Jetzt spenden
Kohlekraftwerk Boxberg, Juni 2010
Paul Langrock / Zenit / Greenpeace

CO2-Zertifikat für Kraftwerke: Nicht wertvoll

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Der Markt soll es regeln. So die Idee damals, 2005, als der Handel mit Emissionsrechten eingeführt wurde. Tut der Markt auch: Weil auf Drängen der Industrie damals viel zu viele Zertifikate ausgegeben wurden, liegt der Preis für eine Tonne CO2 heute nicht wie erwartet bei 30 Euro sondern aktuell bei weniger als 4. Das verschafft den Betreibern von Braunkohlekraftwerken, den schlimmsten CO2-Schleudern unter allen Kraftwerkstypen, einen solchen Wettbewerbsvorteil, dass sie einen veritablen Boom erleben.
Wie verändert sich der Anteil der Kohle- und Gaskraftwerke bis zum Jahr 2020, wenn der Zertifikatepreis auf 40 Euro steigt? Und was geschieht, wenn er wie aktuell bei etwa 5 Euro verharrt? Diese beiden Szenarien hat das Beratungshaus Energy Brainpool im Auftrag von Greenpeace untersucht.

Niedriger CO2-Preis schadet Deutschlands Klimazielen

Bleibt der Preis niedrig, werden ineffiziente Kohlekraftwerke sogar moderne Gaskraftwerke aus dem Markt  drängen - und zwar über die Grenze Deutschlands hinaus. Dann würde der deutsche Kohlestrom dem europäischen Klimaschutz gleich mehrfach schaden: zum einen durch den hohen CO2-Ausstoß und zum anderen durch die Verdrängung von klimafreundlicheren Gaskraftwerken. Ein niedriger CO2-Preis würde es Deutschland nahezu unmöglich machen, seine selbstgesteckten Klimaziele zu erreichen. Die Mengen CO2, die Braun- und Steinkohlekraftwerke in die Luft blasen, müsste dann anderswo - etwa beim Verkehr oder den Privathaushalten - eingespart werden.

Die Studie zeigt aber auch: Selbst ein CO2-Preis von 40 Euro pro Tonne bremst nur Steinkohlekraftwerke aus. Die viel schmutzigere Braunkohle ist so billig, dass ihr Anteil nur minimal sinken würde. Gebremst werden könnte sie nur durch einen noch höheren CO2-Preis, der aber politisch kaum durchsetzbar ist. Deshalb muss die nächste Bundesregierung ein Gesetz zu einem mittelfristigen Ausstieg aus der Braunkohle beschließen.

Steigender Börsenstrompreis würde EEG-Umlage sinken lassen

Während ein höherer CO2-Preis sich spürbar auf den Börsenstrompreis auswirken würde, der nur von Unternehmen genutzt werden kann, käme er bei privaten Haushalten deutlich abgeschwächt an. Der steigende Börsenstrompreis würde nämlich gleichzeitig die EEG-Umlage sinken lassen.

Klimaschädliche Kohlekraftwerke haben Wettbewerbsvorteil

Bleibt der CO2-Preis niedrig, so ein Ergebnis der Studie, würden gut zwei Drittel mehr Steinkohlestrom produziert werden als bei einem angenommenen Zertifikatepreis von 40 Euro. Somit bestraft ein niedriger CO2-Preis die klimafreundlichere Stromerzeugung durch Gaskraftwerke und verschafft den uneffizienten und klimaschädlichen Kohlekraftwerken einen Wettbewerbsvorteil. Schon jetzt exportiert Deutschland mehr Kohlestrom denn je ins Ausland. Ein anhaltend niedriger CO2-Preis würde diese Menge in den kommenden Jahren massiv steigen lassen. „Ein niedriger CO2-Preis setzt nicht nur die Glaubwürdigkeit der deutschen Klimaschutzbemühungen aufs Spiel. Er torpediert auch die Umsetzung einer europäischen Energiewende", kommentiert Niklas Schinerl, Energieexperte bei Greenpeace, die Ergebnisse der Studie.

Online-Mitmachaktion

https://act.greenpeace.de/eu-verbot-fossile-energien

Offener Brief: Neue fossile Energieprojekte in Europa verbieten

Wir alle müssen jetzt den klimatischen und ökologischen Notstand als die existenzielle Krise behandeln, die er ist. Unser Leben hängt davon ab. Deshalb fordern wir die EU-Institutionen dazu auf: Stoppt neue Öl- und Gasprojekte!

Jetzt unterzeichnen
0%
vom Ziel erreicht
0
haben mitgemacht
0%
Datum
Protesters holding yellow banner that says "defend the climate - not fussil fuels"

Mehr zum Thema

Protest at CCS trade fair in Hamburg
  • 13.11.2024

CO2 unter dem Meer verstecken ist der Plan der Regierung. Doch "Carbon Capture and Storage" ist eine Scheinlösung – sie bremst die Energiewende und ermöglicht der fossilen Industrie ein ‚Weiter so‘.

mehr erfahren
Martin Kaiser auf der Demo in Lützerath
  • 18.01.2023

Das Dorf Lützerath ist nun dem Erdboden gleichgemacht. Wie geht es jetzt weiter mit dem Klimaschutz, der Klimapolitik und der Klimabewegung? Fragen an Greenpeace-Chef Martin Kaiser.

mehr erfahren
35.000 Menschen demonstrieren gegen die Räumung von Lützerath
  • 16.01.2023

Trotz des Protests zehntausender Menschen, trotz tagelanger mutiger Aktionen ist Lützerath nun geräumt. Der Abriss schreitet schnell voran. Doch fürs 1,5 Gradziel darf die Kohle nicht verheizt werden.

mehr erfahren
Auszug aus den NRE-Papieren
  • 22.09.2022

Interne Papiere des NRW-Bauministeriums verstärken den Verdacht auf Zweckentfremdung von Fördermitteln. Laut Greenpeace-Recherche sollen belastete Industrieflächen mit Steuergeldern saniert werden.

mehr erfahren
Mit einer roten Linie zwischen Lützerath und dem Braunkohletagebau Garzweiler  protestieren Greenpeace-Aktivist:innen gegen die Zerstörung des Dorfes durch den Kohlekonzern RWE. Auf  einer Feuerlinie steht "1,5°C LIMIT", auf Bannern ist zu lesen "1,5°C bedeutet: Lützerath bleibt".
  • 20.12.2021

Ganz Deutschland macht Weihnachtsferien. Ganz Deutschland? Nein! Ein kleines Dorf am Rande des Tagesbaus Garzweiler hört nicht auf, der Kohle-Lobby Widerstand zu leisten. Ein Bericht aus Lützerath.

mehr erfahren
  • 10.11.2021

Zum Endspurt der Koalitionsverhandlungen demonstrieren Greenpeace-Aktive mit Katastrophen-Schutt für eine stärkere Rolle der SPD im Klimaschutz

mehr erfahren