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Detox Gruppenaktionstag zu Zara in Berlin im November 2012
Gordon Welters / Greenpeace

Fast Fashion versus grüne Mode

Fast Fashion, also schnelle Mode, was ist das? Wer steckt dahinter und warum ist sie problematisch? Hier gibt es Antworten – auch zu den Alternativen.

Was ist Fast Fashion?

Ein Shirt für vier Euro, die Hose für zehn – billig produziert für den kurzfristigen Gebrauch und schon bald durch andere Fashion-Trends ersetzt: das ist Fast Fashion. Die Bilder der Modenschauen in New York, London, Mailand oder Paris gehen blitzschnell um die Welt. Fast zeitgleich werden die vermeintlichen Must-Haves dann online angeboten oder hängen etwas später in den Schaufenstern der großen Ketten. In immer kürzeren Abständen wechseln die Kollektionen – insbesondere Online-Händler wie Shein oder Temu befeuern diesen Trend. 

Mit unglaublichen 6000 bis 9000, manchmal sogar 11000 neuen Artikeln pro Tag auf der Webseite und in den Social-Media-Kanälen drängt der große Online-Textilhändler SHEIN auf den Markt. Und stachelt so den Durchlauf in den Kleiderschränken weltweit an. Shein und Temu schicken täglich Tausende Kleidungsstücke per Flugzeug nach Europa und in die USA. Jede zweite Luftfracht aus China ist voll mit Kleidung

Die Fast-Fashion-Discounter und Supermärkte liefern sich seit Jahren Preiskämpfe – und bringen massenhaft minderwertige Billigware auf den Markt. Nach kurzer Zeit, meist nicht mal nur einer Saison, werden die Stücke aussortiert: nicht nur wegen des nicht mehr angesagten Stils, sondern auch, weil die Hose beult, das Shirt Löcher und der Schuh keine Sohle mehr hat. Ein Party-Top wird im Schnitt sogar nur 1,7-mal getragen, bevor es entsorgt wird.

Was passiert mit den Textilien, die wir entsorgen? 

Drei Viertel der aussortierten Textilien landen auf Deponien, werden verbrannt oder verschmutzen durch illegale Entsorgung die Natur: weltweit jede Sekunde eine LKW-Ladung voll – so die Schätzung. Nur ein geringer Prozentsatz wird recycelt: Weniger als 1 Prozent ihrer Textilien stellt die Bekleidungsindustrie aus recycelten Fasern her. 

In Europa wandert ausrangierte Kleidung oft in Altkleidersammlungen. Nur ein Bruchteil davon wird jedoch in Europa selbst genutzt. Das meiste wird als Second Hand-Ware exportiert, vor allem in afrikanische Länder wie Ghana oder Kenia. Auch Winterkleidung. Logischerweise findet diese dort keine Abnehmer:innen, ebenso wenig minderwertige, löchrige Ware – die meist aus synthetischen Fasern, also Plastik, besteht. In Ghana etwa ist nur die Hälfte der importierten Textilien für den lokalen Markt nutzbar. Jede Woche treffen dort rund 100 Containerladungen mit tonnenweise Altkleidern aus Europa, Asien und Nordamerika ein – mit hochgerechnet 15 Millionen Artikeln. So exportieren wir unseren Plastik-Textilmüll nach Afrika. In Ermangelung von ausreichender MülI-Infrastruktur enden die Klamottenberge auf offenen illegalen Mülldeponien mitten in der Natur oder in Flüssen, um von dort aus in die Meere gespült zu werden. Eine Greenpeace-Recherche zeigt das gigantische Ausmaß

Aktive sitzen auf einem einem 3,5 Meter hohen und 12 Meter breiten Textilmüll-Berg  vor dem Brandenburger Tor, auf dem Banner steht "Fast Fashion: Kleider machen Müll".

Aussortierte Kleidung landet in großem Stil in Afrika – und wird dort zum Plastikmüllproblem. Eine Greenpeace-Recherche zeigt das Ausmaß, Aktive protestieren gegen Fast Fashion auf der Fashion Week.

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Warum ist Fast Fashion ein Umweltproblem?

Die Modeindustrie ist auf dem Weg zu giftfreier Produktion weit vorangekommen – auch wenn noch nicht alles perfekt ist. Allerdings besteht die Gefahr, dass die weltweit wachsende Produktion und der steigende Konsum von Kleidung diesen Erfolg zunichte machen. Rund 100 Milliarden Kleidungsstücke wurden im Jahr 2014 produziert, 2030 sollen es bereits über 200 Milliarden sein – diese unfassbaren Massen verursachen Probleme für Mensch und Umwelt.

