Klimaschutz: Demo und Lichtshow gegen Kohlekraftwerk Datteln 4
- mitwirkende Expert:innen Anike Peters
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Der Antrittsbesuch der finnischen Ministerpräsidentin Sanna Marin vergangene Woche bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hätte unter normalen Umständen sicherlich kaum Aufsehen erregt. Aber wir befinden uns in der Klimakrise und Finnland ist mitverantwortlich dafür, dass in Deutschland mit Datteln 4 noch ein weiteres Kohlekraftwerk in Betrieb gehen soll – trotz des gerade im Bundeskabinett beschlossenen Kohleausstiegsgesetzes.
Demo begleitet Antrittsbesuch
Deshalb ging der Aufenthalt der finnischen Sozialdemokratin Marin am 19. Februar im Bundeskanzlerinnenamt nicht spurlos an der Klimaschutzbewegung vorbei. Vor dem Gebäude demonstrierte Greenpeace unter anderem mit Fridays for Future dafür, dass Datteln 4 nicht ans Netz gehen darf. „Sanna Marin muss ihren Einfluss auf den finnischen Staatskonzern Fortum geltend machen“, sagt Anike Peters, Klimaexpertin bei Greenpeace, „ihm gehört die Mehrheit des deutschen Datteln-Betreibers Uniper.“ Von dieser Forderung dürfte Marin nicht unberührt bleiben. Denn die finnische Regierung betreibt ambitionierten Klimaschutz und will bis zum Jahr 2029 raus aus der Kohle.
Lichtshow am Kraftwerk Datteln
Heute in den frühen Morgenstunden setzten Greenpeace-Aktivistinnen und -Aktivisten ihren Protest gegen Datteln 4 mit einer riesigen Lichtshow fort. Sie projizierten unter anderem eine in Flammen stehende Erdkugel und Bilder der Klimakrise auf den 180 Meter hohen Kühlturm des Kohlekraftwerks Datteln 4. Außerdem war das Konterfei von Pekka Lundmark zu sehen, dem Chef von Fortum, zusammen mit dem Hashtag der finnischen Klimabewegung, #NytOnPakko (übersetzt in etwa „Jetzt müssen wir“).
„Es ist grotesk, dass trotz beschlossenen Kohleausstiegs mit Datteln 4 noch ein weiteres Kohlekraftwerk in Betrieb gehen soll“, so Peters. „Das sendet ein verheerendes Signal in die Welt. Niemand braucht dieses Kraftwerk und eine große Mehrheit der Menschen in Deutschland will nicht, dass es ans Netz geht.“
Umfrage belegt: Mehrheit gegen Datteln 4
Das belegt eine aktuelle von Greenpeace beauftragte repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar. So antworteten 68 Prozent der Befragten auf die Frage, ob Datteln 4 in Betrieb gehen soll, mit „nein“ oder „eher nein“. Selbst bei den Wählerinnen und Wählern von CDU und SPD ist die Ablehnung des Kraftwerkes mit 64 beziehungsweise 71 Prozent groß. Betrachtet man die Altersgruppen, liegen die 30 bis 39jährigen mit 76 Prozent Ablehnung vorne, aber auch die über 60jährigen sind mit 64 Prozent gegen Datteln 4. Befragt wurden 1009 Personen zwischen dem 19. und 20. Februar 2020. Detaillierte Ergebnisse der Befragung sind hier zu finden.
Nach dem vom Bundeskabinett verabschiedeten Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes sollen erst 2038 die letzten Kohlekraftwerke abgeschaltet werden. Zudem darf das in Bau befindliche Steinkohlekraftwerk Datteln 4 noch ans Netz gehen, obwohl der Abschlussbericht der Kohlekommission das ausdrücklich nicht vorsah. Beides ist unvereinbar mit den deutschen Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen. Dessen Ziel, die Erderhitzung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, ist nur mit einem Kohleausstieg bis spätestens 2030 erreichbar. „Immer mehr Menschen erwarten, dass die Politik sich an den Erkenntnissen der Klimawissenschaft orientiert“, so Peters. „Der Kohleausstieg muss 2030 abgeschlossen sein, deshalb darf Datteln 4 nicht in Betrieb gehen!“
Proteste gegen Datteln 4 auch in Finnland
Auch in Finnland wächst der Protest gegen Datteln 4. Denn der finnische Staatskonzern Fortum stockt gerade seinen Anteil am deutschen Datteln-Betreiber Uniper auf 70,5 Prozent auf. Uniper betreibt seinen Kraftwerkspark allerdings zu fast 90 Prozent mit fossilen Brennstoffen. Fortum hingegen wirbt in Finnland mit dem Slogan „Join the change“ für CO2-freie Energieproduktion.
Die finnische Regierung hat beschlossen, bis zum Jahr 2029 aus der Nutzung von Kohle auszusteigen. Finnland soll bis zum Jahr 2035 komplett treibhausgasneutral wirtschaften. Damit ist die Klimapolitik des kleinen nordeuropäischen Landes eine der ambitioniertesten Europas. Der CO2-Ausstoß von Datteln 4 entspräche mit jährlich bis zu acht Millionen Tonnen einem Sechstel von Finnlands Gesamtemissionen.
Klimaexpertin Anike Peters spitzt zu: „Zu Hause in Finnland will Fortum als treibende Kraft der Energiewende erscheinen, doch in Deutschland kauft sich der Konzern mit Uniper einen fossilen Energie-Dinosaurier. Damit beschädigt Pekka Lundmark die Glaubwürdigkeit von Fortum - und auch die von Finnland.“