Ein Jahr ohne Atom: “Der Ausstieg war die richtige Entscheidung”
- Ein Artikel von Georg Thanscheidt
- mitwirkende Expert:innen Saskia Reinbeck
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Vor einem Jahr ging mit Isar 2 das letzte AKW in Bayern vom Netz. Deutschland hat seitdem teuren Atomstrom durch günstigeren Strom aus erneuerbaren Energien ersetzt. Bayern allerdings hinkt - vor allem bei der Windkraft - hinterher. Warum das so ist und welche Rolle Wirtschaftsminister Aiwanger spielt, erläutert Saskia Reinbeck, Energieexpertin von Greenpeace in Bayern.
Seit dem 15. April 2023 ist die Atomkraft in Bayern Geschichte: Um kurz vor Mitternacht ging das Atomkraftwerk Isar 2 in Essenbach im Landkreis Landshut vom Netz. Tagsüber hatten diese Zeitenwende mehr als 1500 Menschen auf dem Münchner Odeonsplatz gefeiert - auf Einladung von Greenpeace in Bayern, Bund Naturschutz in Bayern und vielen anderen Anti-AKW-Initiativen. Zwölf Monate sind seitdem vergangen. Und während CSU-Politiker in dieser Zeit das Schreckgespenst eines “Kohlewinter” an die Wand malten oder die Renaissance der Atomkraft herbeireden wollten, hat Greenpeace nun einen Blick auf die Fakten geworfen. Und kommt in der Studie “Ein Jahr Atomausstieg in Deutschland” zu dem Schluss: Die Stromerzeugung in Deutschland verursacht im ersten Jahr ohne Atomstrom weniger Treibhausgase und ist günstiger und sicherer geworden. "Ein Jahr nach dem Ende der Atomenergie in Bayern zeigt sich der Ausstieg als richtige Entscheidung", sagt Saskia Reinbeck von Greenpeace in Bayern.
In Deutschland ist die Stromerzeugung laut Studie rund ein Viertel weniger klimaschädlich als vor dem Ausstieg: Der Anteil der Erneuerbaren ist gestiegen, der Anteil klimaschädlicher Kohle im Strommix ist deutlich gesunken. Teurer Atomstrom wurde durch Strom aus erneuerbaren Energien - vor allem aus Windkraft und Photovoltaik - ersetzt. Das sind die deutschlandweiten Entwicklungen seit dem 15.4.2023. Aber in Bayern ist das anders.
Nur fünf neue Windräder
Es ist nämlich absehbar, dass in Bayern der Wegfall des Atomstroms nicht durch den Ausbau erneuerbarer Energien ausgeglichen werden kann. Das ist kein Argument für Atomstrom, sondern ein Beleg für das Versagen der bayerischen Staatsregierung. Seit 2011 - als die unionsgeführte Bundesregierung den Atomausstieg beschlossen hatte - haben erst Seehofer und dann Söder den Ausbau der Erneuerbaren eher behindert statt befördert. Das Ergebnis: Im Jahr 2023 ist die erzeugte Strommenge im Freistaat mit 64 Terrawattstunden auf das Niveau Mitte der 80er Jahre des vorherigen Jahrhunderts (da war Isar 2 noch nicht einmal am Netz) gefallen.
Verschärft wird Bayerns Strom-Problem durch den Widerstand gegen Trassen, die Strom aus dem Norden bringen sollen - und durch eine langanhaltende Flaute beim Windkraft-Ausbau. Der Quasi-Stillstand in diesem Bereich liegt auch an Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Er ist seit 2018 für den Ausbau der erneuerbaren Energien im Freistaat zuständig.
Während es bei der Sonnenenergie in die richtige Richtung geht - 2023 wurde mit rund 3500 Megawatt so viel Leistung wie noch nie in einem Jahr hinzugebaut -, geht beim Wind wenig voran: So sind seit dem Atomausstieg nur fünf Windkraftanlagen mit zusammen nicht einmal 23 Megawatt Leistung in Bayern ans Netz gegangen. Laut einer aktuellen Studie, die das bayerische Wirtschaftsministerium selbst in Auftrag gegeben hat, müssten jährlich 767 Megawatt Windenergie ans Netz gehen, damit Bayern wie geplant ab 2040 klimaneutral wird. Das entspricht gut 150 neuen Windrädern pro Jahr.
Ein klimaneutrales Bayern ab dem Jahr 2040 - dieses Ziel haben sich Ministerpräsident Markus Söder und sein Koalitionspartner von den Freien Wählern für die Regierungsarbeit und ganz Bayern selbst gesteckt. Und daran müssen sie nun auch gemessen werden. Mit Blick auf die aktuellen Zahlen ist dieses Ziel mit dieser Staatsregierung nicht einmal ansatzweise zu erreichen.
Studie: 1 Jahr Atomausstieg
Anzahl Seiten: 21
Dateigröße: 1.06 MB
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