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5. Juni 2007: Auf Wiedersehen – Es ist früher Abend und die Arche ist nun endgültig fertig. Die letzten Feinarbeiten – mit dem Einbau der Tür – haben sich noch ganz schön hingezogen. Aber nun ist es geschafft! Die Arche steht Wanderern und Bergsteigern auf ihrem Weg zum Berg Ararat frei. Und sie ist wirklich schön geworden. Ein Besuch lohnt sich – nicht nur der Arche, auch der Region. Und wer immer schon mal einen 5.000er besteigen wollte, hier ist es möglich.

Der Abbau des Camps war in gewisser Weise eine traurige Angelegenheit. Viele Aktivisten machten sich nach und nach auf den Weg nach Hause. Das Camp wurde immer kleiner und die Bewohner weniger. Jeden Tag Abschied nehmen von lieb gewonnen Freunden und Mitstreiterinnen ist wirklich keine Freude.

Traurig ist für mich auch der Abschied von unseren neu gewonnenen Freunden in Kurdistan und der Region um den Ararat. Ob es Kemal, der Nachtwächter, Jamal, der Koch oder Mehmet und Hakan unsere Bergführer sind. Sie sind uns ans Herz gewachsen!

Alles Material und Equipment zusammenzupacken, Zolllisten zu erstellen und alles einzupacken ist mehr Arbeit als wir gedacht haben. Aber Timo, unser Camp-Manager, und Voss, der Projektleiter, haben alles gut im Griff. Das Material stapelt sich in einem Zelt, wir in zwei anderen. Allerdings wollen wir die Arche nochmal einweihen - indem wir eine Nacht in ihr verbringen. Mal sehen wie viele von uns darin Platz haben ...

Die Rückfahrt wird für einige von uns noch ein besonderes Erlebnis. Die Fahrt mit dem Orient Express von Kars nach Istanbul. Die Bahnstrecke geht einmal quer durch die ganze Türkei. Ein besonderes Erlebnis und dazu umweltschonend! Timo, Sergej und Rainer müssen mit dem Sprinter und Teilen des Materials nach Hause fahren.

Um noch ein bisschen Werbung für die Region um den Ararat zu machen: Die Landschaft ist fantastisch und der Aufstieg zum Ararat, wenn auch anstrengend, ein Traum. Bei gutem Wetter ist die Sicht unvergleichlich. Die Menschen sind unglaublich nett und gastfreundlich.

Wer auf den Gipfel des Ararat will, sollte sich auf jeden Fall (!!!) einen lokalen Bergführer aus Dogubayazit suchen. Sie kennen jeden Stein und jede Schwierigkeit am Berg. Wir waren mit Mehmet Ceven und Hakan Basboga unterwegs. Das besondere bei ihnen: sie können hervorragend singen und erfreuen einen beim Aufstieg mit türkischen und kurdischen Liedern. Sogar in Höhen über 4500 Metern.

Liebe Grüße, Beate

{image_r}4. Juni 2007Liebe Leute, das Wochenende ist vorbei und wir können ein erstes Resümee ziehen. Vorab Dank an all diejenigen, die sich am Freitagabend oder Samstag früh aufgemacht haben, um an der Großdemonstration teilzunehmen und mit ihrem Dabeisein zu dem bunten, friedlichen und sehr beeindruckenden Bild der Demonstration beizutragen. Denn das war sie zum allergrößten Teil – bunt, friedlich, laut und vielfältig in den Protesten gegen die Politik der G8 Staaten.

Wir waren mit ca. 300 Greenpeacern aus dem In- und Ausland und vier großen (sechs Meter hohen), mit Helium gefüllten Schneemännern dabei. Mit ihrer Botschaft Stop global warming tanzten sie weithin sichtbar durch die Menge. Die Solar drums der Gruppe Berlin sorgten für die richtigen Rhythmen und eine ausgelassene Stimmung. Auch die Vertreter von Greenpeace International zeigten mit ihren Flaggen, Bannern ihren Protest gegen die internationale Klimapolitik. Vor allem ein Banner bestehend aus 2 zusammenhängenden T-Shirts in xxxl (Human Banner :-)) auf denen die Folgen des Klimawandels bildlich gezeigt wurden, war ein echter Hingucker. Gegen Mittag zogen die beiden Demozüge auf den Platz der Abschlusskundgebung im Rostocker Stadthafen ein, begrüßt u.a. vom weithin sichtbaren Greenpeace Banner G8: STOP TALKING -ACT NOW!, das zwischen den Masten der Beluga II prangte.

Insgesamt vesammelten sich mehr als 60.000 Menschen auf dem Platz. Roland und Cheng Qian von SolarGeneration China waren die ersten Redner, die zu den Leuten sprechen sollten. Es war schon ein beeindruckendes Bild mit den vielen Bannern, Flaggen Ballons und den großen tanzenden Schneemännern.

Bevor Roland mit seiner Rede beginnen konnte, kam es dann doch, für uns alle vollkommen überraschend, aus dem zweiten Demozug heraus, zu massiven Gewalttätigkeiten am hinteren Rand des Demoplatzes. Es dauerte eine ganze Weile, bis sich die Lage wieder einigermaßen beruhigt hatte. Ich war sauer und wütend darüber, dass wieder einmal eine Minderheit von Chaoten den legitimen Protest einer überwältigenden Mehrheit von Zehntausenden zu unterlaufen drohte.

Rolands klare Worte für die Gewaltfreiheit und sein Aufruf, gemeinsam für eine andere, bessere Welt zu kämpfen und Chengs emotionale Worte über die Klimafolgen in ihrem Land und ihr abschließender Appell auf deutsch: Werdet Klimaschützer! fanden ungeteilte Anerkennung und Unterstützung. Es war wichtig, dass wir zeigen konnten, wofür wir stehen und das eine Veränderung der Verhältnisse auch ohne Gewalt möglich ist.

Genauso wichtig war es, am Sonntag mit mehr als 600 Leuten ein Human Banner zu stellen, um nach den Vorfällen des vorherigen Tages, ein Zeichen für den friedlichen Protest zu setzen. Ich war mir nach den Krawallen nicht mehr sicher, ob wir genügend Menschen für unser Projekt zusammenbekommen würden. Doch um 15 Uhr stand ein sehr beeindruckendes Bild mit einer fröhlich winkenden Menschenmenge vor uns. Ein Bild dieses Banners könnt ihr Euch auf unserer Homepage ansehen.

Wie geht es weiter? Am Dienstag beginnt der Alternativgipfel bei dem wir und GPI mit zahlreichen Vorträgen und Workshops dabei sind. Am Dienstag und Mittwoch reisen dann die Regierungschefs an und wir werden den politischen Verlauf des Gipfels bis Freitag begleiten. Dazu sind neben Svenja, Kai, Karsten und mir in Rostock auf der Beluga noch Tobias, Björn und Daniel Mittler in Kühlungsborn im Pressezentrum vor Ort, um die (möglichen) Entscheidungen zu kommentieren. Wir halten Euch auf dem Laufenden!

Schöne Grüße an Euch, Jörg

3. Juni 2007: Fertigstellen und Aufräumen – Wer glaubt, dass in Kurdistan immer die Sonne scheint, sitzt einem Irrglauben auf. Heute macht uns das Wetter zu schaffen. Es regnet seit Stunden. Warm ist es auch nicht und am liebsten würde ich mich in meinen Schlafsack verkriechen. Aber das geht nicht, es ist eine Menge zu tun.

Auch die Nachrichten aus Rostock tragen nicht dazu bei, meine Motivation zu erhöhen. Es hat Auseinandersetzungen mit der Polizei gegeben und diese Bilder und Inhalte bestimmen die Medien. Der Grund des Protestes, der Demonstration findet sich in den Medien kaum wieder. Der Protest wird großteils auf Gewalttätigkeit reduziert. Auch wir diskutieren über Radikalität, aber unser Verständnis ist ein anderes, ein positives.

Die Handwerker arbeiten fleißig am Innenausbau der Arche. Zur Einweihung war dieser noch nicht ganz fertig gestellt und muss nun nachgearbeitet werden. Leider können wir anderen ihnen kaum zur Hand gehen. Es handelt sich fast ausschließlich um Facharbeiten. Diese sind zeitintensiv, doch unsere Hilfe würde alles noch weiter in die Länge ziehen. Zumindest können sie Innen arbeiten ... Der Rest verkriecht sich unter das Nomadenzelt oder in eines der großen Arbeitszelte – Büro, Materiallager, Computerarbeitsplatz.

