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Aktivist:in hält auf der IAA ein Banner auf einem Autodach: The party is over
© Julius Schrank / Greenpeace

IAA: Grünschleier über der Stadt

Die IAA will keine reine Autoshow mehr sein. Doch hinter der grünlichen Messefassade steckt weiter eine Branche mit klima- und naturschädlichem Geschäftsmodell. Greenpeace vergleicht Top-Automarken im Umgang mit Ressourcen. Aktivist:innen demonstrieren an mehreren Tagen.

Es wäre unfair zu sagen, nur der Name und die Stadt hätten sich geändert. Tatsächlich ist die Internationale Automobilausstellung, wie sie nun zum zweiten Mal als IAA Mobility in München firmiert, nicht mehr zu vergleichen mit der Autoshow, die über Jahrzehnte in Frankfurt stattfand. Schon was die Größe angeht. Von der knappen Million Besucher:innen, die noch 2015 in Frankfurt in die Hallen drängte, blieben nach dem Umzug nach München 2021 nicht mal mehr die Hälfte. Schwund gibt es auch bei den Ausstellern: Die Peugeot- und Fiat-Mutter Stellantis hat ebenso abgesagt wie Weltmarktführer Toyota. Asiatische Marken wie Mazda, Suzuki oder Honda fehlen schon länger. Die Strategie gegen den Bedeutungsverlust lautet: Verbreiterung. Das Mobility im Namen zeigt: Es soll nicht mehr nur um Autos gehen. In den verbleibenden Hallen finden sich jetzt auch ein paar Fahrradhersteller und das Programm spricht oft von Mobilität und weniger von Hubraum.

Hat die Autoindustrie also verstanden? Zieht sie die Konsequenzen daraus, dass der Verkehr seit Jahren seinen Klimazielen hinterherläuft? Schließlich stammen weit über 90 Prozent der CO2-Emissionen aus dem Straßenverkehr. Damit die Menge an Treibhausgasen schnell genug sinkt, muss nicht nur der Spritverbrauch runter, sondern auch die Zahl der Autos, parallel gehören klimaschonende Alternativen wie Bahn und ÖPNV ausgebaut. All das ist bekannt, auch der Autoindustrie. Nur schlägt sich dieses Wissen nicht im Geschäftsmodell der Hersteller nieder.

Vergleich: Automarken und ihr Umgang mit Ressourcen

Gerade die deutschen Autohersteller setzen weiterhin auf Autos, die immer größer, immer schwerer und immer energiehungriger werden. Kleine, effiziente E-Autos finden sich bislang kaum in ihrem Angebot. Ein Greenpeace-Vergleich zeigt, dass deutsche Automarken besonders verschwenderisch mit Energie und Rohstoffen umgehen. „Die deutsche Autoindustrie prasst, als gäbe es kein Morgen“, sagt Greenpeace-Verkehrsexpertin Marissa Reiserer. „Der enorme Energieverbrauch ihrer Autos treibt die Klimakrise, das hohe Gewicht steigert die Ausbeutung von Rohstoffen. Damit diese Verschwendung aufhört, brauchen wir eine Verkehrspolitik, die Mobilität nicht länger mit dem eigenen Auto gleichsetzt. Eine verlässliche Bahn wie etwa in der Schweiz und ein gut ausgebauter ÖPNV sind die Voraussetzung für eine Mobilität, die nicht länger Klima und Natur versenkt.” Aus Sharingangeboten jedoch, mit denen gerade in Städten Autos effizienter genutzt werden, ziehen die deutschen Hersteller sich zurück. 

Greenpeace-Ranking: Wie effizient gehen die 30 Top-Automarken in Europa mit Ressourcen um?

Greenpeace-Ranking: Wie effizient gehen die 30 Top-Automarken in Europa mit Ressourcen um?