  • Arbeitsbedingungen: Der Einsturz der Textilfabrik von Rana Plaza in Bangladesch am 24. April 2013, bei dem mindestens 1132 Beschäftigte – hauptsächlich junge Frauen – ums Leben kamen, ist die größte Katastrophe der modernen Textilindustrie. Dennoch hat sich für die Fabrikarbeiter:innen bis heute kaum etwas verbessert. Mehr Infos zu Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie finden Sie auf saubere-kleidung.de.
  • Ressourcenverbrauch: In der EU ist der private Konsum von Textilien der viertgrößte Verursacher von Umweltproblemen. Fast 85 Prozent dieser Schäden entstehen außerhalb der EU. Das beginnt bereits beim Anbau: Baumwolle wird meist unter enormem Einsatz von Wasser – und auch Dünger sowie Pestiziden – angebaut. Die eingesetzten Chemikalien verschmutzen Gewässer und schaden der Artenvielfalt. Der größte Anteil unserer Kleidung besteht jedoch aus synthetischen Fasern, also aus Plastik aus Öl – und treibt somit die Klimakrise und Plastikvermüllung unseres Planeten weiter voran. Textilfabriken verbrauchen beim Spinnen von Fasern und zur Herstellung von Stoffen nochmals große Mengen Energie, Chemikalien und auch Wasser. 
  • Chemikalien: Die Textilindustrie verwendet bis zu 3500 verschiedene Chemikalien, 10 Prozent davon sind gesundheitsschädlich, 5 Prozent gefährlich für die Umwelt.
  • Klima: Die Produktion von Textilien verursacht bis zu 11 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. 
  • Plastik: Das rasante Wachstum von Fast Fashion wäre ohne Kunstfasern, wie zum Beispiel Polyester, nicht möglich: Sie sind billig und einfach zu produzieren – und werden aus Erdöl hergestellt. Über 70 Prozent der Textilien bestehen aus synthetischen Fasern und somit Plastik – oft noch versetzt mit umwelt- und gesundheitsschädlichen Chemikalien. Synthetische Mikrofasern, zum Beispiel von Fleece-Kleidung, lösen sich in der Waschmaschine und landen in Flüssen und Meeren. Mit einer einzigen 6-Kilogramm-Waschladung von Synthetikstoffen können bis zu 700.000 Mikrofasern in die Umwelt gelangen. Schon jetzt stammen über 35 Prozent des Mikroplastiks in unseren Meeren aus Textilien. 
  • Textilmüll: Aussortierte, kaputte Kleidung ist häufig nichts anderes als Plastikmüll. Wie jeder Plastikmüll verrotten auch Plastik-Textilien nicht, die wir vor allem nach Afrika exportieren und die dort die Müllkapazitäten sprengen. Textil-Müllberge auf Deponien sind die Folge. Um die Menge in den Griff zu bekommen, werden sie auch unter freiem Himmel verbrannt – und setzen so Schadstoffe frei. Oder sie landen in den Flüssen, schwimmen mit der Strömung ins Meer und werden dort zu Mikroplastik zerrieben.

Welche Marken sind nachhaltig?

Die Fast Fashion-Industrie wirbt mit Nachhaltigkeit und besseren Arbeitsbedingungen, ein Greenpeace-Report legt jedoch offen, dass es sich dabei meistens um Greenwashing handelt. So erstellen Unternehmen die vermeintlichen Nachhaltigkeitslabel selbst mit Begriffen “Nachhaltig”, “Green” oder “Fair”. Greenpeace hat im Jahr 2023 untersucht, inwieweit diese Auslobung marktführender Fast Fashion-Firmen tatsächlich durch eine bessere Produktion begründet ist. Geprüft wurde dabei etwa der Einsatz von umwelt- und gesundheitsgefährdenden Chemikalien gemäß gemeldeter und gemessener Fabrik-Abwasserdaten. Weiter wurde untersucht, inwiefern Arbeitnehmer:innen existenzsichernde Löhne erhalten und Daten über Zulieferbetriebe wie Lieferketten öffentlich zugänglich sind. Am besten schnitt das Label “Vaude Green Shape” ab, Schlusslichter sind unter anderen die Label “Zara Join Life” und “Primark Cares”. 

Es gibt aber auch firmenunabhängige Label: Kleidung, die Logos etwa von IVN Best oder GOTS trägt, muss definierte ökologische Kriterien erfüllen.

