G7: Schneller raus aus Kohle, Öl und Gas
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In Elmau ist heute der dreitägige Gipfel der G7 Staaten unter deutscher Präsidentschaft zu Ende gegangen. Das Ergebnis ist enttäuschend, kommentiert der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace, Martin Kaiser: "Beim Gipfel in Elmau hat es Olaf Scholz nicht geschafft, die Zeitenwende für den Klimaschutz einzuleiten. Dafür fehlen klare Beschlüsse zum Ausstieg aus der Kohle und ein Ausstiegsdatum für Verbrennerautos bis 2030 und für Gas bis 2035. Olaf Scholz und die G7 haben diesen Gipfel nicht genutzt, um die Ukrainekrise und die Abhängigkeit und Erpressbarkeit durch Importe fossiler Energien mit der Dringlichkeit der Klimakrise auch nur annähernd zu verbinden. Hier hätte ein deutliches Zeichen für die Abkehr von fossilen Energien wie LNG-Gas und die Sicherung der Energieversorgung durch Erneuerbare Energien stehen müssen."
Das Gipfeltreffen der G7-Staaten stand 2022 erneut unter deutscher Ratspräsidentschaft. Vorrangiges Thema war in diesem Jahr der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und seine Folgen, insbesondere die weltweite Krise bei der Ernährungs-und Energiesicherheit. Die veränderte geopolitische Lage hat schmerzhaft gezeigt, dass unsere Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen nicht nur schlecht fürs Klima ist, sondern auch für den Frieden.
Die Erwartungen an den Gipfel, der am heutigen Dienstag endet, waren aus Sicht von Greenpeace klar. “Die G7-Staaten müssen sich zum schnellstmöglichen Ausstieg aus allen fossilen Energien und zum globalen Umstieg auf Erneuerbare bekennen, um den Klimaschutz entscheidend voranzubringen und eine friedlichere Welt zu ermöglichen”, sagt Lisa Göldner, Greenpeace-Expertin für Klima. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine dürfe nicht weiter mit Importen von Kohle, Gas und Öl mitfinanziert werden. “Ein fataler Fehler wäre es aber, die russischen Importe jetzt im gleichen Umfang durch fossile Brennstoffe aus anderen Ländern zu ersetzen.” Das würde unverändert die Klimakrise befeuern und schüfe lediglich weitere potenzielle Krisenherde.
Greenpeace-Aktive bilden Friedenszeichen
Im Mai begleiteten Greenpeace-Aktive die Zusammenkunft der Außenminister:innen von Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, der USA und dem Vereinigten Königreich in Weissenhaus in Schleswig-Holstein, eines der vorbereitenden Treffen des G7-Gipfels in Elmau. Dort protestierten sie für einen raschen Ausstieg der G7-Staaten aus Kohle, Öl und Gas. Die Aktiven breiteten ein 12 mal 12 Meter großes Banner mit der Aufschrift „G7: Exit Fossils, Enter Peace” (G7: Raus aus den Fossilen, hin zum Frieden) auf dem Sand aus. Daneben formierten sie ein acht Meter großes Peace-Symbol.
In der Nacht auf Sonntag, den 26. Juni, installierten Greenpeace-Aktive an einem Hang nahe des G7- Tagungsorts Schloss Elmau ein Bergfeuer in Form eines Peace-Zeichens mit einem Durchmesser von 60 Metern. Auf Transparenten forderten sie: “G7: Exit Fossils, Enter Peace” und “G7: Jetzt Gas, Öl und Kohle stoppen”. Aus Feuer geformte Bilder in den Berggipfeln sind im Alpenraum eine Tradition zur Sommersonnenwende, die bis ins Mittelalter zurückgeht.
Frieden statt fossile Energien
Aus Greenpeace-Sicht sind viele Erwartungen an das Gipfeltreffen von den G7 nicht erfüllt worden. Die Überlegungen, die dem Treffen vorausgingen, waren:
Was muss das G7-Treffen erreichen?
Die G7 müssen in Elmau einen festen Zeitplan für den Ausstieg vorlegen: Bis 2030 muss Schluss sein mit der Kohle, bis 2035 mit fossilem Gas. Und um den Ölverbrauch deutlich zu reduzieren, dürfen spätestens ab 2030 keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr neu zugelassen werden. Ein solches Bekenntnis wäre ein starkes Signal für eine krisensichere Zukunft – und eine deutliche Aufforderung an den Rest der Welt, ebenfalls schneller unabhängig von fossilen Energien zu werden.
Zusätzlich müssen die G7 verbindliche – vor allem finanzielle – Zusagen machen, Länder des Globalen Südens beim Klimaschutz und der Energiewende, sowie bei der Anpassung an die Folgen der Klimakrise und der Bewältigung klimabedingter Schäden und Verlust zu unterstützen. Die Länder, die am stärksten unter der Erderhitzung leiden, haben in der Regel am wenigsten zu ihr beigetragen. Die G7 tragen dafür eine Verantwortung und müssen sie wahrnehmen.
Welche Rolle spielt Gas auf dem Gipfel?
Lange Zeit galt fossiles Gas als der „klimafreundlichste“ der fossilen Energieträger. Heute weiß man es besser: Zwar verursacht die Verbrennung von fossilem Gas nur rund halb so viel Kohlendioxid wie die von Kohle, sie trägt dabei aber ebenso zur Überhitzung der Erde bei. In Elmau geht es nun darum, einen globalen Gas-Boom abzuwenden und zu den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens zu stehen. Das heißt: die weltweiten Treibhausgasemissionen auf null zu reduzieren. Bundeskanzler Scholz muss sich beim Gipfel dafür einsetzen, dass der Gasverbrauch der sieben großen Industrienationen ab sofort drastisch reduziert wird. Alle neuen Konzessions-, Lizenz- oder Leasingrunden für die Förderung und Exploration von fossilem Gas müssen gestoppt werden, um bis 2035 komplett aus fossilem Gas auszusteigen.
