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Bei Angra 3 handelt es sich um einen veralteten Reaktortyp, der obendrein an einem unsicheren Standort gebaut werden soll. Wer es ernst meint mit der nuklearen Sicherheit, muss zu diesem Projekt Nein sagen, erklärt Heinz Smital, Atomphysiker bei Greenpeace. Atomgeschäfte mit Entwicklungs- und Schwellenländern weisen ein besonderes Gefahrenpotential auf und gehören von der Bürgschaftsvergabe ausgeschlossen.
Die Bauarbeiten für Angra 3 begannen in den 1980er Jahren, wurden jedoch schon nach kurzer Zeit abgebrochen: wegen finanzieller Schwierigkeiten und Sicherheitsbedenken. Unter Präsident Lula wurden die alten Pläne wieder aus der Schublade geholt und deutsche Finanzhilfe angefragt. Für Kredite in dieser Höhe – es geht um hunderte Millionen Euro - fordern die Banken eine Hermes-Bürgschaft der Bundesregierung. Areva/Siemens, die das AKW bauen, hatten deshalb bereits 2002 eine Bürgschaft beantragt. Bis vor kurzem schlossen die Hermes-Richtlinien die Finanzierung von AKW-Neubauten aber ausdrücklich aus.
Nach der Bundestagswahl 2009 kam die Wende. Der französisch-deutsche Atomkonzern erneuerte seinen Bürgschaftsantrag und die neue Regierung aus CDU/CSU und FDP änderte kurzerhand die Richtlinien. Der Interministerielle Ausschuss (IMA), der einstimmig über die Vergabe von Hermes-Krediten entscheiden muss, winkte den Areva-Antrag durch. Im Ausschuss sind das Finanz- und das Wirtschaftsministerium, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie das Auswärtige Amt vertreten.
Damit zementiert die Bundesregierung das, was sie hierzulande eine Brückentechnologie nennt, in einem Schwellenland als Zukunftstechnologie. Noch dazu eine, die völlig veraltet ist: Angra 3 wäre in Westeuropa heute gar nicht mehr genehmigungsfähig. Zudem ist der Standort erdbeben- und erdrutschgefährdet. Die Entsorgung des Atommülls ist ein Skandal für sich. Die Abfälle werden unter Wasser in sogenannten blauen Schwimmbecken gelagert.
Hinzu kommt, dass Brasilien keine unabhängige Atomaufsicht hat. Die CNEN (Comissao Nacional de Energie Nuclear) ist sowohl für die Förderung als auch für die Kontrolle der Atomkraft zuständig. Eine solche Struktur entspricht nicht einmal brasilianischem Recht geschweige denn europäischen Standards.
Ein Vorfall in der brasilianischen Uranmine Caetité in Bahia untermauert die Risiken dieser Verflechtung. Obwohl der staatliche Betreiber INB wusste, dass Brunnen kontaminiert sind, leitete er keinerlei Maßnahmen ein. Die Bevölkerung wurde nicht gewarnt. Erst nach einer Greenpeace-Aktion wurden die Brunnen geschlossen. Verwunderlich? Odair Dias Goncalves, der Vorstandsvorsitzende von INB, ist gleichzeitig Chef der Atombehörde CNEN.
All das reicht aus, um eine Bürgschaft strikt abzulehnen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, warum deutsche Steuerzahler für einen zu 66 Prozent französischen Firmenzusammenschluss haften sollen. Da Siemens Anfang 2012 aussteigen will, wird Areva ab diesem Zeitpunkt sogar ein hundertprozentig französisches Unternehmen sein.