere an einem Telegraphenkabel in 1800 Meter Tiefe. Seitdem nimmt die Zahl der gefundenen Lebewesen ständig zu, sodass wir heute wissen: Durch die besonderen Bedingungen in der Tiefsee haben sich hunderttausende Arten entwickelt, die es so wie hier, nirgendwo sonst auf der Welt gibt. Ihrem eigentümlichen Aussehen und ihren besonderen Fähigkeiten haben sie auch ihre Namen zu verdanken: Vampirtintenfisch, Anglerfisch oder die Seefledermaus. Pottwale tauchen in bis zu 3000 Meter Tiefe, um hier Riesenkalmare zu jagen, jene “Seeungeheuer”, über die jahrhundertelang Seemannsgarn gesponnen wurde. In den allertiefsten Gräben finden sich vor allem Mikroorganismen, aber auch Muscheln, Borstenwürmer und Seegurken. 

  • Biodiversity NOAA

    Tiefsee-Qualle

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  • Deep sea creatures - Deep sea Sea urchin

    Tiefsee-Seeigel (Coelopleurus sp.)

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  • Deep sea creatures - Whipnose angler

    Peitschennasen-Anglerfisch (Gigantactis vanhoeffeni). Dieser Tiefseefisch hat einen vergrößerten Flossenstrahl, an dessen Ende sich Leuchtzellen befinden.

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  • Deep sea creatures - Lanternfish

    Tiefsee-Laternenfisch (Lepidophanes guentheri) mit einem Muster aus paarweise angeordneten lichterzeugenden Zellen (Photophoren), die sich entlang der Bauchseiten und am Kopf befinden.

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Sea Angel

Weil in der Tiefsee aufgrund des Sonnenlichtmangels keine Pflanzen wachsen, ernähren sich die Lebewesen von organischem Material, das aus den höheren Schichten herabsinkt. Der sogenannte “Meeresschnee” besteht aus Überresten  von Meereslebewesen, die sich zu Flockenvon einigen Zentimetern Durchmesser verbinden und in die Tiefe “schneien”. 

Trotz des fehlenden Sonnenlichts ist es in der Tiefsee nicht unbedingt stockdunkel. Ähnlich wie Glühwürmchen scheinen rund 90 Prozent der Tiefseebewohner in der Lage zu sein, ihr eigenes Licht zu erzeugen. Ein prominentes Beispiel dieser sogenannten Biolumineszenz ist der Anglerfisch, an dessen Kopf ein angelähnlicher Fortsatz wächst. Der “Köder” leuchtet und lockt so Beute an, während der Anglerfisch im Dunkeln verborgen bleibt. Wissenschaftler:innen gehen davon aus, dass wir die meisten Arten, die in der Tiefsee leben, noch gar nicht kennen. Tiefseebergbau könnte also tausende Arten ausrotten, bevor wir sie überhaupt entdeckt haben., 

Die Tiefsee ist außerdem von großer Bedeutung für das Gleichgewicht des gesamten Ökosystems der Erde und spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulation des Klimas. Als wichtige Kohlenstoffsenke, nimmt sie langfristig große Mengen an Kohlenstoff auf, wodurch sie das globale Klima beeinflusst. Veränderungen in der Tiefsee können sich also auch auf andere Ökosysteme auswirken und sogar über Jahrtausende hinweg spürbar sein. Wenn wir die Prozesse in der Tiefsee durch den Bergbau stören, könnten sich die Ökosysteme nur sehr langsam oder möglicherweise gar nicht erholen. 

Metalle aus der Tiefsee – umkämpft und bedroht

In der Tiefsee können die folgenden Stoffe gefunden werden: Mangan, Nickel, Molybdän, Kobalt, Yttrium, Tellur und Thallium sowie verschiedene weitere Metalle wie Vanadium, Lithium, Wolfram und Wismut. Die Batterien von Elektroautos benötigen große Mengen an Lithium, Kobalt, Nickel und Mangan. Windkraftanlagen und Photovoltaik brauchen große Mengen an Kupfer. Für die Herstellung und Speicherung von Wasserstoff ist Nickel essentiell. Die Krux ist: Nicht alles, was in den Manganknollen enthalten ist, kann auch herausgelöst werden.

