Hitzerekorde und Klimawandel: Greenpeace-Experte Karsten Smid im Interview
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Das Wetter ist herrlich dieser Tage, keine Frage. Sonnig und warm. Endlich Eis essen, im Freibad planschen und das leichte Sommerleben genießen. Denn dieser Mai war der heißeste in Deutschland seit Beginn der Aufzeichnung von Wetterdaten 1881. Das gleiche galt schon für den April. Doch nicht alle freuen sich über den herrlichen Frühsommer: Bauern zum Beispiel leiden unter der Trockenheit und hoffen inständig auf andauernde Regenfälle. Vor allem bei Weizen, Roggen und Gerste rechnen sie schon jetzt mit Ernteeinbußen. Aber auch bei Raps und Mais treten erste Probleme auf. Hat das mit dem Klimawandel zu tun? Fragen an Karsten Smid, Greenpeace-Experte für Klima.
Greenpeace: Die vergangenen zwei Monate waren der heißeste April und Mai seit Aufzeichnung der Wetterdaten. Die Medien sprechen von einer Hitzewelle und warnen vor heftigen Unwettern. Kommen die Wetterextreme vom Klimawandel?
Karsten Smid: Augenblicklich melden viele Messstationen in ganz Europa neue Temperaturrekorde. So heiß war es im Mai seit Beginn der Wetteraufzeichnungen noch nie. Dieser Trend zu Superlativen steht sicher im Zusammenhang mit dem Klimawandel.
Am Monat Mai allein lässt sich das allerdings nicht eindeutig belegen, da der Mittelwert dieses Monats über die Jahre stark schwankt. Es gab zum Beispiel 1889 schon einmal einen ähnlich heißen Mai. Anders der April: Hier kann man über die vergangenen Jahre eine Zunahme der mittleren Temperatur klar erkennen. So war der April 2018 der wärmste in Deutschland; die fünf wärmsten Aprilmonate seit Beginn der Wetteraufzeichnung lagen alle zwischen 2007 und heute. Das ist bereits der dritte Monat in diesem Jahr, der um 4 Grad Celsius und mehr über dem langjährigen Mittel der Temperaturaufzeichnungen liegt.
Auch das Jahr 2017 war mit einer Mitteltemperatur von 9,6 Grad Celsius ein sehr warmes. Allein zehn der fünfzehn wärmsten Jahre Deutschlands lagen im 21. Jahrhundert. Insgesamt stieg die Temperatur hierzulande von 1881 bis heute um 1,4 Grad. Und diese Anstiege liegen am Klimawandel.
Was ist mit den zum Teil verheerenden Unwettern: Sind die dem Klimawandel geschuldet?
Schlimme Unwetter gab es schon immer. Aber es gibt den klaren Trend, dass Unwetter – nicht an einem Ort, aber für ganz Deutschland betrachtet – immer häufiger und früher im Jahr auftreten. Und dass verheerende Starkregen zu immer größeren Schäden führen. Das liegt ganz klar am Klimawandel.
Momentan herrscht in Deutschland eine bedrohliche Wetterlage. Die von Frankreich einströmenden feuchtwarmen und instabilen Luftmassen steigen tagsüber kräftig auf und bilden einzelne, lokal sehr begrenzte Gewitterzellen. Wenn sie abregnen kommt es zu sintflutartigen Regenfällen, die zu Sturzfluten und lokalen Überschwemmungen innerhalb von wenigen Minuten führen. Ähnliche Wetterlagen hatten wir bereits in den Jahren 2013, 2011 und 2008. Dieser Trend ist besorgniserregend. Damit passiert übrigens genau das, was sich aus sämtlichen Klimamodellen schon seit Jahren herauslesen lässt. Und die Unwetter werden in Zukunft noch zunehmen.
Deswegen ist es so wichtig, dass die Politik jetzt handelt und endlich konsequent daran arbeitet, den Klimawandel in den Griff zu bekommen. Denn die Unwetter mit ihren sintflutartigen Regenfällen kommen vielleicht für die Menschen vor Ort völlig überraschend, wie aus „heiterem Himmel“. Aber für Politiker gilt die Ausrede nicht: Sie wissen, was die Konsequenzen sind, wenn sie den Klimaschutz verschlafen.
Bauern bangen um ihre Ernte, Unwetter verursachen innerhalb von Stunden Millionenschäden. Das sind die Schattenseiten der sonnigen Tage. Kann man die Folgekosten bereits in Zahlen fassen?
Dafür ist es zu früh. Die Ernteeinbußen zum Beispiel stehen erst am Ende der Vegetationsperiode fest, und auch die Bilanz der Unwetterschäden wird erst zum Ende des Jahres hin aussagekräftig. Aber klar ist: Wir stecken bereits mitten im Klimawandel, und er wird auch unsere Volkswirtschaft teuer zu stehen kommen. Neue Studien wie die amerikanischer Wissenschaftler um Marshall Burke von der Stanford-Universität zeigen, dass es 30-mal billiger ist, in den Klimaschutz zu investieren als ständig für die hohen Kosten von klimabedingten Folgeschäden aufzukommen. Jeder einzelne Euro den wir heute für Klimaschutz ausgeben, erspart uns 30 Euro, die wir ansonsten in Zukunft aufbringen müssten.