Greenpeace-Aktivisten verwandeln Straßenzug in Freizeitfläche
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Der internationale Park(ing) Day verwandelt Parkplätze in innerstädtische Oasen: statt Reihen stehender Autos gibt es plötzlich Liegestühle, Musik, viel Grün – und eine Vision.
Der Arbeitstag eines Autos ist sehr geruhsam. Kaum eine Stunde bewegt es sich im Schnitt, die restliche Zeit parkt es. Und nimmt Platz weg. Das ist weder effizient noch gerecht, aber war bislang schwer zu ändern. Auch in Städten wollten viele nicht auf das eigene Auto verzichten. Das ändert sich gerade. Viele merken, dass Radfahren nicht nur Spaß macht, sondern oft auch schneller und unkomplizierter ist – und dass auch in ihrer Nähe Car-Sharing-Autos stehen.
Vor allem aber fragen sich immer mehr Menschen: Warum werden Fußgänger auf enge Gehwege gepfercht, während parkende Autos wertvollen Platz wegnehmen? Für eine gerechtere Nutzung des öffentlichen Raums demonstrieren Greenpeace-Aktivisten heute in Hamburg. Sie zeigen, wie eine lebenswerte Innenstadt aussehen kann, wenn der knappe Platz nicht auch noch von etlichen stehenden Fahrzeugen beansprucht wird. Die Bahrenfelder Straße in Ottensen wird dabei vorübergehend zum Naherholungsgebiet. Ein bisschen Rollrasen und ein paar Liegestühle verändern das Gesicht der Einkaufsstraße komplett: von Parkplätzen zum Park-Platz.
In Ottensen nimmt die autogerechte Stadt vorübergehend ihren Abschied und macht mit musikalischer Unterhaltung, Kickertisch und Kaffee Platz für Menschen. Ein nachbarschaftliches Miteinander soll entstehen, wo sich Autofahrer sonst gegenseitig Parklücken abluchsen. Ein einziges Auto ist auf der Grünfläche immerhin erlaubt: Aktivisten haben einen ausgemusterten Wagen zum Vielzweck-Möbelstück umgebaut. So wird aus einer alten Karre eine Kaffeebar mit Sitzflächen und Stehtischen. Unter dem Motto „YoU-Turn The Streets“ geht die Idee danach auf Deutschlandtour: In vielen großen Städten wird Parkraum für einen Tag in einen kleinen Stadtpark verwandelt.
Die Zukunft gehört einer nachhaltigen Mobilität
Die Vorstellung autogerechter Asphaltstädte ist ein Relikt der 70er-Jahre-Stadtplanung, sagt Niklas Schinerl, Greenpeace-Experte für Energie. „Es kann nicht sein, dass in vielen Städten parkende Autos mehr Platz haben als spielende Kinder.“ Lange wird sich die betonierte Idee mit uneingeschränktem Individualverkehr nicht mehr halten können: Die Zukunft gehört grünen, menschengerechten Städten mit nachhaltiger Mobilität. Städte wie Kopenhagen, Amsterdam oder Freiburg machen es vor: Dort ist die Verkehrswende bereits in vollem Gange: weg vom eigenen Auto hin zu Radverkehr, Car-Sharing und öffentlichen Verkehrsmitteln.
Dass Autos aus Innenstädten verschwinden, ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit. Vor allem aus Gesundheitsgründen ist ein Umdenken unvermeidlich. In zahlreichen deutschen Metropolen werden seit Jahren gefährlich überhöhte Stickoxidwerte gemessen, schmutzige Diesel sind hauptsächlich dafür verantwortlich. Der Luftschadstoff schädigt die Atemwege, verursacht Herz-Kreislauf-Erkrankungen und führt laut Europäischer Umweltagentur pro Jahr zu gut 10.000 vorzeitigen Todesfällen – allein in Deutschland.
Veränderung ist möglich, doch die Politik bremst
Weitere Umweltzonen würden die Belastung entscheidend verringern. Doch Verkehrsminister Dobrindt scheut sich davor, die sogenannte „Blaue Plakette“ einzuführen, die besonders schmutzigen Dieselfahrzeugen Fahrverbote erteilen würde. Auch Hamburgs Oberbürgermeister Olaf Scholz lehnt sie strikt ab. Dabei sind Umweltzonen die effizienteste Art, verkehrsbedingte Schadstoffwerte zu senken, sagt der Sachverständigenrat für Umweltfragen. Die fahrlässige Untätigkeit der Kommunen rief bereits die EU-Kommission auf den Plan: 2015 leitete sie wegen der unzulässig überhöhten Stickoxidwerte ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein.
Greenpeace hat Anfang des Jahres mit dem Maßnahmenplan „Im Kern gesund“ Ziele und Strategien zur Verbesserung der Stadtluft formuliert. Ein vor kurzem veröffentlichtes Mobilitätskonzept für Berlin zeigt deutlich: Eine grüne Verkehrswende ist möglich, die Voraussetzungen sind da. Die Politik müsste nur den Weg dahin frei machen.
>> Diesel sorgt für schlechte Luft durch hohe NO2-Werte. Fordern Sie Verkehrsminister Alexander Dobrindt auf, sich für ein Ende der Diesel-Subventionen in Höhe von 7 Milliarden Euro pro Jahr einzusetzen!