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Tobias Austrup, Greenpeace-experte für Verkehr
Gordon Welters / Greenpeace

Ziele und Möglichkeiten der Verkehrskommission: Interview mit Greenpeace-Experte Tobias Austrup

Klimafreundlich soll der Verkehr werden, das will die Verkehrskommission. Doch kommt jetzt wirklich das Aus für Verbrenner? Ein Interview mit Greenpeace-Experte Tobias Austrup.

Die Kohlekommission hat ein Ergebnis geliefert – jetzt blicken alle gespannt auf die Verkehrskommission. Ihr offizieller Name ist „Nationale Plattform Zukunft der Mobilität“ (NPM); die entscheidenden Gespräche laufen in der sogenannten „Arbeitsgruppe 1 – Klimaschutz im Verkehr“. Sie erarbeitet Maßnahmen dazu, wie der Verkehrssektor – bisher das Sorgenkind im Klimaschutz – seine Vorgaben für die Erreichung der deutschen Klimaziele erfüllen kann. Im September 2018 nahm die Kommission ihre Arbeit auf, bis Ende März sollen Ergebnisse vorliegen. Doch diskutieren die Kommissionsmitglieder jetzt tatsächlich das Aus für Diesel und Benziner oder eine Erhöhung der Mineralölsteuer? Welche Bedeutung hat diese Kommission? Und warum ist Greenpeace nicht Mitglied des Gremiums? Fragen an Tobias Austrup, Greenpeace-Experte für Verkehr.

Greenpeace: Die nächste Kommission, die nun Ergebnisse für mehr Klimaschutz liefern muss, ist die Verkehrskommission. Welche Bedeutung hat sie?

Tobias Austrup: Deutschland hat sich im Strombereich für einen Ausstieg aus der Kohle entschieden – soweit ist das Land in Punkto Verkehr leider noch nicht. Obwohl es aus Klimaschutzgründen notwendig wäre, ab 2025 auch aus Verbrennungsmotoren wie Diesel und Benziner auszusteigen. Aber dass Verbrennungsmotoren die gleiche Abwicklung wie Kohlekraftwerke erfahren müssen, haben offensichtlich etliche noch nicht begriffen.

Trotzdem: Die Verkehrskommission ist natürlich eine Chance. Eine Chance, dass der Verkehrssektor begreift, dass er sich beim Klimaschutz nicht länger wegducken kann. Eine Chance, dass endlich seriös über das Aus für Verbrennungsmotoren und ein Ende der Autofixierung in der Verkehrspolitik diskutiert wird.

Greenpeace ist ja nicht Mitglied der Verkehrskommission – warum nicht?

Ganz einfach: Wir sind nicht gefragt worden. Warum Verkehrsminister Scheuer uns nicht dabei haben wollte, müsste er beantworten. Bislang ist Greenpeace die einzige große Umweltorganisation, die ein Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2025 fordert. Vielleicht wollte Scheuer diese Forderung nicht in der Kommission vertreten sehen. Jetzt wollen wir diese Forderung von außen in die Kommission tragen.

Wie sieht Greenpeace die Erfolgsaussichten der Kommission?

So traurig es ist, aber beim Verkehr ist es schon ein Fortschritt, dass überhaupt über Klimaschutz geredet wird. In den vergangenen Jahrzehnten ist im Verkehrssektor nicht ein Gramm Kohlendioxid eingespart worden. Und dass sich da jetzt endlich etwas bewegt – wenn auch zu wenig und zu langsam – ist wenigstens ein Anfang.

Das heißt, es gibt jetzt Hoffnung?

Leider nicht viel. Wir beobachten gerade, dass Verkehrsminister Scheuer schon vor Ende der Kommission unliebsame Maßnahmen zerredet und verhindern will. Wirtschaftsminister Peter Altmaier hat „seine“ Kohlekommission ja in Ruhe arbeiten lassen – Verkehrsminister Andreas Scheuer macht das leider nicht. Er kommentiert jedes Zwischenergebnis, jeden Teilschritt – wie soll da mit Bedacht ein vernünftiges Ergebnis erarbeitet werden?

Als im Januar durchgesickert ist, dass in der Verkehrskommission Maßnahmen wie Tempolimit, Elektroauto-Quote und Mineralölsteuererhöhung auf dem Tisch lagen, hat sie der Minister postwendend als „gegen den gesunden Menschenverstand“ diskreditiert und die nächste Sitzung der „Arbeitsgruppe 1“ abgesagt. So zerlegt der Minister seine Kommission, noch bevor sie irgendwelche Vorschläge unterbreiten kann. Stattdessen träumt Scheuer davon, dass Apps für das leichtere Finden von Parkplätzen und einen besseren Verkehrsfluss das Klimaproblem lösen. Das ist naiv.

Nein, Hoffnung auf eine klimafreundliche Verkehrspolitik in dieser Legislaturperiode macht das nicht. Scheuer torpediert jeden Klimaschutz im Verkehrssektor.

Was müsste der Verkehrssektor eigentlich für den Klimaschutz tun?

Wenn der deutsche Verkehrssektor seinen rechnerischen Beitrag dazu leisten soll, dass die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad begrenzt wird, dann dürfte ab 2025 in Deutschland kein Auto mit Diesel- oder Benzinmotor mehr neu zugelassen werden. Ab 2035 dürfen keine Autos mit fossilen Kraftstoffen mehr auf den Straßen herumfahren. Ohne einen Ausstieg aus Diesel- und Benzinmotoren ist das Klimaziel für den Verkehrssektor nicht zu erreichen.

Das Minderungsziel, mit dem die Verkehrskommission arbeitet, orientiert sich aber gar nicht daran, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, sondern leitet sich noch aus dem alten Zwei-Grad-Ziel ab. Die Zielvorgabe der Bundesregierung ist dementsprechend: Der Verkehrssektor muss bis 2030 seine Treibhausgase um 40 bis 42 Prozent senken, verglichen mit 1990.

Was würden Senkungen der Verkehrsklimagase um 40 Prozent denn konkret bedeuten?

Für PKW würde das quasi auch ein Ende des Verbrennungsmotors bis zur Mitte des nächsten Jahrzehnts bedeuten. Inzwischen ist auch klar, dass das Elektroauto das Rennen um die geeignetste Technologie gewonnen hat. Dagegen ist im Flugverkehr, bei der Schifffahrt oder beim LKW-Verkehr noch nicht entschieden, welche Technologie sich durchsetzen wird. Wird es den Oberleitungs-LKW geben? Werden auch LKW in Zukunft mit Batterien betrieben? Vermutlich wird es hier einen Mix aus verschiedenen Techniken geben. Da muss noch viel geforscht und entwickelt werden.

Beim Autoverkehr kennen wir die Lösung: Wir müssen schnell und radikal auf Elektro-Mobilität in Verbindung mit Sharing-Modellen und alternativen Verkehrskonzepten setzen. Für den Klimaschutz brauchen wir mehr Fahrräder, Busse und Bahnen und insgesamt weniger Autos.

Wenn die Kommission dazu führt, dass auch Verkehrsminister Scheuer versteht, dass Mobilität mehr als das Auto ist, und dass Diesel- und Benzinmotoren ins Museum gehören, dann hätte auch der Klimaschutz im Verkehrssektor eine Chance. 

 

 

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