Ein weiterer Schwung von Aktivisten ist heute Morgen abgereist und so wird es in den nächsten Tagen weiter gehen. Das Camp wird langsam leer. Mit abgereist ist unser Arzt Peter. Er hatte mich die letzten Tagen ärztlich versorgt. Ich bin vor ein paar Tagen zweimal böse umgeknickt und habe mir einen Sehnenriss zugezogen. Der Regen ... die Wiesen sind nass und glatt ... und ich humpel jetzt durch das Camp :-(

Zu meinem Frust und Ärger hat sich daraus eine Trombose entwickelt. Aber Peter hat mich gut versorgt und mir täglich Heparin gepritzt. Seine Diagnose gestern: Die Trombose hat sich aufgelöst, doch ich muss zur Vorsicht weiter spritzen und zu Hause zum Ultraschall. Nun ist er weg und ich muss mich selber spritzen.

Die Vorstellung hat mich schon etwas gegruselt. Denn ehrlich gesagt, ich habe mir noch nie selber Spritzen gegeben. Eine neue Herausforderung. Aber es ist halb so schlimm - wie schon bei der ersten Spritze hier im Camp. Ich saß da, schaute völlig gebannt auf die Spritze in Peters Händen und wartete auf den großen Schmerz beim Einstechen und Spritzen. Glücklicherweise gab es den gar nicht und ich kam mir etwas lächerlich vor.

Heute Morgen machte ich mich dann mutig an den Ausbau meiner medizinischen Kenntnisse – mir Peter es gezeigt hatte. Spritze auspacken, mit einem Alkoholtupfer eine Stelle am Oberschenkel säubern, eine Hautfalte zwischen zwei Finger nehmen und ... Luft holen und zustechen. Und siehe da, auch diesmal tat es gar nicht weh. Aber ich bin jetzt ein wenig stolz auf mich ;-)

Liebe Grüße, Beate

2. Juni 2007: Es ist Demo in Rostock. In Gedanken und im Herzen protestieren wir mit. Doch ist es hier am Berg nicht einfach Informationen über die Situation zu bekommen. Wir müssen uns gedulden!

Wir wissen, dass Kollegen und Freunde von uns nach Rostock gefahren sind, um dort friedlich gegen die Politik der G8-Staaten zu demonstrieren. Wir hoffen, dass unsere Botschaft zur Rettung unseres Klimas durchdringt und sich auch in Rostock auf der Straße wiederfindet.

Heute stellt sich für alle die Frage, ob sie Teil der Sintflut oder Teil der Arche sein wollen. Und noch können wir uns entscheiden. Noch! Dürren und Überschwemmungen, die Ausbreitung von Wüsten, der Verlust der Gletscher im Himalaja oder den Alpen sind mittlerweile harte Realität. Deshalb ist unsere wichtigste Forderung an die G8-Staatschefs eine verbindliche Zusage, die CO2-Emissionen bis 2020 um 30 Prozent zu senken. Die Regierungen müssen endlich handeln!

Liebe Grüße, Beate

{image_r}31. Mai 2007: Einweihung der Arche – Es ist früh und mächtig voll im Basiscamp. Heute wird die Arche eingeweiht. Viele Einheimische sind gekommen und als besonderer Gast besucht und der Gouverneur der Region zur Festivität.

Zur Einweihung wird unsere Klima-Deklaration in mehreren Sprachen verlesen. Ein bekannter türkischer Schauspieler übernimmt den türkischen Part.

Danach folgen englisch, deutsch, russisch, holländisch, arabisch und hebräisch. Nach traditionellem Tanz und Musik hält der Gouverneur eine Rede und zum Ende der Zeremonie werden über 200 Tauben fliegen gelassen. Ein buntes Gemisch bleibt für einige Stunden im Camp zu Besuch. Und auch unsere Guides lassen es sich nicht nehmen, an der Zeremonie teilzunehmen. Mehmet und Hakan sind uns auf der Tour zum Gipfel gute Freunde geworden!

Die Arche ist nun zwar eingeweiht, aber noch nicht ganz fertig. Der Innenausbau konnte nicht ganz zu Ende gebracht werden. Die Handwerker werden die letzten Arbeiten in den nächsten Tagen fertigstellen. Ein paar Tage wird es noch dauern ...

Liebe Grüße, Beate

30. Mai 2007: Ab halb sieben wird es lebendig im Lager. Wir müssen die Zelte abbrechen und packen. Das schöne am heutigen Tag, wir werden unser Gepäck wieder auf Pferde verladen können. Um acht tauchen die Pferde mit ihren Besitzern auf. Schnell werden sie bepackt und wir brechen auf.

Den Gipfel können wir nicht sehen, er hat sich verhüllt. Wir hatten Glück, heute wäre kein Gipfeltag. Drei Stunden dauert unsere Tour zu den Fahrzeugen. Wir werden bereits erwartet und freudig begrüßt. Über kleine Pisten geht es in unser Basiscamp zu Arche.

Den Nachmittag nehmen wir uns frei und stehlen uns die Zeit für's Hamam. Nach den Strapazen am Berg ein Genuss. Sauna, Dampfbad, Massage ... ich genieße es voll uns ganz.

Männer und Frauen sind hier streng getrennt und nackt herumlaufen ist nicht gern gesehen. Ich schlinge mir ein Handtuch um und begebe mich in die Hände der Hamammeisterin. Sie schickt mich zuerst einmal in die Sauna und ins Dampfbad. Nachdem meine Haut richtig aufgeweicht ist, wird mir mit einem speziellen Handschuh die Haut abgeschrubbt - Kese. Danach besitze ich nicht eine abgestorbene Hautzelle mehr. Es fühlt sich göttlich an! Für die Massage werde ich von oben bis unten eingeseift und ... eigentlich mag ich gar nicht mehr aufstehen. Nach zwei Stunden bin ich wieder draußen – aber nur unter Protest, da es so schön war. Ich will zu Hause auch ein Hamam.

Liebe Grüße, Beate

{image}29. Mai 2007: Um zwei Uhr stehen wir auf. Es ist eiskalt, unser Zelt ist von innen und mein Schlafsack von außen vereist. Brrrrrrr! Es gibt heißen Tee und Suppe zum Frühstück. Am Himmel sind kaum Wolken. Ich bin guter Dinge für unseren Gipfelversuch.

Hakan, unser Fotograf, hat sich entschieden im Lager zu bleiben. Er kommt nicht mit hoch. Gegen halb vier Uhr brechen wir zum Gipfel auf. Ich bin aufgeregt, fange an Sterne zu zählen und freue mich auf den Tag. Der Gipfel wird noch von ein paar Wolken umspielt, mal sehen, ob es so bleibt.

Die Höhe macht sich schnell bemerkbar. Die Luft über 4000 Meter ist deutlich dünner bzw. hat deutlich weniger Sauerstoff als in tieferen Lagen. Hier werden wir wirklich langsam. Wir rechnen mit sechs bis sieben Stunden zum Gipfel des Ararat.

Ab einer Höhe von 4800 Metern ziehen wir unsere Steigeisen an. Ich kämpfe nun mich Schritt für Schritt und Atemzug für Atemzug weiter dem Gipfel entgegen. Teilweise setze ich rein mechanisch einen Fuß vor den anderen. Ich komme mir vor, als ob ich mich nur noch im Zeitlupentempo bewegen kann. Sobald ich schneller werde, komme ich außer Atem.

Ich versuche meinen Rhythmus einzuhalten. So muss ich nicht stehenbleiben. Das kontinuierliche langsame Gehen empfinde ich als wesentlich weniger anstrengend, als zwischendurch immer wieder anhalten und neu in Bewegung kommen zu müssen.

Auf etwa 5000 Meter erreichen wir eine Schlüsselstelle zum Gipfel – ein Hochplateau. Hier pfeift der Wind uns kräftig um die Ohren, aber der Gipfel ist zum Greifen nahe. Er wird von Wolken umspielt, doch es bricht immer wieder die Sonne durch. Der Blick auf den Gipfel gibt uns allen nochmal einen Kick. Spätestens hier gibt es keinen Zweifel mehr, dass wir es schaffen.