Anzahl Seiten: 22

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Gegen dieses Geschäftsmodell demonstrieren Greenpeace-Aktivist:innen am 4. September vor dem Eingang der IAA in München. In einem großen Wasserbecken vor der Messe haben sie drei Autodächer unterschiedlich tief versenkt. „Autoindustrie versenkt Klimaschutz“ und „Shrink Now Or Sink Later“ (Jetzt schrumpfen oder später untergehen) steht auf den Bannern.

Protest vor IAA. Autodächer im Wasser, 2 Aktive halten Banner

Aktive fordern vor der IAA am 4. September eine Mobilität, die effizient und sorgsam mit Ressourcen umgeht und dabei auf eine solide finanzierte und ausgebaute Bahn und einen besseren ÖPNV setzt.

„Die Party ist vorbei“: Protest gegen Greenwashing

Auch während des Eröffnungs-Rundgangs von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 5. September protestieren Greenpeace-Aktive. Während die Konzernchefs sich für neue Elektromodelle feiern lassen, klettern die Klimaschützer:innen auf einige der ausgestellten SUV-Modelle. Mit „The Party Is Over“-Bannern warnen sie vor der ökologischen Rücksichtslosigkeit der Branche und einer rückständigen Verkehrspolitik. Parallel läuft über Lautsprecher eine Ansage gegen die Maßlosigkeit der Branche. Sie empfiehlt den Anwesenden, nach Hause zu gehen. „Es gibt auf der IAA nichts zu feiern“, sagt Greenpeace-Verkehrsexpertin Lena Donat. “Kanzler Scholz feuert hier eine Branche an, die mit Monster-SUVs eine Party auf Kosten unser aller Zukunft schmeißt. Statt Auto-Rausch brauchen wir eine Verkehrspolitik, die Bus und Bahn endlich fit macht.”

IAA: Aktivist:in steht auf einem Autodach und hält ein Banner "The party is over"

Protest gegen das klimaschädliche Geschäftsmodell vor allem der deutschen Autohersteller auf der IAA während des Eröffnungs-Rundgangs von Bundeskanzler Olaf Scholz.

Wie ein Grünschleier liegt die IAA mit ihrem modern anmutenden Programm über einer gefährlich rückständigen Branche. Gefährlich wegen der multiplen ökologischen Krisen, die ein viel zu hoher CO2-Ausstoß und ein enormer Ressourcenverbrauch befeuern. Gefährlich aber auch für die Hersteller selbst, die sich zu lange an den Verbrennungsmotor geklammert haben, die jetzt von asiatischen und amerikanischen Herstellern überholt werden und die keine Antwort bieten auf die Anforderungen einer klimaschonenden Mobilität, in der öffentlicher Verkehr eine tragende Rolle spielen wird. 

Eben das forderten Greenpeace-Jugendliche bereits vor dem Start der IAA am 2. September mit einem 100 Quadratmeter großen Straßenbild auf dem Stachus in München. Und am 3. September bildeten Hunderte von Menschen in München einen knapp 40 Meter langen Schriftzug als Aktionsbild: Das Wortteil “AUTO” war im Schriftzug “AUTOBAHN” durchgestrichen.

Foto von oben auf Menschen, die Buchstaben hochhalten: AUTOBAHN - das Wort Auto ist durchgestrichen

40 m langes Menschenbild in der Maximillianstraße in München: Bahn statt Autobahn – für mehr Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit!

Es wäre die Aufgabe einer vorausschauenden Verkehrspolitik, diese für Deutschland wichtige Branche in eine zukunftsfähige Richtung zu lenken, ihnen einen Pfad hin zu Mobilitätsanbietern zu ebnen. Zentrale Entscheidungen hierzu stehen gerade mit der Überprüfung der Straßenbaupläne der Bundesregierung an. Bislang plant Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) knapp 1000 Kilometer zusätzlich Autobahnen zu bauen. Das geflügelte Wort der Verkehrsplanung „Wer Straßen säht, wird Verkehr ernten“ scheint Wissing unbekannt. Ein schlechte Nachricht - für den Planeten und die Branche.

(Der Artikel wurde am 2. September veröffentlicht und am 4. und 5. September aktualisiert.)

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