G7 und die Energiekrise: Macht Scholz den LNG- oder den Sonnenkanzler?
- Meinung
Wenn sich die führenden Industrienationen in Elmau treffen, wird sich zeigen: Findet der deutsche Bundeskanzler die richtigen Antworten auf die drängenden Krisen der Zeit? Oder verpasst er die Chance?
In wenigen Tagen beginnt der G7 Gipfel in Elmau – und vor der Haustür des deutschen Kanzlers brennen die Wälder, weil die Klimakrise das Land ausdörrt. Auch in der Ukraine brennt es. Dort wegen des menschenverachtenden russischen Angriffskriegs. Aber auch die Energiekrise brennt unter den Nägeln. Es werden Tage werden, an denen die G7-Länder Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten Entscheidungen treffe müssen, die für den Frieden in Europa und der Welt wesentlich sein werden. Entscheidungen, die Europa Wege aus der fossilen Abhängigkeit ermöglichen und das Ende des fossilen Zeitalters einläuten könnten.
Diese Tage auf Schloss Elmau können zur großen Stunde des Olaf Scholz werden. Dem Deutschen Bundeskanzler wird in Elmau die Chance geboten, vorausschauend, verantwortungsvoll und progressiv zum Vorbild für andere Staatschefs zu werden. Er könnte zum internationalen Impulsgeber und Initiator eines Zeitalters avancieren, das sich mit einem Befreiungsschlag von der Geisel der fossilen Energieträger aus autokratischen Staaten verabschiedet und das Zeitalter der erneuerbaren Friedensenergien einläutet. Als Gastgeber der G7-Konferenz unter deutscher Schirmherrschaft wird Olaf Scholz im Rampenlicht stehen. Doch wird er die Gelegenheit für eine echte Zeitenwende nutzen?
Als Regierungschef einer der stärksten Wirtschaftsnationen darf er diese Chance nicht verstreichen lassen. Er muss klar machen, wofür er wirklich steht und auch den künftigen Kurs für die G7 vorgeben: Unter dem unheilvollen Zeichen des Kriegs in der Ukraine rücken die G7 klar zusammen. Doch hier stellen sich viele Fragen, allen voran: Für welche Werte steht die Wertegemeinschaft der G7-Staaten wirklich?
Die Herausforderungen sind groß: Zum einen muss der Umgang mit dem Aggressor Putin einheitlich festgelegt werden. Außerdem müssen Positionen gefunden werden, wie eine neue Sicherheitspolitik gestaltet werden kann, wie mit der stärksten Inflation seit 1981 umgegangen werden soll und wie die G7 der drohenden Energiekrise und der heraufziehenden Nahrungsmittelknappheit vor allem im globalen Süden begegnen wollen.
Gegen Getreideknappheit und Hungersnöte
Schon jetzt fehlen durch die von Putin zurückgehaltenen Getreidelieferungen aus der Ukraine wichtige Grundnahrungsmittel. Die Hungersnöte, die sich bereits vor unseren Augen abspielen, werden sich durch die brutalen Auswirkungen der Klimakrise um ein Vielfaches verschärfen. Die vulnerablen Länder des globalen Südens sind längst zum Spielball einer Geopolitik geworden, die die Freiheitsrechte der betroffenen Menschen höchstens als Fußnote der Geschichte betrachtet und bereits seit der Kolonialzeit missachtet.
Hier könnte und müsste Scholz über G7 ein Signal an die Welt senden: Dass die reichen G7-Nationen die Probleme der wirtschaftsschwachen Länder nicht nur im Blick haben, sondern tatsächlich aktive Hilfe an der Bewältigung deren Krisen bereitstellen wollen.
Die Hungersnöte müssen dringend abgewendet werden, wenn Humanismus und sozialer Frieden Teil des Wertekodex der G7 sein sollen. Dazu braucht es in erster Linie finanzielle Mittel, die von den wirtschaftsstarken Ländern bereitgestellt werden müssen. Damit könnten die schlimmsten Auswirkungen der Klimakatastrophe in wirtschaftlich benachteiligten Ländern aufgefangen und abgemildert werden. Vor allem aber sollten die G7-Länder all ihre gedankliche Energie und Entscheidungskraft darauf verlegen, ihre Ökonomien ab sofort zukunftsfähig zu gestalten. Dafür – und das muss Olaf Scholz und seinen Berater:innen klar sein – lohnt es sich zu kämpfen. Deswegen wird es Scholz Aufgabe sein, die bei den Elmau vorausgegangenen Minister:innen-Konferenzen offen gelassenen Punkte während der Konferenz zu schließen.
Die Wertegemeinschaft der G7 muss, wenn sie glaubwürdig sein soll, einen gemeinsamen Rahmen für die anstehenden Krisen sehr konkret vereinbaren. Dazu gehört das Limit von 1,5 Grad globaler Erwärmung zur absolut verbindlichen Richtschnur gemeinsamen Handelns zu machen und mit konkreten Beschlüssen zu unterfüttern.
Gas und Öl einsparen ist das Gebot der Stunde
Olaf Scholz ist in einer extrem schwierigen und anforderungsreichen Zeit Regierungschef einer der wichtigsten und reichsten Industrienationen. Die Welt ist krisengeschüttelt, Menschen sind verunsichert und gefährdet. Der deutsche Bundeskanzler steht nun vor der wichtigen Entscheidung, als was er in die Geschichte eingehen will. LNG-König oder Sonnenkanzler? Ist er mutig genug, mit seinen Kollegen der anderen G7-Länder eine echte Zeitenwende voranzutreiben, indem er durch den beschleunigten Ausstieg aus den fossilen Energien Autokraten wie Putin schwächt, echte Hilfeleistungen für ärmere Länder forciert und den Impuls zur technischen und klimafreundlichen Revolution der Autoindustrie mit globalen Auswirkungen setzt?
Oder inszeniert sich Olaf Scholz als Retter einer fossilen Gasversorgung mit einer neuen, in diesem Ausmaß noch nie dagewesenen Gas-Infrastruktur für Milliarden von Euro mit neuen LNG-Terminals von Kanada bis Deutschland?
Sollte er sich für einen Paradigmenwechsel in der Klimakrise entscheiden, entscheidet er sich nicht nur für die Zukunft von Millionen, die nun vor Krieg und Zerstörung fliehen, sondern auch für die seiner Kinder.
G7: Offener Brief der Umweltschutzverbände an Bundeskanzler Olaf Scholz
Anzahl Seiten: 2
Dateigröße: 490.6 KB
Herunterladen