Eine halbe Stunde später stehen wir auf dem Gipfel. Es ist halb zehn Uhr. Wir fallen uns in die Arme und freuen uns, es geschafft zu haben und auf dem Gipfel stehen zu können. Der Ararat ist uns gut gesinnt. Doch viel Zeit zu genießen haben wir nicht, wir haben noch Arbeit vor uns.

Nach einer Stunde weht das Banner mit unserer Botschaft an die G8-Gipfelteilnehmer im Wind. An dem Mast bringen wir Gebetsfahnen mit den Wünschen von vielen Ehrenamtlichen und Greenpeace-Unterstützern und Unterstützerinnen an, deren Botschaften wir mitgebracht haben.

Nachdem wir über eine Stunde auf dem Gipfel stehen, müssen wir den Rückweg antreten. Es ist verdammt kalt, etwa minus zwölf Grad Celsius und ein starker Wind pfeift uns um die Ohren. Wenn ich die Handschuhe ausziehe, sind mir nach zehn Sekunden die Finger eingefroren. Meine gefühlte Temperatur: minus 20 Grad.

Keine drei Stunden später stehen wir wieder in Camp 2. Ausruhen können wir uns hier nicht. Es wird in jedem Zelt gepackt. Wir wollen heute noch ins Camp 1 absteigen. Um schnell ins Camp 1 zu kommen, haben wir uns was von den Einheimischen abgeschaut: Rucksack auf den Rücken, wasserfeste Hose an, auf den Hosenboden setzen und nichts wie den Berg herunter. Gelenkt wird mit den Füßen und ich nehme meine Wanderstöcker als Paddel zu Hilfe. So geht geht schnell und es ist weniger anstrengend, als den ganzen Weg zu laufen. Außerdem macht es eine Menge Spaß :-)

Nur rund 1,5 Stunden brauchen wir für die Abfahrt. Dann beginnt der letzte Abend am Berg. Ein wenig traurig bin ich schon. Trotz aller Anstrengung hat es uns eine Menge Spaß gemacht.

Liebe Grüße, Beate

28. Mai 2007: Aufstieg zu Camp 2 – Aufstehen ist um sieben Uhr angesagt. Als erstes müssen noch die letzten Sachen inklusive Zelte gepackt werden. Danach gibt es Frühstück unter freiem Himmel. Doch so richtig kann ich es nicht genießen, es noch kalt. Aber dieses wird das wärmste Frühstück am Berg bleiben.

Sten hat entschieden, dass er nicht weiter hoch geht. Ich finde es schade, aber er fühlt sich nicht gut. Bevor er die ganze Tour gefährdet, will er im Camp 1 auf unsere Rückkehr warten.

Wir schultern unsere Rucksäcke und machen uns langsam auf den Weg. Unser Ziel ist Camp 2 in etwa 4200 Metern Höhe. Es dauert nicht lange und ich komme mächtig ins Schwitzen. Die Kilos auf meinem Rücken machen sich schnell bemerkbar. Es ist schon ein anderes Aufsteigen als gestern. Ich bin jetzt schon froh, dass wir den größten Teil unseres Materials in Camp 2 lassen können und nicht mit auf den Gipfel nehmen müssen.

Je höher ich komme, umso langsamer werde ich. Mich beruhigt, dass es den anderen auch nicht anders geht. Nur unseren Guides, scheint die Höhe und das Gepäck nichts auszumachen. Mehmet und Hakan schenken uns wieder ein paar traditionelle kurdische Lieder.

Um uns rum wird es immer weißer, der Schnee immer mehr. Trotzdem raten uns die Guides von Steigeisen und Pickel ab. Der Schnee wird schnell weich und wir sinken immer wieder ein. Das macht uns das Aufsteigen nicht einfacher. Der Ararat macht sich nicht zum Geschenk, sondern will erkämpft werden.

Nach sechs Stunden erreichen wir unser Camp 2. Wir haben ganz schon gebummelt und uns Zeit gelassen. Aber unser Ziel haben wir erreicht. Problemlos – aber wir mussten uns alle ganz schön anstrengen. Gerwald und ich schlagen unser Zelt im Schnee auf. Eine andere Möglichkeit gibt es hier oben nicht mehr.

Tee und Essen gibt es vor dem Küchenzelt. Picknick auf 4200 Meter. Da wir in der Nacht zum Gipfel aufsteigen wollen, gehen wir früh schlafen. Doch das Wetter macht mir Sorgen. Mehmet hofft auf Regen, dann wäre der Weg zum Gipfel frei. Keine Stunde später toben gleich mehrere Gewitter um uns herum: Blitze rasen über den Himmel, Donner dröhnt über den Berg, Eisregen, Graupel, Schnee ...

Das Wetter hat sogar einen Vorteil, der Schnee dichtet das Zelt ab und der Wind fegt nicht mehr so kräftig durch das Zelt. Welch Wunder, es wird tatsächlich wärmer.

Liebe Grüße, Beate

27. Mai 2007: Jetzt wird es ernst – Gestern Abend sind die anderen Bergsteiger eingetroffen. Wir sind insgesamt drei climber aus der Türkei, zwei aus Deutschland und fünf aus Österreich. Den Abend haben wir genutzt, um unser Equipment zu packen. Trotz Minimierung von Kleidung und Material kommen wir auf rund 14 Kilo-Rucksäcke pro Person und weitere rund 50 Kilo Material. Bei der angepeilten Höhe ist das viel.

Wir starten am nächsten Morgen um acht Uhr und treffen uns um neun mit unseren Guides. Gemeinsam starten wir Richtung Eli Köy. Für eine Bergtour machen wir uns spät auf den Weg, aber wir haben das Glück unser Material mit Hilfe eines Pferdetrecks ins Camp 1 transportieren zu können. Der Tag ist für uns also nicht so anstrengend.

Über eine Piste geht es zum Treffpunkt mit dem Treck. Ich frage mich, wie hoch wir den Weg diesmal kommen. Gestern hat es stark geregnet und danach sind die Pisten kaum zu befahren oder ganze Teile einfach weggespült. Auf einer Höhe von 2200 Metern ist auch für uns Schluss. Die Piste ist nicht weiter befahrbar.

Also wir das Materials auf die Pferde umgeladen. Es ist heiß, aber ich freue mich über die beschauliche Wanderung. Die Tour zum Camp 1 ist ein einziger Genuss. Wunderschöne Landschaft, nette Menschen, arbeitsame Pferde und wir hören immer wieder einen Kuckuck rufen. Mehmet, einer unserer Guides, singt für uns kurdische und türkische Lieder. Ich bin von seiner Kondition schwer beeindruckt - ich kann bei diesem Aufstieg jedenfalls nicht singen!

Nach knapp vier Stunden erreichen wir unser Camp in 3200 Metern Höhe. Am Team müssen wir noch etwas arbeiten und uns zusammenraufen. Aber ich bin mir sicher, dass wir in den nächsten zwei Tagen ein zusammengeschweißtes Team abgeben werden. Um den Gipfel zu erreichen, müssen wir aufeinander acht geben und gut zusammen arbeiten. Die Höhe von 5165 Metern birgt eine Menge Gefahren.

Nach der Ankunft müssen wir unsere Zelte aufbauen. Das ist gar nicht so einfach, weil das Wetter derzeit sehr instabil ist. Es regnet fast jeden Nachmittag und ein trockenes Plätzchen ist schwer zu finden. Am Abend wird es empfindlich kalt und wir überprüfen nochmal unsere Rucksäcke. Alles was am Berg doch nicht gebraucht wird, bleibt in Camp 1. Es kommt doch noch einiges zusammen. Der morgige Tag wird hart, ab jetzt heißt es selber schleppen!

Liebe Grüße, Beate

Freitag, 25.5.2007: Camp 1 war schnell abgebaut und als um neun Uhr der horseman kam, schnell auf den Pferden verpackt. Mein erster Blick aus dem Zelt hatte mich etwas beruhigt, der Gipfel des Ararat war wolkenumhangen. Ich kam mir zwar etwas gemein vor, aber so konnte ich mich besser von ihm verabschieden. Anderenfalls hätte ich nicht hinunter sondern hinauf gewollt.

Gemütlich geht es im Pferdetreck den Berg hinunter. Der LKW wartet bereits, als wir gegen Mittag an der verabredeten Stelle ankommen. Auch hier ist die Piste durch Regen nicht weiter passierbar. Unser Material wird auf dem Dach verstaut und dann geht es schaukelnd Richtung Dogubayazit und Basiscamp.