Manganknollenabbau-Maschine Patania II vom Tiefseebergbauunternehmen Global Sea Mineral Resources (GSR) eingesetzt im Pazifik.

An der Wasseroberfläche ist Tiefsee-Sediment zu sehen, das aus der Manganknollenabbau-Maschine Patania II stammt. Diese wird vom Tiefseebergbauunternehmen Global Sea Mineral Resources (GSR, Tochtergesellschaft des belgischen Unternehmens DEME), nach einem Abbautest im Pazifik geborgen.

Wie funktioniert Tiefseebergbau?

Tiefseebergbau (oder engl. Deep Sea Mining) bezeichnet die Förderung von Rohstoffen, in der Regel Metalle, ab einer Tiefe von 800 Metern. Dafür sollen gigantische, ferngesteuerte Maschinen, die Planierraupen ähneln, zum Einsatz kommen. Sie können dem enormen Wasserdruck standhalten und werden auf den Meeresgrund herabgelassen. Hier entfernen sie die oberste Schicht und sammeln die begehrten Manganknollen aus dem Sediment. Diese werden dann durch ein Steigrohrsystem zu einem Schiff an die Wasseroberfläche gepumpt und zur weiteren Bearbeitung an Land transportiert.

Das sind die Argumente der Tiefseebergbauindustrie

Argument Nummer 1: “Eine Batterie in einem Stein - Manganknollen sind der sauberste Weg hin zu Elektrofahrzeugen”, schreibt das Unternehmen “The Metal Company” auf seiner Webseite. Laut Schätzungen der Metallindustrie werden die Vorräte der benötigten Metalle für die Energiewende, beispielsweise für Batterien von Elektroautos, in den irdischen Minen in den kommenden Jahrzehnten erschöpft sein.

Der Gegencheck: Brauchen wir Tiefseebergbau für Elektroautos, Batterien, etc. wirklich?

Greenpeace hat eine Studie beim Öko-Institut in Auftrag gegeben, die untersucht, ob Tiefseebergbau wirklich für die Energiewende gebraucht wird. 

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Metalle aus der Tiefsee nicht benötigt werden. Zentrale und seltene Batterie-Rohstoffe wie Lithium und Graphit können aus den in der Tiefsee vorhandenen Manganknollen nicht gewonnen werden: Einerseits enthalten sie kein Graphit. Andererseits ist Lithium nur in solch geringen Mengen enthalten, dass sich ein Herauslösen wirtschaftlich überhaupt nicht lohnen würde. 

Zwar könnten relevante Kobalt- und Nickelmengen aus den Manganknollen gewonnen werden – aber realistischerweise erst nach 2030. Die Entwicklung der Technologien wird in Zukunft das Metall in Batterien durch günstigere und verfügbare Metalle (Mangan, Eisen und Phosphate) ersetzen - teilweise ist dies bereits der Fall. In China steigt die Nachfrage, auch Tesla experimentiert mit nickel- und kobaltfreien Batterien.  Der Marktanteil von diesen sogenannten LFP (Lithium-iron-phosphate)-Batterien ist von etwa 5 % im Jahr 2019 auf etwa 30 % im Jahr 2022 gestiegen und hat bereits viele Nickel- und/oder Kobaltbatterien in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum ersetzt. 

Das liegt auch daran, dass beispielsweise die Kosten für Kobalt in den letzten Jahren rapide gestiegen sind: Sie haben sich vom Jahr 2021 aufs Jahr 2022 mehr als verdoppelt. Das macht den Rohstoff für die Verkäufer:innen interessant, Kaufende aber schauen sich nach Alternativen um. Da der Trend sich vom Kobalt weg und hin zu anderen Metallen entwickelt, ist sein Nutzen für den Ausbau der E-Mobilität zeitlich begrenzt. 

