Aktion im Hamburger Hafen: Klar Schiff machen fürs Klima
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Ein Kohlefrachter im Hamburger Hafen bekam von Greenpeace-Aktivisten einen neuen Anstrich. Vorm G20-Gipfel machen sie so auf den überfälligen deutschen Kohleausstieg aufmerksam.
Eikettenschwindel mal anders: Nicht alles, was „Gold“ ist, glänzt auch. Das Schiff mit dem edelmetallenen Namen „Golden Opportunity“ (auf Deutsch: Goldene Gelegenheit) hat sogar eine ausgesprochen schmutzige Fracht geladen. 75.000 Tonnen russische Steinkohle liefert das Schiff nach Hamburg. Etwa 100 Greenpeace-Aktivisten aus Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und anderen europäischen Ländern begrüßten die schwimmende Dreckschleuder heute in angemessener Weise: An die Bordwand des Frachters schrieben sie mit frischer Farbe in großen Lettern „End Coal“.
Mit Schlauchbooten begleiteten die Greenpeace-Aktivisten die Einfahrt des 225 Meter langen Massengutfrachters, der unter Hongkonger Flagge fährt. An seinem Zielort, dem Kohle-Terminal Hansaport im Hamburger Hafen, warteten Kajakfahrer und Schwimmer mit Handbannern auf die Ankunft des Schiffs; „Merkel’s Dirty Secret: Coal“ stand darauf. Still und leise konnte das Symbol für Merkels verpassten Kohleausstieg jedenfalls nicht in Hamburg, Deutschlands größten Kohlehafen, anlegen.
2015 wurden hier 7,7 Millionen Tonnen Steinkohle umgeschlagen. Denn für seine klimaschädlichen Kohlekraftwerke braucht Deutschland Nachschub aus aller Welt. Schiffe wie die „Golden Opportunity“ lieferten im vergangenen Jahr insgesamt 43 Millionen Tonnen Steinkohle nach Deutschland, doppelt so viel wie im Jahr 2000. Die Importe kommen aus Russland, Kolumbien oder den USA.
Deutschland verspielt die Energiewende
Merkel, die unkritisch schon mal als „Klimakanzlerin“ bezeichnet wird, betreibt die Energiewende mit halber Kraft: Ja, saubere Erneuerbare Energien sind auf dem Vormarsch, doch was dabei an klimaschädlichem CO2 eingespart wird, verspielt die Bundesregierung mit ihrem Festhalten an der Kohleenergie. Sie macht immer noch 40 Prozent der gesamten deutschen Stromproduktion aus, und das trotz des Zuwachses an Erneuerbaren– die mittlerweile rund ein Drittel des deutschen Stroms liefern. Darum ist der Ausstoß an Treibhausgasen in Deutschland auch so hoch wie zuletzt 2009: Im vergangenen Jahr waren es 906 Millionen Tonnen.
So sind die in Paris beschlossenen Klimaziele nicht zu erreichen, dabei sind die Voraussetzungen eigentlich gut. „Nur der Ausstieg aus der Kohle verhindert, dass die Energiewende auf halbem Weg steckenbleibt“, sagt Andree Böhling, Greenpeace-Experte für Energie. „Ohne Deutschlands Kohleproblem anzugehen, bleibt die Kanzlerin in jeder Diskussion unglaubwürdig.“ Dennoch bleibt Merkel einen Plan zum sozialverträglichen Kohleausstieg bislang schuldig. Eine aktuelle Studie von Greenpeace rechnet vor, wie ein Ausstieg aus der Kohle Deutschlands Klimaziele erreichbar macht, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden.
Merkel: Stellung beziehen bei G20
International gilt die deutsche Energiewende als Vorzeigeprojekt; aber irgendwann muss Merkel das über Gebühr positive Image auch mit Substanz füllen. Der G20-Gipfel in Hamburg gibt ihr die Gelegenheit dazu: US-Präsident Trumps Ausstieg aus dem Pariser Abkommen hatte immerhin als Nebenwirkung, dass der Klimaschutz eines der beherrschenden Themen des Treffens sein wird. Merkel kann sich hier als Gegenpol zu Klimaleugner Trump aufstellen – und mit einem eindeutigen Bekenntnis zum Kohleausstieg dieser Position Gewicht verleihen.
Bislang verdient die deutsche Energiewende ihren Namen nicht – genausowenig wie der Kohlefrachter „Golden Opportunity“ seine Kennung.
>>> In Deutschland führt kein Weg vorbei an einem Kohleausstieg und einer Verkehrswende. Fordern Sie daher von Bundeskanzlerin Merkel einen verbindlichen Fahrplan und ein Gesetz für den vollständigen und sozialverträglichen Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohleverstromung bis spätestens 2030 und das Ende des Verbrennungsmotors bis 2035.