Wo stehen die G7 mit Blick auf die Klimakrise?
Die Klimakrise spitzt sich immer weiter zu und bedroht zunehmend auch die Sicherheit von Ländern und Regionen. Die Weltwetterorganisation warnt inzwischen davor, dass bereits im Jahr 2026 erstmals die globale Durchschnittstemperatur eines Jahres um 1,5 Grad oberhalb des vorindustriellen Niveaus liegen könnte. In Folge dessen werden sich Risiken wie Wasser- und Nahrungsmittelknappheit multiplizieren, die weltweit die Sicherheit gefährden.
Doch keines der G7-Länder befindet sich derzeit in Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens. Dafür müssten die großen Industriestaaten ihre Pläne zur Treibhausgasreduktion deutlich beschleunigen. Der Weltklimarat IPCC hat in seinem jüngsten Bericht dargelegt, dass es immer noch möglich ist, die Erderwärmung unter den kritischen 1,5 Grad Celsius zu halten. Dafür müssen tiefgreifende Maßnahmen allerdings sofort umgesetzt und die Treibhausgasemissionen bis 2030 halbiert werden. Dieser Aufgabe muss sich Bundeskanzler Scholz als Teil seiner G7-Präsidentschaft stellen.
Was fordert Greenpeace von den G7?
Auf dem G7-Gipfel in Elmau müssen sich die Staats- und Regierungschefs der großen Industrienationen zu folgenden gemeinsamen Zielen bekennen:
- Ausstieg aus fossilem Erdgas bis 2035 und unverzüglicher Stopp neuer Konzessions-, Lizenz- oder Leasingrunden für die Förderung und Exploration von fossilem Gas.
- Keine Neuzulassungen von PKW mit Verbrennungsmotor spätestens ab 2030
- Kohleausstieg bis 2030
- 100% Erneuerbare Energien im Stromsektor bis 2035
- Konkrete und ausreichende finanzielle Zusagen für Klimaschutz, Klimaanpassung und die Bewältigung klimabedingter Schäden und Verluste für Länder des Globalen Südens.
“Mit einem klaren Bekenntnis der G7 zum High-Speed-Ausstieg aus den fossilen Energien und Einstieg in die Erneuerbaren kann die deutsche Ratspräsidentschaft an ihren Erfolg anknüpfen, den sie mit der Vereinbarung zur ‚Dekarbonisierung der Weltwirtschaft‘ auf dem G7-Treffen 2015 erzielt hat”, so Lisa Göldner im Vorfeld des Gipfels.
G7-Demo in München
Studie belegt: Gasverbrauch der G7 lässt sich in drei Jahren um ein Fünftel senken
Bei dem Gipfel ging es auch um Gas: Um die Importe fossilen Gases aus Russland zu reduzieren, planen europäische Regierungen, diese durch LNG (Liquid Natural Gas, verflüssigtes Erdgas) und Erdgas aus anderen Quellen zu ersetzen. Neben einer Renaissance des extrem umweltschädlichen Fracking in den USA droht auch in anderen Ländern die Erschließung zusätzlicher Gasvorkommen – die Gaskonzerne wittern das große Geschäft. Doch um die Klimakrise aufzuhalten, dürfen keinesfalls Gasvorkommen neu erschlossen werden. Im Gegenteil: Der Gasverbrauch muss jetzt schnell sinken, um zumindest im Stromsektor bis 2035 komplett auf fossiles Gas zu verzichten. Nur so lässt sich die Erderhitzung noch bei 1,5 Grad Celsius stoppen. Neue Infrastruktur für fossile Energieträger dagegen würde zu einem Lock-In-Effekt führen, also einer weiteren Bindung an Erdgas, Kohle und Öl auf Jahrzehnte.
Studie: G7 - Gas Reduction Plan
Anzahl Seiten: 49
Dateigröße: 1 MB
HerunterladenGreenpeace hat anlässlich des G7-Gipfels unter deutscher Ratspräsidentschaft das Beratungsunternehmen DIW Econ beauftragt, das Gas-Einsparpotential der G7 auszurechnen, ohne das Gas durch andere fossile Energieträger ersetzt wird und ohne Reduzierung der Industrieproduktion. Das Ergebnis der Studie: Wenn die G7 jetzt konsequent Maßnahmen auf den Weg bringen, könnte ihr Gasverbrauch im Jahr 2025 um 264 Milliarden Kubikmeter niedriger sein als 2020. Das entspricht einer Einsparung um 18 Prozent. Zum Vergleich: Russland exportiert jährlich rund 210 Milliarden Kubikmeter fossiles Gas.
Klimaschutz unter deutscher G7-Präsidentschaft voranbringen
Gemeinsam mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Germanwatch, der Dachorganisation Klima-Allianz und dem WWF Deutschland forderte Greenpeace in einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mehr Ehrgeiz beim Klimaschutz.
„Wir wenden uns heute an Sie mit der dringenden Bitte, den Gipfel dafür zu nutzen, die Klimaschutz-Anstrengungen der Industrienationen sowie deren Unterstützung verwundbarer Länder bei der Bewältigung von Klimawandelfolgen noch ambitionierter als bisher voranzutreiben", schreiben die Umweltorganisationen mit Blick auf den G7-Gipfel im bayerischen Elmau.