Schon von weitem ist die Arche zu sehen und diesmal sind unsere Guides schwer beeindruckt. So groß haben sie sich die Arche nicht vorgestellt. Es ist mir doch eine innere Freude, sie so erstaunt zu sehen. Wir zeigen ihnen das Camp und einer der Handwerker zeigt ihnen das Schiff.

Den Nachmittag nehmen Gerwald und ich uns frei. Das Hamam, das türkische Dampfbad, schreit nach den Tagen am Berg förmlich nach uns. Die Geschlechter sind hier streng getrennt, doch innen wird recht locker miteinander umgegangen. Die Sprache ist ein kleines Hindernis, aber mit Hilfe meiner Hände kann ich mich verständlich machen.

Ich werde an die Hand genommen und erst in die Sauna gebracht. Als es mir dort heiß wird, komme ich in die Dampfsauna. Dann werde ich geholt und mir wird mir mit einem speziellen Handschuh am ganzen Körper die Haut abgeschrubbt. Auch die letzte abgestorbene Hautzelle ist danach verschwunden. Anschließend werde ich massiert, eingeseift und nochmal massiert. Dort schöpfe ich Wasser aus speziellen Behältern und gieße mich damit von oben bis unten ab.

Zum Schluss geht es zum Haarewaschen in den zentralen Raum des Hamam. Einige Frauen und junge Mädchen betrachten mich neugierig, fragen nach meinem Namen und wo ich herkomme. Nach zwei Stunden im Hamam bin ich nicht nur blitzblank, sondern auch wunderbar entspannt. Herrlich! Ich weiß jetzt schon, dass ich das Hamam in Hamburg öfters besuchen werden.

Liebe Grüße, Beate

{image_r}Mittwoch, 23.5.2007: Gipfelversuch - Um Mitternacht stehen wir auf. Es gibt heiße Suppe und Chai zum Frühstück. Cemal sagt uns traurig, dass er nicht mitgehen wird. Er ist krank. Also schultern wir unsere Rucksäcke ohne ihn und steigen mitten in der Nacht Richtung Gipfel auf. Der Himmel ist sternenklar und auch im Tal leuchten überall Lichter. Es ist eiskalt, aber wunderschön.

Ich habe nur das Nötigste im Rucksack: Banner und Eisschrauben zum ausprobieren, zusätzliche Fliesjacke, Handschuhe, Mütze, Gesichtsmaske, Klettergurt, Thermoskanne mit Chai ... und natürlich ein Lunchpacket.

Trotz der Kälte komme ich schnell ins Schwitzen. Es ist deutlich weniger Sauerstoff in der Luft und das macht sich bemerkbar. Es wird immer anstrengender und ich immer langsamer. Ich vermeide es zwischendurch stehen zu bleiben und versuche in meinem Rhythmus immer in Bewegung zu bleiben.

Der Schnee ist fest, so dass wir gut gehen können. Zwischenzeitlich fühle ich mich wie eine Maschine, da ich wie automatisiert einen Fuß vor den anderen setze. Schritt für Schritt geht es - langsam - immer weiter herauf.

Als die Sonne aufgeht, dürfen wir einem besonderen Naturschauspiel beiwohnen. Der Ararat wirft seinen Schatten in das Tal. Es ist traumhaft schön. Ein Augenblick, den ich nicht mehr missen mag. Allein dieser Anblick ist mir die Mühen wert.

Auf einer Höhe von etwa 4.600 Metern machen wir eine längere Pause. Dort ist auch die letzte natürliche Windbarriere erreicht. Von dort haben wir einen fantastischen Blick ins Tal und auf den kleinen Ararat, der mit seinen knapp 3.900 Metern schon weit unter uns liegt. Doch lange halten wir es nicht aus. Es ist bitterkalt und der Wind pfeift uns auch hier gewaltig um die Ohren. Wir müssen weiter - uns bewegen.

Zwei unserer Begleiter sind mittlerweile auf dem Rückweg. Sie hat eine leichte Form der Höhenkrankeit erwischt, was den sofortigen Abstieg erfordert. Wir kämpfen uns weiter dem Gipfel entgegen. Doch der Ararat macht sich uns nicht zum Geschenk, sondern fordert seinen Tribut. Er ist eine große Herausforderung.

Auf einer Höhe von knapp 5.000 Metern stoppt uns Mustafa, unser Guide. Der Wind hat ständig zugenommen und rüttelt uns kräftig durch. Vor uns befindet sich eine Schlüsselstelle zum Gipfel, die dem Wind stark ausgesetzt ist. Mustafa macht uns deutlich, dass wir umdrehen müssen. Wir können die Schlüsselstelle bei dieser Windstärke nicht passieren.

Ich will es einfach nicht glauben. Strahlender Sonnenschein und kaum eine Wolke am Himmel. Um den Gipfel zu erreichen brauchen wir höchstens noch eine bis eineinhalb Stunden. Ich bin enttäuscht und traurig, doch unsere Sicherheit geht vor! Wir drehen um, ohne den Gipfel erreicht zu haben. Ich blicke sehnsüchtig zurück, wie gerne wäre ich doch weiter gegangen.

Der Abstieg ins Camp dauert gerade mal 2,5 Stunden. Dort erwarten uns Cemal, Burhan und Nuri mit heißem Chai. Burhan versucht uns zu trösten und lädt uns ein, ihn im Sommer zu besuchen. Der Mai sei eine schlechte Zeit für den Gipfel des Ararat. Im Juli oder August sollten wir wiederkommen.

Nachdem wir uns ein paar Stunden ausgeruht haben, steigen wir am späten Nachmittag weiter ab ins Camp 1. Für den nächsten Morgen bestellt Mustafa den horseman und für mittags den LKW.

Viele Grüße, Beate

{image_r}Dienstag, 22.5.2007: Recherche Teil 2 - Der zweite Tag unserer Tour brachte uns aufgrund der Wetterverhältnisse auf 3.800 Meter. Wir konnten den Tag daher recht gemütlich angehen lassen. Sieben Uhr aufstehen, acht Uhr loslaufen. Doch der Aufstieg war hart. Mit knapp zehn Kilogramm Gepäck schleppte ich mich den Berg hinauf. Auf dieser Höhe macht sich das schon bemerkbar. Ich bewunderte unsere kurdischen Begleiter, die wie junge Berggemsen den Berg hochsprangen.

Um viertel nach elf konnten wir das nächste Lager aufschlagen. Um uns herum nur noch Fels und Schnee. Erstmal hieß es Zelte aufstellen, Küchenecke einrichten, Material für den weiteren Aufstieg sichten. Da unser erster Versuch mit dem Videophon gescheitert war, versuchten wir nochmal, die Bild und Ton-Liveschaltung vom Berg nach Hamburg zu testen. Diesmal lief alles wie am Schnürchen. Ab dem Nachmittag hatten wir frei.

Cemals Hauptbeschäftigung war, aus Schnee heißes Wasser zu zaubern. Bei Temperaturen um die Null Grad unbedingt notwendig. Die Kälte zieht einem in die Knochen. Außerdem gilt es viel zu trinken, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen.

Um mich warm zu halten erkundete ich die Gegend und kletterte, trank Chai und plauderte mit mit unseren Begleitern oder verkroch mich in den Schlafsack. Bei einer meiner Erkundungstouren um den nächsten Berghang erhaschte ich einen wunderschönen Blick auf den kleinen Ararat, den niedrigeren Brudergipfel des großen.

Tagsüber haben die Wege in dieser Höhe so ihre Tücken. Während der Schnee am Morgen noch hart ist und es sich gut darauf laufen lässt, sieht das am Nachmittag meist anders aus. Auf meinen Touren breche ich immer wieder bis zur Hüfte ein und muss mich aus dem aufgeweichten Schnee herauskämpfen.

An diesem Abend essen wir sehr früh, weil wir am nächten Morgen um ein Uhr (!) zum Gipfel aufbrechen wollen. Doch bevor ich mich in den Schlafsack rolle, bekomme wir noch Tanzunterricht. Am 26. Mai ist im Tal ein kurdisches Reiterfest und wir sollen dort mittanzen können. Ganz ehrlich, in Steigeisen finde ich meinen Tanz nicht ganz so grazil. Doch unsere Guides sind von unserem Können überzeugt ;-)

Liebe Grüße, Beate

Montag, 21. Mai 2007: Heute ging es für mich richtig los. Ich gehöre zu der Truppe, die im Rahmen unserer Ararat-Klimaarbeit den Berg besteigen soll. Gerwald, ein Kollege, und ich machen uns zur Recherche auf.

