VW und andere Lügengeschichten
- Hintergrund
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VW hat manipuliert – was die Welt zu Recht empörte. Dabei ist der Konzern längst nicht der einzige Hersteller, der mit geschönten Zahlen wirbt. Nahezu die gesamte Autobranche täuscht Verbraucher mit falschen Zahlen: bei Abgasen wie auch beim Spritverbrauch.
Die Aufregung ist groß, dabei ist die Nachricht bekannt: Während VW beim Betrug erwischt wurde, führt uns nahezu die gesamte Autoindustrie mit Erlaubnis der Politik hinters Licht, schadet unserer Gesundheit, befeuert den Klimawandel. Sowohl bei giftigen Stickoxiden, als auch beim Spritverbrauch – und damit bei klimaschädlichem CO2: Überall liegen die tatsächlichen Werte deutlich über den offiziellen Angaben der Hersteller.
Das Problem ist nicht die kriminelle Energie eines einzelnen Konzerns
VW manipulierte viele seiner Dieselmodelle so, dass die Software die Testsituation erkennt und den Stickoxid-Ausstoß über eine Abschaltvorrichtung drosselt. Das ist illegal. Außerhalb des Testlabors stießen die Autos ein Vielfaches der erlaubten Werte aus. Andere Konzerne nutzen – bislang legal – die großzügigen Schlupflöcher offizieller Zulassungsverfahren. Deren idealisierte Labortests ergeben Abgas- und Verbrauchswerte, die weit unter jenen im regulären Straßenbetrieb liegen und sich auch nicht mit unterschiedlichen Fahrstilen erklären lassen. Besonders eklatant sind die Unterschiede beim Stickoxid-Ausstoß, der oft um mehr als das Zehnfache über dem geltenden Grenzwert liegt. Aber auch der Spritverbrauch liegt auf der Straße bei vielen aktuellen Modellen um gut ein Drittel über den Angaben der Hersteller.
So massiv sind die Abweichungen zwischen Labor und Straße geworden, dass in Europa realitätsnähere Abgastests – sogenannte „Real Driving Emissions“- oder RDE-Tests – eingeführt werden sollten. Doch was die EU Anfang Februar 2016 beschlossen hat, trägt deutlich die Handschrift der Autolobby: Fahrzeuge dürfen auf der Straße auch künftig noch mehr als doppelt so viele Stickoxide wie im Labor gemessen ausstoßen. Selbst nach 2020 soll die Toleranzgrenze noch 50 Prozent betragen.
„Die EU hat die Chance vertan, die enorme Schadstoffbelastung vor allem in den Städten zu reduzieren“, wirft Daniel Moser, Greenpeace-Experte für Mobilität, den Politikern vor. Die Stickoxide in der Luft sind vielerorts höher als die EU erlaubt. Darunter leiden vor allem Kinder, deren Atemwege durch das Gas geschädigt werden.
Autoindustrie schummelt auch beim Spritverbrauch
Auch der tatsächliche Spritverbrauch vieler neuer Autos liegt deutlich höher, als es Verkaufsprospekte vorgaukeln. Das hat die Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) eindrucksvoll mit einer Studie belegt: Einige Mercedes-Modelle zum Beispiel verbrauchen bis zu 50 Prozent mehr als angegeben.
Das belastet nicht nur unser Portemonnaie, sondern durch den erhöhten CO2-Ausstoß auch das Klima. Seit 1990 ist der Treibhausgasausstoß im Verkehrssektor lediglich um 2 Prozent gesunken – dabei hat Deutschland doch versprochen, bis 2020 insgesamt 40 Prozent zu schaffen. „Die Autobauer müssen endlich einen fairen Beitrag zum Klimaschutz liefern. Das geht nicht über geschönte Labortests, sondern nur über kleinere und leichtere Autos“, so Moser.
VW hat ein Problem – schon lange
Der Konflikt zwischen Greenpeace und VW ist nicht neu, er hat durch den Skandal allerdings eine andere Qualität erhalten. Denn im Jahr 2013 hat VW-Vorstand Martin Winterkorn nach jahrelanger Greenpeace-Kampagne versprochen, den CO2-Ausstoß der Flotte bis 2020 auf 95 Gramm pro 100 Kilometer zu senken – „ohne Wenn und Aber“, wie der damalige Chef versprach. Das werden wir jetzt erst recht mit Argusaugen beobachten.
Doch auch Sie müssen dem Treiben nicht tatenlos zuschauen: Sie können der Branche entweder ganz den Rücken kehren und aufs Fahrrad und den öffentlichen Nahverkehr umsteigen oder Car-Sharing nutzen. Sollte das nicht gehen, können Sie sich vor dem Kauf eines Autos auf spritmonitor.de über die tatsächlichen Werte der Fahrzeuge informieren. Nehmen Sie auch die Marken in die Pflicht und fordern Sie von den Herstellern eine Offenlegung der tatsächlichen Schadstoffemissionen.