Auch Mangan könnte aus den Knollen gewonnen werden. Das Metall ist aber verfügbarer und günstiger, und eine erhöhte Nachfrage für Batterien hätte nur sehr begrenzte Auswirkungen auf den Weltmarkt für diese Rohstoffe. Für die Batterieherstellung ist im Bezug auf Mangan keine Knappheit zu erwarten. 

Fazit: Die Tiefseebergbau-Industrie kann sich mit Kobalt und auch Nickel aus den Manganknollen in den kommenden Jahren eine goldene Nase verdienen - beispielsweise in der Stahlproduktion. Der Bedarf für Elektroautos und eine grüne Verkehrs- und Energiewende lässt sich auch ohne Ausbeutung der Tiefsee decken.

Argument Nummer 2: Manganknollen können umweltschonend und “sauber” “geerntet” werden, denn: Sind die Maschinen einmal auf dem Meeresgrund, können sie die Knollen ganz leicht aus der obersten dünnen Schicht aufsammeln und an die Oberfläche pumpen.

Der Gegencheck: Können Manganknollen umweltschonend gesammelt werden?

Nein. Im Gegensatz zu den Behauptungen der Tiefseebergbau-Lobby schadet das Vorhaben dem Ökosystem massiv: Einerseits sind die Manganknollen ein essenzieller Bestandteil eines kaum erforschten Ökosystems. Andererseits können sie dem Meeresboden nicht ohne Auswirkungen entnommen werden. 

Um die Manganknollen einzusammeln, saugen die Tiefsee-Planierraupen die obersten 10 cm des Meeresbodens auf und filtern die Knollen heraus. Mit Ausnahme von ein paar Bakterien, die tiefere Schichten bewohnen, befinden sich alle Lebewesen des Meeresbodens in dieser obersten Schicht. Heißt: Zerstören wir diese Schicht, zerstören wir praktisch das gesamte Ökosystem in dem Abbaugebiet. Und das in keinem geringen Maße: Pro 5.000 Tonnen abgebauten Manganknollen muss rund ein Quadratkilometer Meeresboden abgebaut werden. Damit würden Tausende von entdeckten und unentdeckten Arten in kürzester Zeit ausgelöscht. 

Durch den Abbau wird das Sediment des Bodes aufgewirbelt, das sich nur langsam wieder absetzt. Damit wird das Wasser getrübt und auch für die Nicht-Bodenlebewesen für eine unbestimmte Zeit unbewohnbar. Die Staubwolke driftet außerdem in andere intakte Gebiete, setzt sich dort ab, sodass die Bodenlebewesen dort zu ersticken drohen

Wie sehr die Entnahme der Knollen dem Ökosystem zusetzt, zeigt eine Langzeitstudie, die im Jahr 1989 startete: Vor Peru wurde ein Stück des Tiefsee-Meeresboden umgepflügt. Untersuchungen seitdem zeigen, dass sich das Ökosystem in den letzten drei Jahrzehnten immer noch nicht erholt hat. Wissenschaftler:innen gehen davon aus, dass es Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende dauern wird, bis sein ursprünglicher Zustand wiederhergestellt ist. 

Zudem zeigt eine neue Studie von Greenpeace: Tiefseebergbau würde 30 verschiedene Walarten durch Lärm, Lebensraumzerstörung und Abnahme ihrer Beutetiere gefährden.

Die Tiefsee und der Meeresboden spielen eine zentrale Rolle als Speicher von CO2 im Klimakrise. Das vom Meer aufgenommene CO2 sinkt durch die sogenannten Kohlenstoffpumpen in die Tiefen und wird dort teilweise im Sediment eingelagert. Wühlen die Tiefsee-Planierraupen das Sediment auf, wird das Treibhausgas wieder freigesetzt und die Ozeane versauern noch stärker. Wissenschaftler:innen des ‘International Programme on the State of the Oceans’ haben vor kurzem gewarnt: Jeder Schaden, der durch menschliche Aktivitäten in der Tiefsee verursacht wird, würde mit den Auswirkungen des Klimawandels interagieren und diese verschärfen. Die Widerstandsfähigkeit der Tiefseetiere und -ökosysteme würde so noch weiter verringert werden. 