Sicherheit wird bei uns ganz groß geschrieben, deshalb wollen wir die Verhältnisse am Berg in Augenschein nehmen, bevor wir Aktivisten auf 5.165 Meter schicken. Zum anderen haben wir das Material und das technische Equipment am Berg zu prüfen.

Ehrlich gesagt, habe ich mit einem solchen Haufen Material noch nie einen Berg bestiegen. Laptop, Viedeofon, Satellitentelefon und hinzu kommt natürlich noch unsere private Ausrüstung. Für zwei Leute ist das Equipment etwas viel. Deshalb und weil wir wirklich alles mitschleppen müssen - wir sind hier nicht in den Alpen -, begleiten uns noch vier lokale Bergsteiger: Mustafa, Cemal, Burhan und Nurhan.

Wir wollten am Montag um neun starten, aber da die Uhren hier irgendwie anders ticken, wurde es dann doch 10:15 Uhr. Wir steigen in einen LKW, der uns nach Eli bringen soll. Das liegt 2.700 Meter hoch. Von dort wollen wir die Strecke zum Camp 1 auf 3.200 Meter mit Hilfe von Pferden bewältigen. Doch auf etwa 2.100 Metern gibt es für den LKW kein Weiterkommen mehr. Die Regenfälle vom Vortag haben die Piste zerstört.

Wir müssen unser Gepäck ausladen. Zwei Leute warten auf die Pferde, der Rest macht sich zu Fuß auf zum Camp 1. Ab jetzt wird es drei oder vier Tage nur noch aufwärts gehen. Es ist recht warm und daher freue ich mich schon auf die höheren Bereiche. Aber auch der Blick ins Tal ist einfach wunderschschön. Kleine kurdiche Dörfer, Felder, Hügel und ein See. Dahinter sind wieder hohe Berge mit weißen Spitzen zu sehen.

Unsere Bergführer sind ständig um uns besorgt. Ich lerne hier eine Gastfreundschaft kennen, die ihres Gleichen sucht. Und ich bin völlig beeindruckt von ihrer Kondition und Fitness. Ganz besonders Burhan: Die Strecken, die wir einmal laufen, rennt er in Windeseile zweimal auf und ab. Wirklich faszinierend!

Auf drei Viertel des Weges überrascht uns ein Gewitter. Gerwald, Mustafa und ich verkriechen uns unter einem Felsen, decken uns mit einer wasserundurchlässigen Tarpaulin-Plane ab und harren der Dinge. Gewitter im Gebirge sind nicht ganz ungefährlich, aber ich bin ganz guter Dinge.

Doch der Regen lässt sich Zeit und wechselt in Graupel über. Nach einer drei viertel Stunde brechen wir trotz Eisregens auf. Uns ist schon mächtig kalt geworden. Nach einer weiteren Stunde erreichen wir Camp 1. Zu unserer Freude waren die Pferde schon vor uns da, und das Küchenzelt ist aufgebaut. Kemal empfängt uns mit heißem Tee.

Doch der Tag ist noch nicht zu Ende. Zelte aufbauen, Essen kochen und der erste Materialcheck. Unsern Versuch mit dem Videofon in Hamburg anzurufen, geben wir nach einer Stunde auf. Wir bekommen keine freie Satellitenleitung. Dann gibt es auch schon Abendessen. Cemal hat lecker für uns gekocht. Verrückt, es gibt sogar gebratenes Fleisch!

Soweit für den Tag eins, demnächst hört ihr mehr. Liebe Grüße aus 3.800 Metern, Beate

{image_r}Sonntag, 20.05.2007: Heute ist der vierte Tag im Camp. Der Bau des Schiffes geht in die letzte heiße Phase. Das Dachgerüst ist soweit fertig, das Richtfest wurde gestern gehalten. Heute soll mit der Außenverkleidung begonnen werden.

Heute morgen verabschiedete ich mich von Kaitlin, die zurück nach Istanbul fährt und ihre Weltreise fortsetzt. Sie erzählte uns, dass sie eines Tages beschlossen hatte, ihr bisheriges Leben hinter sich zu lassen und sich unbeirrt auf den Weg nach Thailand, Indien und nun in die Türkei machte. Sie sagte, sie hatte sich vor einiger Zeit ein Buch gekauft, in dem stand, wie man um die Welt reisen und währenddessen auf Bio-Bauernhöfen arbeiten kann. So kam Kaitlin hierher, da in der Nähe ein Bio-Hof ist, auf dem sie arbeiten wollte und dadurch erfuhr sie auch vom Ararat-Projekt. Sie fand es unheimlich spannend, in einem Projekt mitzuarbeiten, das weltweit soviel Aufmerksamkeit erregt, wie das Arche-Projekt von Greenpeace am Ararat. Sie kommt aus den USA und meint, dass die Regierung dort herzlich wenig für ein effektives, öffentliches Transportsystem tut. Es wird zu wenig Geld in erneuerbare Energien, aber zu viel Geld in Kriege investiert, sagte Kaitlin. Die globale Erwärmung wird hauptsächlich durch die Industrie in den Industriestaaten verursacht, aber auch der Verkehr spiele ihrer Meinung nach hier ein wichtige Rolle. Und das ist etwas, was ein jeder Mensch ändern und beeinflussen kann. Deswegen wird sie die 43-stündige Zugfahrt nach Igdir auf sich nehmen, anstatt mit dem Flugzeug zu fliegen. Nach ihrem Aufenthalt in der Türkei will sie nach Griechenland und nach Italien.

Wir wünschen dir eine gute Reise, Kaitlin!

{image}Nach dem Frühstück ging es mit dem Auto zum Korhan Plateau, ein Stück weiter den Berg hoch. Wir wollten dort Filmmaterial drehen, das Leute beim Schneesammeln zeigt. Sie haben kein fließendes Wasser in ihren Dörfern, deswegen kommen sie hier hoch und sammeln Schnee, den sie zum Kochen, Waschen und Trinken benutzen. Das Leben hier ist wundervoll, sagt Kemal, der hier lebt. Das einzige, was wir nicht haben, sind Strom und fließend Wasser.

Einige dieser Menschen dort oben gehörten zu der Familie von Mustafa. Ich unterhielt mich mit ihm über den Klimawandel und er sagte, dass der Winter dieses Jahr sehr streng hier oben war und der Schnee erst spät geschmolzen ist. Das Gras wuchs sehr spät, so dass die Tiere eine Zeit lang nicht genug Futter hatten. Mustafas Familie musste Viehdung verbrennen, um den kalten Winter zu überstehen.

Wir machten uns wieder auf den Rückweg in unser Camp, in dem wir Wasser und Strom haben. Vielleicht wird sich das Klima am Ararat eines Tages so verändern, dass der Schnee nie wieder schmilzt. Dann wird der Winter für Mustafas Familie noch härter werden, oder aber der Schnee bleibt aufgrund des Klimawandels ganz aus und es gibt kein Wasser mehr für die Menschen in dieser Gegend.

{image_r}Da wir noch ein wenig Zeit bis zu diesem Tag haben, werde ich mich von euch mit einem Gedicht von Rainer zum gestrigen Richtfest verabschieden:

Richtspruch

Hey Noah we are here!

These phrases are dedicated to you.

Merhaba, dear friends, dear guests

Who came for the Richtfest

The roof is finished, the picture is clear:

We build an arc again, for a flood to come

Oh Noah, she does not swim as it stands here

And she is also much smaller

No matter how you turn her around

But already now with her message she goes to each part

Of the world day by day

To stop the climate change

Act Now! is the message

For the sake of the planet, the animals and mankind all around

We’ll keep on building until the last plank is attached

Always trusting our common strength

Hey Noah! Through you, we see a sign for peace now

Yet, this ship shall be blessed

Even if it is just on the rocks

Cheers!

(Reiner Brumshagen)

Bis bald, Pinar

Sonntag, 20. Mai 2007: Der Planet Erde dreht sich noch immer um die Sonne, die im Osten aufgeht. Unsere Gefährten sehen dies vor allen anderen Menschen in dieser Gegend.

{image}Es herrscht die Zeit, in der der Mensch seinen scheinbar unstillbaren Hunger nach Energie auslebt und dadurch Kriege heraufbeschwört, Luft und Wasser verschmutzt, die Ozeane ausbeutet, viele mit uns lebende Kreaturen vernichtet und Lügen verbreitet. Alles muss schneller, höher und weiter gehen. Der Mensch auf der ewigen Jagd nach noch mehr Reichtum und Befriedigung!

