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Eine so schnelle Reaktion der Behörden habe ich noch nicht erlebt! Der Greenpeace-Chemieexperte Andreas Bernstorff ist zufrieden. Nachdem Greenpeace am Mittwoch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf ein gefährliches, marodes Lager für Altpestizide in der Slowakei gelenkt hat, wurden die dortigen Behörden schnell aktiv. Am Freitagmorgen haben sie die Gifte geborgen.
Seit rund 20 Jahren befinden sich die Pestizide in der Slowakei. Sie stammen aus Produktionsstätten der DDR. Abnehmer war damals ein inzwischen verschwundenes Landwirtschaftskollektiv. Zurück blieben rund sechs Tonnen teilweise hochgiftige Pestizide in einem acht mal acht Meter großen Häuschen, das allmählich zerfiel.
Als Greenpeacer es entdeckten, bot sich ihnen ein erschreckendes Bild: Viele der Behälter für die Chemikalien waren aufgeplatzt und undicht, die hochgiftigen Substanzen über den Boden verstreut. Von dem Gebäude waren gerade mal noch die Wände intakt.
Man konnte die Chemikalien riechen
Greenpeace-Untersuchungen wiesen die Altpestizide bereits im zehn Meter entfernten Erdreich nach. Eine weiträumige Boden- und Grundwasservergiftung kann also nicht ausgeschlossen werden.
Das verfallene Gebäude liegt direkt an der Landstraße zu der Ortschaft Bielovce in der Südslowakei. Wenn der Wind aus einer bestimmten Richtung bläst, kann man die Chemikalien sogar auf der Straße riechen, sagte Andreas Bernstorff vor Ort.
Als rund 30 Greenpeace-Aktivisten am Mittwoch damit begannen, in Schutzanzügen und mit Gasmasken vorm Gesicht die Altpestizide in 40 UN-genormte 200-Liter-Fässer umzufüllen, war auch das Interesse der slowakischen, ungarischen und österreichischen Medien geweckt
Behörden untersuchen Trinkwasser
Am nächsten Tag reagierten Umweltministerium und Zivilschutz. Nach der Phase der Abwehr haben die Behörden unter dem Mediendruck eingelenkt, sagt Andreas Bernstorff. Sie untersuchen sogar das Trinkwasser in benachbarten Haushalten und inspizieren das Gelände nach weiteren Giften.
Am Freitagmorgen fuhr ein LKW eines Spezialunternehmens vor, um die gefährlichen Chemikalien abzutransportieren. Sie werden später fachgerecht entsorgt. Zurück bleibt das verseuchte Gebäude und Gelände. Die Greenpeacer haben die offenen Fenster und Lecks im Dach notdürftig versiegelt, damit kein Wasser mehr eindringen kann. Mit weiß-rotem Absperrband und Warnschildern wurde das Gelände weiträumig markiert. Die Behörden haben die Beseitigung der Gefahrenquelle zugesagt.
Noch hunderte weitere Pestizidzeitbomben ticken
Doch es handelt sich nur um einen ersten Teilerfolg: Hunderte solcher vergessenen Lager könnten überall in der Slowakei existieren. 300 bis 400 Tonnen solcher Uraltgifte dürften nach Schätzungen der slowakischen Behörden landesweit als chemische Zeitbomben ticken. Von ihnen geht eine große Gefahr für die Bevölkerung aus.
Greenpeace fordert ein nationales Programm zur Altlastensanierung, um die Altpestizide umweltverträglich zu entsorgen. Allerdings weist Andreas Bernstorff auf einen Zusammenhang hin: Angesichts der Herkunft aus Deutschland kann man die Slowakei nicht allein auf dem Problem sitzen lassen. Wir brauchen eine europäische Lösung für neue Mitgliedstaaten. Dafür sollte das deutsche Umweltministerium sich besonders einsetzen.(mir)
Unsere Kollegen in der Slowakei haben zwei Slide-Shows mit Fotos zu der Aktion in Bielovce zusammengestellt. (Klicken Sie bitte einmal auf "auto/stop" unter dem jeweils ersten Bild, um die Show zu starten!)