Fazit: Tiefseebergbau zerstört an Ort und Stelle den Meeresboden und dessen Ökosystem sowie das Leben in der näheren Umgebung. Zusätzlich bedroht er unzählige schwimmende Meeresbewohner, deren Lebensraum teilweise kilometerweit entfernt durch Sedimentwolken, Lärm, Versauerung der Meere und Abnahme der Beutetiere unbewohnbar wird. Der Schaden, der durch Tiefseebergbau verursacht wird, würde mit den Auswirkungen des Klimawandels interagieren und diese verschärfen.

Argument Nummer 3: Tiefseebergbau verhindert Menschenrechtsverletzungen, denn: Der Metallabbau in den irdischen Minen geht häufig mit Menschenrechts- oder Landrechtsverletzungen (beispielweise Kinderarbeit im Kongo), Umweltzerstörung und hohen Emissionen einher.

Der Gegencheck: Verhindert Tiefseebergbau Menschenrechtsverletzungen? 

Zunächst: Die Tiefsee gehört als ‘Erbe der Menschheit’ allen Menschen. Daher tritt es die Rechte aller Menschen mit Füßen, wenn Unternehmen den Meeresboden für den eigenen Profit zerstören. Des Weiteren: Ein Unrecht darf nicht gegen ein anderes aufgewogen werden.  Vor allen Dingen: Kinderarbeit und Landraub müssen dringend und generell abgeschafft werden. Hier hilft nur ein starkes Lieferkettengesetz, das Menschenrechtsverletzungen verbietet.

Greenpeace Studie: Die Jagd nach Metallen in der Tiefsee

Greenpeace Studie: Die Jagd nach Metallen in der Tiefsee

Metalle aus der Tiefsee werden nicht für einen Wandel hin zu E-Mobilität und Grünen Technologien benötigt. Diese Studie entkräftet die Greenwashing-Argumente der Tiefseebergbau-Lobby.

Anzahl Seiten: 26

Dateigröße: 1.32 MB

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MY Arctic Sunrise Arrives in Kingston

Das Greenpeace-Schiff Arctic Sunrise vor der Hauptstadt Kingston, Jamaika, wo im regelmäßig die Tagungen der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) stattfinden.

Wenn nicht Tiefseebergbau, was dann?

Die Antwort lautet: Kreislaufwirtschaft, alternative Technologien und weniger Konsum. Der steigende Bedarf von Metallen kann langfristig nur gedeckt werden, wenn wir mehr Energie in Recycling stecken. Hierfür ist Ökodesign unverzichtbar, das heißt: Recycling muss bereits bei der Herstellung und im Design des Produkts (etwa der E-Autos) mitbedacht sein. Aktuell können viele Metalle nur unter hohem Aufwand recycelt werden. Echtes Recycling bedeutet, in die Technologien für die Rückgewinnung beispielsweise auch von Lithium zu investieren. Das ist bereits möglich, wird aber noch viel zu wenig angewendet. Auch müssen kaputte Geräte, wie Smartphones, die auch Lithium und andere Metalle enthalten, einfacher repariert werden können, damit Alternativen zum Neukauf bestehen. 

Zum Weiterlesen

Greenpeace projiziert Botschaften von Menschen aus aller Welt auf den Svea-Gletscher in Spitzbergen. Mit Videos fordern Prominente wie der schwedische Schauspieler Gustaf Skarsgård und die südafrikanische Schauspielerin Amanda du-Pont den norwegischen Ministerpräsidenten Jonas Gahr Støre auf, die Pläne für den Tiefseebergbau in den arktischen Gewässern Norwegens zu stoppen.

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Greenpeace war mit den Schiffen Witness und Arctic Sunrise im Nordatlantik unterwegs, um das von Norwegen für Tiefseebergbau vorgesehene Gebiet zu untersuchen und sich für seinen Schutz einzusetzen.

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Die Norwegische See ist ein Hotspot der Artenvielfalt. Doch jetzt plant die norwegische Regierung, dortige Gebiete für Tiefseebergbau zu öffnen. Drei Walarten, die das gefährden könnte.

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Sauerstoff in der Tiefsee

Kurz und Knapp

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