Die Gefährten verbrennen die übrig gebliebenen Holzreste der Arche Noah, um Wärme in die kalten Nächte zu bringen. Das Wasser, das wir hier benötigen, wird uns nicht von weit her gebracht, sondern stammt aus den umliegenden Dörfern. Nahezu die ganze Arbeit, die hier vollbracht wird, wird von Hand gemacht.

Der moderne Mensch steht ständig unter Druck; er wacht schon morgens mit dem Gefühl auf, die ganze Woche hart arbeiten zu müssen, immer den sehnsüchtigen Blick gen Wochenende gerichtet. - Die Gefährten des Projekts am Ararat beginnen ihre Arbeit um sieben Uhr in der Frühe und arbeiten bis abends um sieben, legen sich danach in ihr Zelt und sind glücklich über die sie erfüllende Arbeit!

{image_r}In jedem Raum brennt kaltes, künstliches Licht, das jegliche Ästhetik verschwinden lässt. - Die Gefährten sitzen um das Feuer und das Licht spielt auf ihren Gesichtern, die dadurch sehr lebendig werden.

Eine verheerende Finsternis mit dem Namen Globale Erwärmung beherrscht die Erde; Dürren, Überflutungen und Stürme gehören zur Normalität. Das Wort Klimaflüchtling ist in aller Munde. Millionen Jahre altes Eis schmilzt und die Temperatur der Meere steigt. - Die Gefährten konnten seit zehn Tagen nicht duschen, weil es hier keine Dusche gibt.

In den vergangenen Tagen, hier oben auf 2.500 Metern Höhe, haben die Gefährten von morgens bis abends gearbeitet. Jeden Tag kommen Menschen aus den umliegenden Dörfern, um zu schauen, wie es vorangeht und um uns alles Gute zu wünschen. Cemal und Ali kochen für uns, die allgemeine Hilfsbereitschaft könnte nicht besser sein.

Die Arbeit geht vonstatten, obwohl es die sprichwörtlichen jungen Hunde regnet. Ab und an wird eine Pause eingelegt, wenn das Wetter es zu arg mit uns treibt. Inzwischen hat die Sonne ihren Auftritt für heute beendet, die Nacht senkt sich über dem Ararat nieder und alles ist in friedvoller Stille.

Auf bald! Gözde

Sonntag, 20. Mai 2007:

{image}Das Leben im Camp beginnt auch an einem Sonntag früh vor sieben. Mein erster Blick aus dem Zelt wird gleich mit einem wundervollen Blick auf die Arche und den Ararat belohnt. Es scheint als erlaube mir der Berg einen frühen Fototermin - die Sicht auf den Gipfel ist frei.

Trotz Arbeit ist später noch ein Kulturprogramm vorgesehen. Wir haben eine Einladung zum Essen und wir wollen im Ishak Pascha Palast einen Tee trinken. Aber bei derzeit etwa zwanzig Leuten im Camp wollen nicht alle mit. Und einige der Handwerker wollen weiter bauen. Die Arche soll fertig werden.

Bevor wir losfahren, bekommen wir Besuch. Einige Dorfbewohner aus der Nähe bringen uns Wasser und – ungemein köstlich – selbstgemachte Baklava. Sie schauen sich das Camp und die Arche an. Für die Konversation müssen unsere türkischen Kolleginnen und Kollegen als Dolmetscher fungieren. Sie haben einen Artikel aus einer regionalen Zeitung mitgebracht, in dem über die Arche berichtet wird.

Als die süße Köstlichkeit mit viel Tee in unseren Mägen verschwunden ist, taucht noch der Provinzgouverneur auf. Jetzt entsteht ein regelrechter Aufruhr, alles rennt durcheinander und redet gleichzeitig. Dorbewohner, Greenpeacer, Gouverneur.... Er begrüßt uns freundlich und bietet uns bei auftretenden Schwierigkeiten seine Hilfe an, was wir dankend annehmen.

Von uns bekommt er ein T-Shirt geschenkt Save the climate. It's not too late. Greenpeace. Lachend zieht er es über und lässt sich mit uns ablichten. Vielleicht kommt er zur Einweihung. Nach einer halben Stunde ist er wieder verschwunden, und wir fahren auch.

{image_r}Als erstes geht es in den Ishak-Pascha-Palast. Ein alter Palast aus Sandstein, an einer alten Kreuzung der Seidenstraße. Einmal über den nächsten Pass und man ist schon im Iran. Der Palast selber ist aus gelblichem Sandstein gebaut und reich mit Ornamenten und Schriftzeichen verziert. Er ist riesig. Besonders beeindruckt mich die von innen verzierte Kuppel. Leider werden wir nach viel zu kurzer Zeit hinausbefördert. Der Palast schließt für heute.

Nach einem Tee in der Teestube nebenan treffen wir uns mit Yussuf, der uns zum Essen eingeladen hat. In einen kleinen Restaurant gibt es typisches Essen aus der Region: Huhn, Lamm, Hackfleisch mit viel Gemüse und Brot – gerne auch sehr scharf. Dazu gibt es Ayran, das typische Joghurtgetränk. Auch heute haben wir wieder eine Menge erlebt und es geht zurück ins Camp.

Bis bald, Beate

{image}Samstag, 19. Mai 2007: Reisen bildet! Gestern ging es für mich los zum Greenpeace-Klimacamp am Berg Ararat. Ich habe Unmengen an Gepäck dabei und frage mich, wie ich das alles in das Camp transportieren soll. Von Hamburg nach Istanbul geht es zumindest per Flieger recht schnell und einfach. Nach knapp drei Stunden Flug stehe ich mit Sack und Pack in Istanbul. Da es für mich erst morgen weitergeht, bleibt das Gepäck im Flughafen.

Ich merke schnell, dass hier die Uhren anders ticken. Deutsche Pünktlichkeit? Wer braucht das hier. Die Menschen sind viel entspannter und für mich - das muss ich gestehen - ist es eine kleine Herausforderung. Um halb sieben hatte ich ein Taxi bestellt. Aber es ist auch eine halbe Stunde später noch nicht da. Da bekomme ich schon Panik, meinen Weiterflug zu verpassen. Aber irgendwie klappt dann doch alles :-)

Von Istanbul fliege ich nach Van und werde dort abgeholt. Orhan und Timo haben sich die Mühe gemacht, mich samt meiner zehn Gespäckstücke abzuholen. Nein, es ist nicht alles meins. Trotz allem habe ich aber auch viel perönliches Gepäck mit. Aber für meine anstehende Tour ist das auch notwendig. Ich werden den Ararat besteigen.

Den meisten Platz meines Gepäcks nehmen daher Wanderschuhe, Pickel, Steigeisen, Schlafsack bis minus 40 Grad Celsius und sonstige Bergsteiger-Ausrüstung ein. Ich gehe seit vielen Jahren in die Berge und in den letzten Jahren vermehrt in die Regionen oberhalb 4.000 Metern. Gletscher sind meine Leidenschaft.

Im Rahmen unserer Klimaschutz-Aktivitäten besteige ich also den historischen Berg Ararat. Und mit seinen rund 5.150 Metern (die Höhenangaben variieren von 5.137 bis 5.165 Meter) ist der Berg eine Herausforderung. Erstaunlicherweise liegt auf dem Berg derzeit wesentlich mehr Schnee als die Jahre zuvor. Auch in der Türkei macht sich der Klimawandel durch das Abschmelzen der Gletscher bemerkbar. Aber ich will an dieser Stelle noch nicht zu viel über unsere Bergtour verraten.

Das erste was ich vom Klimaschutzcamp sehe, ist die Arche. Sie thront förmlich auf einem Bergabsatz und ist weithin sichtbar. Ich finde sie sehr beeindruckend, auch wenn sie noch nicht fertig ist. Eine Viertelstunde später stehe ich im Camp - einer Ansammlung von großen und kleinen Zelten unterhalb der Arche.

Zur Begrüßung gibt einen Chai - diesen tükischen Tee gibt es sogar im Camp rund um die Uhr. Und endlich lerne ich auch die türkischen Greenpeacer persönlich kennen.

