Angela Merkel: Von der Klimakanzlerin zur Kohlekanzlerin
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Neuer Kohleboom in Deutschland
Die Aktivisten kritisieren die Wandlung Merkels von der erklärten Klimaschützerin zur Helferin des schmutzigen Kohlestroms. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) trifft sich hier zu seiner Jahrestagung. Die Untätigkeit der Bundesregierung im Klimaschutz führt zu einem regelrechten Boom der Kohleverstromung mit entsprechend höherem CO2-Ausstoß. Greenpeace fordert einen deutschen Kohleausstieg bis zum Jahr 2040 und angemessene Preise für CO2-Zertifikate. "Merkel beschädigt das Vertrauen in die Energiewende, wenn sie tatenlos zuläßt, dass wieder mehr schmutzige Braun- und Steinkohle verfeuert werden", sagt Greenpeace-Energieexperte Niklas Schinerl. "So riskiert sie ihre eigenen Klimaschutzziele."
Deutsche CO2-Emmisionen gestiegen
Die Menge des in Deutschland produzierten Kohlestroms stieg im Jahr 2012 nach Angaben des BDEW um mehr als fünf Prozent. Speziell die Menge des Stroms aus Braunkohle kletterte auf den höchsten Wert seit 1990. Das sichert Deutschland den traurigen Titel des Braunkohleweltmeisters. Bereits 2012 sind die deutschen CO2-Emissionen aus der Energieerzeugung um 2,2 Prozent gestiegen. Wenn die 16 geplanten oder schon in Bau befindlichen Kohlekraftwerke tatsächlich ans Netz gingen, würde Deutschland sein Ziel verfehlen, die CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken.
Starkregen eine Folge des Klimawandels?
Die Hauptursachen für den Kohleboom liegen im dramatischen Verfall der Preise für CO2-Zertifikate sowie der fatalen Energiepolitik der Bundesregierung. Letztere setzt auf unflexible und veraltete Kohlekraft, statt auf Erdgas als Brücke zu den Erneuerbaren. Dabei muss die Regierung drängender denn je auf Klimaschutz umschwenken. Wetterextreme wie der Starkregen, der jüngst zu katastrophalen Überschwemmungen in Europa führte, könnten laut Klimawissenschaftler künftig stärker und häufiger auftreten. Grund dafür ist auch der menschengemachte Klimawandel. "Wenn Merkel nicht konsequent und wirksam den Klimaschutz vorantreibt, setzt sie Leben und Güter der Menschen aufs Spiel", sagt Schinerl.
Energiewende heisst Kohleausstieg
Der 2005 als zentrales europäisches Klimaschutzinstrument eingeführte Zertifikatehandel wurde derart verwässert, dass die Preise aktuell auf unter vier Euro pro Tonne CO2 eingebrochen sind. Dadurch wird Kohlestrom nicht mit den wahren Folgekosten für Klima und Umwelt belastet und wirkt billig. Alle Bemühungen der EU-Kommission für eine Reparatur des Systems werden auch durch die Bundesregierung blockiert. "Energiewende heißt Kohleausstieg. Wenn Frau Merkel dem Kohleboom in Deutschland nicht bremst, wird sie als Kohlekanzlerin und nicht als Klimakanzlerin in die Geschichtsbücher eingehen", so Schinerl. Greenpeace fordert die Bundeskanzlerin auf, die deutsche Blockadehaltung bei zentralen EU-Klimaschutzinitiativen wie der Erneuerung des CO2-Zertifikatehandels aufzugeben und ein Gesetz für einen Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohleverstromung bis spätestens 2040 zu verabschieden.
Stiller Killer Kohle
Die heute veröffentlichte Greenpeace-Studie "Silent Killers" untersucht die gesundheitlichen Folgen der Kohleverstromung in Europa. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass alleine im Jahr 2010 die Luftverschmutzung durch die 300 größten europäischen Kohlekraftwerke das Leben der Europäer um insgesamt 240.000 Jahre verkürzt hat. Das entspricht umgerechnet 22.000 vorzeitigen Todesfällen. Die Studie errechnete zudem die möglichen Folgen der 50 geplanten neuen Kohlekraftwerke in Europa: Sollten alle ans Netz gehen, würden sie uns weitere 31.000 Lebensjahre oder 2.700 vorzeitige Todesfälle kosten.
"Kohlekraftwerke sind stille Killer. Ihre giftigen Emissionen verursachen bei den Menschen in Europa Atemwegserkrankungen, Herzinfarkte, Lungenkrebs, Asthmaanfälle und andere Gesundheitsschäden", so Lauri Myllyvirta, Energieexperte bei Greenpeace International. Greenpeace fordert den Ausstieg aus der Kohlekraft und verbindliche europaweite Vorgaben für den Ausbau der Erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030.