Ethical Fashion Show
- Ein Artikel von Carolin Wahnbaeck
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Schuhe aus Lederresten, Sohlen aus Autoreifen. Bunte Brillen aus Pappe und Hemden-Unikate aus Stoffverschnitt: Mode aus Abfall ist Trend. Wie der aussieht, das zeigten „grüne“ Labels auf der Ethical Fashion Show in Berlin; ihr Schwerpunkt: Recycling und Upcycling – Wiederverwertung und die modische Aufarbeitung von Produkten, die anderenfalls im Müll landen würden. „Das ist sehr gut angesichts knapper werdender Rohstoffe, gravierender Wasserverschmutzung in asiatischen Produktionsländern und globaler Transportwege“, sagt Kirsten Brodde, Greenpeace-Expertin für Textilien.
Und grüne Mode muss noch nicht einmal teuer sein. So, wie etwa die Upcycling-Schuhe des Labels Ultrashoes – sie sind in der Produktion billiger als konventionelles Schuhwerk. Pedro Lima, der Kopf hinter den Patchwork-Ledersneakers, war es leid, ganze Berge von wertvollem Lederverschnitt aus seiner Schuhfabrik zur Müllentsorgung zu fahren – und auch noch dafür zu bezahlen. Er begann, aus dem Verschnitt Lederstücke zusammenzunähen – als Obermaterial für Upcycling-Schuhe.
Doch das reichte ihm noch nicht. Auch die Sohlen seiner Ultrashoes stellt er aus Resten konventioneller Sohlen und ausgedienten Autoreifen her, die Innenausstattung besteht zum Großteil aus wiederverwertetem Leder und Gummi – und aus alten Tetrapak-Folien. „Verschwitzte Füße habe ich darin nicht“, schwört Lima.
Überraschende Looks aus Resten
Aus Abfällen produziert auch das Hemden-Label Aluc. Die Macher kaufen hochwertige Hemdenstoffe von Webereien in Österreich und der Schweiz – allerdings nur die Reste der Ballen oder Stoffmuster, die sonst auf dem Müll landen würden. „Jede Kollektion ist eine Überraschung“, sagt eine der Aluc-Designerinnen. „Wir wissen erst nach dem Einkauf, welche Farben und Muster unsere Hemden haben – und wie die zusammengenäht werden.“
Denn welcher der verschiedenen Stoffe zu Ärmel, Kragen oder Rückenteil wird, entscheiden die Näher und Näherinnen in der Behindertenwerkstatt Harz-Weser-Werk in Osterode. Die verdoppeln die Lebensdauer der Hemden, indem sie austauschbare Kragen einsetzen. Denn die verschleißen zuerst.
Kurze Wege für hippe Mode
Die Transportwege radikal zu verkürzen – das hat Brainshirt geschafft. Auf der Ethical Fashion Show präsentiert das Label unter anderem eine Lodenjacke mit quietschgrünen Knöpfen. „So ein Stück hätte in der Produktionskette normalerweise mindestens einmal den Erdball umrundet, bis es hier hängen würde“, sagt Matthias Hebeler von Brainshirt. „Aber diese Jacke hat genau 841 Kilometer zurückgelegt.“ Denn die Wolle stammt von der Biolandhof-Schäferei in der Rhön und wurde in Brandenburg gewaschen, gekämmt, gesponnen und in der Oberpfalz gewebt und gewalkt. Im Odenwald ließ Brainshirt schließlich die Jacke nähen.
Wolljacken hat auch das finnische Label Nurmi, bekannt geworden mit Upcycling-Jeans, erstmals im Angebot. Siebzig Prozent des Jackenstoffes sind aus recycelter Wolle, 25 Prozent aus Polyamid und fünf Prozent aus anderen wiederverwerteten Fasern. Und auch was das Design anbelangt, geben sich die Finnen pragmatisch: Unisex ist ihr Credo. „Wir schneidern Jacken und Hosen so, dass Männer und Frauen sie gerne tragen“, sagt Anniina Nurmi. „So brauchen zum Beispiel Paare nur halb so viel Kleidung kaufen.“
Gute Sicht mit Pappe
Superleichte Sonnen-, Lese- und Hipster-Brillen aus Pappe – die produziert Cantemir Gheorghiu seit Jahren in einer Kreuzberger Behindertenwerkstatt. Die Papprahmen fertigt er aus Holzresten, die dann in wasserabweisendes, buntes Holzöl getaucht und dabei gefärbt werden.
Kirsten Brodde ist begeistert: „Der Idealismus, mit dem die Designer ihr Ziel einer nachhaltigen und schicken Mode verfolgen, beeindruckt mich noch immer“, sagt sie. „Und der Erfolg gibt ihnen Recht: Viele Labels wachsen – dank steigendem Bewusstsein der Verbraucher und hoher Rohstoffpreise.“ Genau die machen Recycling und Upcycling so attraktiv. Und zum Trend – das bewies die Ethical Fashion Show.