Alles Liebe, Beate

18. Mai 2007: Hallo, mein Name ist Pinar, ich werde ab jetzt das Weblog schreiben. Ich bin 25 Jahre alt und komme aus der Türkei. Ich lebte viele Jahre genauso rücksichtslos auf dieser Erde wie Millionen anderer Menschen. Das änderte sich schlagartig, als ich einen Vortrag von Melda (Pionierin bei Greenpeace in der Türkei) zur globalen Erwärmung hörte. Ich war geschockt von den Fakten und entschied mich, mein Leben zu ändern und zu Greenpeace zu gehen. Und so kam es, dass ich nun zusammen mit Gözde den Weblog für das Ararat-Projekt mitbetreue!

Es fühlte sich großartig an, heute morgen im Camp aufzuwachen, wo ich letzte Nacht nach einer zweitägigen Anreise mit meinem Reisepartner Serkan ankamen. Doch in der Nacht konnte ich nicht viel vom Lager sehen, aber heute morgen erschien mir das ganze Lager in vollem Licht. Es ist schön zu sehen, dass neben allem zerstörerischen Potenzial, das der Mensch besitzt, er dennoch auch so viel positive und heilende Fähigkeiten besitzt, das wird mir hier draußen im Ararat-Camp deutlich!

Ich traf heute auf eine Vielzahl toller Leute im Camp. Gözde, Og(uzhan, Oktay und Serkan sind einige die ich bereits aus dem türkischen Büro von Greenpeace kannte. Ich bin sehr dankbar, an diesem Projekt mit diesen wundervollen Menschen teilhaben zu dürfen!

Der Gipfel des Ararat ist mit Schnee bedeckt. Der letzte Winter war hier in der Gegend viel kälter und schneereicher als normal. Da fällt mir eine Geschichte ein, die ging folgendermaßen: Ein Geldeintreiber kam zu einem bauern und wollte dessen Geld. Der Bauer sagte sehr selbstsicher: „Keine Sorge, du erhältst dein Geld zurück, sobald der Schnee des Erciyes geschmolzen ist!“

Der Erciyes ist einer der größten und für den Skitourismus wichtigsten Berge in Anatolien. Bevor sich die Auswirkungen des Klimawandels hier bemerkbar machten, reichte der Schnee bis hinunter zur Stadt. Heutzutage reicht der Schnee gerade noch für die Bergspitze. In der Stadt liegt im Winter schon lange kein Schnee mehr. Der Klimawandel wirkt sich überall auf der Erde anders aus. Manche Regionen leiden unter Dürre, andere wiederum werden von Überschwemmungen heimgesucht.

{image_r}Die Fakten liegen auf der Hand, unsere Erde ist aus demGleichgewicht. Wir müssen sofort handeln, wenn wir nicht wieder eine Arche Noah besteigen wollen, um uns auf die Suche nach einem anderen Planeten, irgendwo im Universum, zu machen! Und wenn es so weit kommen sollte, hilft all das Öl, für das wir töten, auch nicht weiter. Ich glaube, es wäre besser für den Bauern, seine Schulden zu begleichen, denn lange dauert es nicht mehr, bis der gesamte Schnee des Erciyes geschmolzen ist!

Freitag, 18.05.2007: Manche Dinge ändern sich innerhalb von fünf Minuten...

Ich schreibe seit Samstag das erste Mal wieder in mein Tagebuch. Ich glaube dieses Mal wird es ein langer Eintrag, weil ich die letzten fünf Tage zusammenfasse.

Das Team ist trotz des starken Regens mit der Arbeit am Berg fertig geworden. Am Sonntag fiel uns das Aufstehen sehr schwer, denn wir mussten um fünf Uhr in der Früh aufbrechen, Zeit für Frühstück blieb eigentlich nicht und so beeilten wir uns, unsere Sachen zusammen zu packen und die Pferde zu beladen. Wir brauchten zwei Stunden, bis wir fertig waren für den Aufbruch, inzwischen ging auch schon die Sonne über dem Berg auf. Ein Trupp von 30 Pferden, Reitern und drei kleinen Ponys setzte sich nun am Fuß des Berges in Bewegung. Der Anblick war zu schön!

In einem langen Band bewegte sich der Trupp langsam vorwärts, einer nach dem anderen, den 2.500 Metern Höhe entgegen. Es war kalt und bewölkt und nach einer Stunde setzte der Regen ein. Wir waren alle nass bis auf die Knochen. Am nächsten Tag hörten wir, dass alle Zeitungen über dieses Unwetter berichteten.

{image}Nach drei Stunden Aufmarsch gen Ararat kam Oguzhan und erzählte uns, dass Jens, einer der freiwilligen Helfer aus Deutschland, krank sei und sofort ins Krankenhaus gefahren werden müsse. Da das nächste Krankenhaus in Igdir war, raste ich sofort zum Auto und wir fuhren los.

Der Arzt in Igdir beruhigte uns und sagte, es sei nichts Schlimmes, Jens hätte bloß eine böse Erkältung. Und so verließen wir mit Tabletten das Krankenhaus und fuhren Jens in ein Hotel. So konnte er nicht arbeiten und er sollte sich erholen. Dann fuhren wir zurück. Erst gegen Mitternacht erreichten wir das Camp und waren sehr müde. Wir konnten uns nicht einmal mehr aufraffen, einen Tee zusammen zu trinken und schliefen auf der Stelle ein!

Ich wurde unsanft von Gerwald, unserem Koordinator, geweckt. Er meinte, Jens würde es sehr schlecht gehen und er müsse so schnell wie möglich in eine Uniklinik. Ich aß eine Kleinigkeit und fuhr mit zu Jens, der wirklich schlecht aussah. Er brauchte dringend ärztliche Hilfe. Zu unserem Schrecken sahen wir, dass der Bus nach Dogubeyazit erst um zwei Uhr mittags fuhr. So lange konnten wir nicht warten und mussten uns ein privates Auto besorgen. Wir entschlossen uns, Jens in das Yuzuncu Yil Universitätskrankenhaus zu bringen.

{image­r}Wir fuhren los, Jens schlief hinten im Auto und ich unterhielt mich derweil angeregt mit dem Fahrer über dies und jenes. Mit einem Lächeln im Gesicht erzählte er mir von den Ziegen am Straßenrand, dem großen Berg Tendurek oder zeigte mir, wo die Grenze zwischen der Türkei und dem Iran verläuft und diese von Soldaten in ihren Stationen überwacht wird.

Er zeigte mir auch wo die türkisch-iranische Gas Pipeline verläuft und berichtete mir von dem Leben in dieser Gegend. Ich hörte ihm gespannt zu, während er erzählte. Auf einmal wurden wir von einer Gruppe Soldaten angehalten, sie wollten unsere Ausweise sehen. In dieser Gegend darf man sich nicht ohne Ausweis bewegen, das gibt Probleme. Nach ein paar Fragen ihrerseits ließen sie uns aber passieren.

Am Montag hatten alle frei, weil der Zement fest werden musste. Das Einzige, was es zu tun gab, war Zelte aufzubauen. Als alle Zelte standen, waren wir perfekt ausgestattet mit Küche, Toilette, Meeting- Zelt und genug Platz zum Sitzen.

Ich machte mich wieder auf ins Krankenhaus zu Jens, der viele Untersuchungen durchstehen musste. Die Ärzte hatten herausgefunden, dass sein Blinddarm kurz vor einem Durchbruch stand und er dringend operiert werden musste. Was für eine Aufregung! Ich wurde von einigen Ärzten sehr eindringlich mit Fragen über Jens gelöchert. Wo kommt er her? Ist er Türke? Woher kennt ihr euch? Ist da eine Verbindung zwischen Greenpeace und Greencard? Und so weiter und so fort...

Ich blieb noch bis Mittwoch bei Jens, der sich recht schnell erholte. Einige der Ärzte erzählten mir, dass sie mich im Fernsehen gesehen hatten und vom Ararat-Projekt gehört haben. Sie taten alle ihr Bestes, um uns den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen.

Am Mittwoch war Pressekonferenz in Istanbul. Wir hatten jede Menge Besucher. Das hatte Auswirkungen auf unser Camp. Danach bekamen wir jede Menge Besucher. Drei Dörfer kamen zum Camp und fragten uns, ob wir irgend etwas brauchten und ob sie uns helfen könnten. Es wurden viele Fotos gemacht und zwei Journalisten von wichtigen türkischen Nachrichtenagenturen führten Interviews mit uns.

Mittlerweile ist es 12:30 am Mittag, das Camp wimmelt von Kühen, Ziegen, Zimmerleuten, Journalisten und anderem Volk. Ich sitze hier und wünschte, ich könnte euch diesen Moment beschreiben...

{image}Samstag, 12. Mai 2007: Gestern haben wir mit dem Grundbesitzer gesprochen, auf dessen Land wir arbeiten. Er bat uns, das Projekt hier abzubrechen und in die Nähe eines anderen Dorfes umzuziehen, das an sein Land anschließt. Er drückte mir seine Visitenkarte in die Hand, auf der geschrieben stand: Der Besitzer des Ararat Berges. Er hatte Angst, dass der Platz, an dem wir unser Schiff errichten wollen, dadurch zu einer beliebten Touristenroute wird und keiner mehr sein Land besuchen würde.

Während wir miteinander redeten und uns gegenseitig versuchten zu verstehen, rief er jemanden mit seinem Mobiltelefon an, redete erst eine Weile mit der Person am anderen Ende und übergab mir plötzlich das Telefon. Es war ein Abgeordneter des türkischen Parlaments.

Das Telefonat erwies sich als sehr angenehm und wir verabschiedeten uns mit den besten Wünschen füreinander. Danach setzten wir unsere Diskussion mit dem Grundbesitzer fort, es dauerte noch mindestens eine Stunde. Unser Filmteam dokumentierte das ganze Prozedere. Leider kamen wir zu keinem Ergebnis, der Grundbesitzer verabschiedete sich irgendwann, versprach aber wieder zu kommen.

Nach dieser langen Diskussion nahm ich mir erst einmal eine Tasse Tee, setzte mich hin und begann mein Tagebuch fortzuführen. Dann machte ich mich auf nach Dogubeyazit um ins Internet zu kommen.

Mittlerweile sind es unzählige Tage, die wir auf regelmäßigen Strom in dem kleinen Interntcafé warten. Wir sind öfters in der Stadt, um all die Dinge zu besorgen, die wir für unser Camp benötigen. Beispielsweise die Pferde, mit denen wir am Sonntag aufbrechen wollen. Und wir brauchen noch vier große und zwei kleine Zelte. Das Lager soll für ungefähr 50 Leute eingerichtet werden. Unser Einkauf dauerre eine halbe Ewigkeit.

Beim Abendessen hatten wir zwei neue Gäste am Tisch: Michael, Anfang 20 und Schiffsbauer, und Manuel, unser Fotograf aus Istanbul. Er wird all unsere Arbeit auf Bildern dokumentieren wird.

{image_r}Nach einem guten Abendessen setzten wir uns zu einem gemeinsamen Meeting mit den Journalisten zusammen. Wir sprachen über unsere Arbeit und wie wir weiter vorgehen wollen. Doch in dem Moment, wo es spannend wurde, sprang Oguzhan auf, verschwand und kam mit einem Kuchen, in dem viele Kerzen brannten, wieder. Alle begannen zu singen und in dem Moment fiel es mir siedend heiß ein: ich hatte Geburtstag! Das hatte ich völlig vergessen.

Vor Überraschung und Freude wurde ich ganz rot. Ich war so verblüfft, dass alle trotz der vielen Arbeit an meinen Geburtstag gedacht hatten. Ich war sehr glücklich, bedankte mich bei allen und wir aßen gemeinsam den leckeren Kuchen. Als wir zu Bett gingen und uns gute Nacht sagten, hatten alle den selben Gedanken: Der morgige Tag bringt jede Menge harte Arbeit!

Das Programm besteht hauptsächlich aus der Arbeit im und am Camp. Alle Zelte müssen abgebaut werden, bevor es morgen mit den Pferden losgeht. Wir müssen die Pferde beladen und uns sehr früh auf den Weg machen. Außerdem fehlt mir noch ein Schlafsack für die Reise auf den Berg.

{image}Freitag, 10. Mai 2007: Nach 36 unendlich langen Stunden Fahrt mit Zug und Bus von Istanbul nach Agri erreichen wir endlich das Hotel, in dem wir uns mit der deutschen Crew treffen.

Reiner ist Zimmermann und Teamleiter des Schiffbaus, zusammen mit Sergej, seinem Partner am Berg. Wir wissen noch nichts über die beiden, außer dass der eine sich für Kung Fu und der andere sich für Wing Tsun interessiert. Jens, ein weiterer Aktivist, hat aufregendes zu berichten: Er hat eine lange Reise mit dem Fahrrad hinter sich - von Deutschland nach Indien. Es ist ein bunter Haufen an Leuten.

Am nächsten Morgen geht es um sieben Uhr los. Wir arbeiten zehn Stunden am Stück, das Grundgerüst des Schiffes muss entstehen. Es misst zehn mal vier mal vier Meter. Dieses Schiff soll auf 2.500 Meter Höhe gebracht werden und als ein symbolisches Mahnmal für den bevorstehenden Klimawandel dort aufgebaut werden. Es soll aber auch zukünftigen Bergsteigern als Unterschlupf dienen.

Der Ort für die Entstehung des Schiffes liegt nicht einmal eine halbe Stunde von der iranischen Grenze, nahe Dogubeyazit, entfernt. Vor Ort versuchen deutsche und türkische Greenpeace-Aktivisten nicht nur das richtige Holz für den Bau des Schiffes zu finden, sondern auch eine gemeinsame Sprache, die die Kommunikation der einzelnen Gruppenmitglieder untereinander, aber auch mit der Bevölkerung, erleichtert. Wo genau soll die Arbeit vonstatten gehen? Welche Helfer benötigen wir und wer trägt das Schiff auf 2.500 Meter Höhe? Es müssen jede Menge Antworten auf Fragen gefunden werden - nicht zuletzt wer das Schiff baut und wie man die örtliche Bevölkerung mit einbeziehen kann.

{image}Unser größtes Problem ist zur Zeit die fehlende Internetverbindung. Auch unsere Telefone verlassen uns regelmäßig. Wir müssen an bestimmte Orte gehen und dort verharren, um überhaupt Empfang zu haben. Aber das alles hindert uns nicht an unserem Plan, das Schiff hier unten so weit fertig zu stellen, dass das Grundgerüst komplett steht und die restlichen Teile zusammen mit dem halbfertigen Rumpf den Berg hochgetragen werden. Dort soll die Arbeit dann fortgesetzt werden. Ein gewagtes Unterfangen, denn bis Sonntag müssen wir ungefähr 40 Pferde aufgetrieben haben, die uns bei dem Aufstieg helfen.

Unser Filmteam ist mittlerweile in Dogubeyazit angekommen und seit gestern dokumentieren sie all unser Tun. Ein zweites Team arbeitet im Basecamp, das auf dem Berg errichtet wird. Die Koordination übernehmen acht von uns, was es nicht immer einfach macht, zumal die Arbeit hart ist und die Zeit drängt.

Trotzdem ist die Stimmung sehr gut. Alle sind aufgeregt und begeistert, diese unglaubliche Aktion ins Leben zu rufen! Es fühlt sich gut an, früh morgens aufzustehen, den wundervollen Ararat mit seiner schneebedeckten Kuppe vor sich zu sehen, neben dem man sich als Mensch doch sehr klein und vergänglich vorkommt. Abends nach getaner Arbeit sitzen wir zusammen und trinken gemeinsam Tee. Es herrscht eine sehr friedliche Stimmung hier unten am Fuß des Berges.

Morgen habe ich eine Unterhaltung mit einem Grundbesitzer aus Agri. Irgendwie funktioniert unsere Kommunikation nicht so recht und ich habe mit einem Abgeordneten aus Agri zu sprechen. Oghuzhan ist nach Igdir gefahren um sich um unser Holz zu kümmern. Unsere deutsche Crew baut fleißig am Schiff. Gerwald versucht herauszufinden, wie man am besten die Pferde für den Transport auf den Berg bepacken und beladen soll. Noch ist der Tag nicht um und es gibt noch jede Menge Arbeit zu erledigen. Ich verabschiede mich für heute, bis morgen!

Zur Person: Gözde, 26, ist eine unserer Autorinnen für das Ararat-Projekt in der Türkei. Sie war ehrenamtliche Greenpeace-Mitarbeiterin und studierte Umwelttechnik. Gözde hat an verschiedenen Kampagnen von Greenpeace mitgearbeitet. Im Rahmen des Arche-Projekts arbeitet sie als Zimmerfrau und Konflikt-Löserin - für anfallende Probleme.

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