Greenpeace-Report: Die Label-Masche. Zehn Jahre nach Rana Plaza – Greenwashing des kaputten Fast Fashion-Systems

Greenpeace-Report: Die Label-Masche. Zehn Jahre nach Rana Plaza – Greenwashing des kaputten Fast Fashion-Systems

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Kann Kleidung recycelt werden?

Wenn von Recycling die Rede ist, handelt es sich nicht um die Wiedergewinnung von Fasern zur Herstellung neuer Kleidung. Die Stoffe werden meist geschreddert und zu Putzlappen oder Isolier- und Füllstoffen verarbeitet. Tatsächlich ist diese Nutzung nur eine vorübergehende Lebensverlängerung, denn letztendlich werden diese Lumpen zu Müll. Ein sogenanntes Faser-zu-Faser-Recycling, also die Umwandlung der alten Materialien in brauchbare Garne oder Stoffe für neue Kleidung, findet so gut wie gar nicht statt. Nicht mal ein Prozent der Kleidung besteht aus recycelten Fasern. Das hat mehrere Gründe: Ein großes Problem ist es, die eingesetzten Fasern zu identifizieren. Denn oft sind die Etiketten aus der Kleidung herausgeschnitten. Und selbst wenn Stoffe erkannt sind, verhindern die vielen Fasermixe, aber auch die Zusammensetzung unterschiedlicher Stoffe, Knöpfe, Reißverschlüsse und anderer Elemente bislang ein wirtschaftlich rentables Trennen.

Gibt es Gesetzesvorgaben für die Entsorgung von Textilien? 

Die Gesetzgebung zum Umgang mit Textilmüll steckt weltweit in den Kinderschuhen. Ab dem Jahr 2025 will die EU zumindest gesetzlich verankern, dass Textilmüll getrennt vom Hausmüll in einer gesonderten Tonne entsorgt werden muss. Nur eine separate Sammlung macht ein Recycling künftig überhaupt möglich.

Der Export von Textilmüll und unbrauchbarer Kleidung in Länder des Globalen Südens ist jedoch weiterhin uneingeschränkt erlaubt. Die EU verhandelt aktuell eine gesetzlich erweiterte Herstellerverantwortung für Textilien, die auf dem Verursacherprinzip basiert. 

Greenpeace hält die aktuellen Entwürfe für zu schwach. Unternehmen sollten in der gesamten Lieferkette Umwelt- und Gesundheitsschäden vermeiden und im Falle eines Verstoßes haften sowie für Schäden aufkommen. 

Datum
Müllhalde mit Kühen in Ghana

Restmüll oder Kleidercontainer: Was ist besser?

Da erst ab dem Jahr 2025 in Europa eine Getrenntsammlung von Textilen vorgesehen ist, sollte Kleidung an Kleidercontainer abgegeben werden. Am besten bei karitativen Einrichtungen, die verantwortlich mit Textilexporten umgehen. Besser jedoch ist zu überlegen, ob sich die aussortierte Kleidung noch weiter nutzen lässt.

Alternativen zu Fast Fashion: Was kann ich tun?

85 Prozent der Treibhausgasemissionen aus der Textilindustrie stammen aus der Produktion. Das nachhaltigste Produkt ist demnach immer eines, das nicht neu hergestellt werden muss. Dazu können wir alle beitragen, indem wir wenig neu kaufen und aussortierte Kleidung weitergenutzt wird.

  • Reparieren: Der Riss in der Kinderhose, der kaputte Reißverschluss an der Winterjacke: Den Riss bekommen einige vielleicht noch selbst geflickt, der Reißverschluss ist herausfordernder. Gegebenenfalls könnte eine Schneiderei übernehmen. Auf Nachbarschaftsportalen blüht aber auch der Tauschhandel: Irgendwer bietet Gartenarbeit an, die nächste Person, Kleidung zu reparieren.
  • Kleidertausch: Halten Sie nach Kleidertauschpartys in der Nähe Ausschau - oder Sie organisieren selbst eine. Wem das zu aufwendig ist, lädt Freund:innen, Familie oder Nachbarschaft ein. Das bringt nicht nur frische Kleidung, sondern auch jede Menge Spaß. 

    Bei Kinderkleidung lohnt es sich, einen Tauschkreis unter Freund:innen oder in der Nachbarschaft aufzubauen. 

  • Leihen: Online und offline gibt es Angebote, Kleidung zu mieten. Manchmal haben aber auch Freund:innen die passende Abendgarderobe oder das Teil für die Mottoparty im Kleiderschrank.  
  • Second Hand: Das Angebot an Flohmärkten oder Second Hand-Läden für gebrauchte Kleidung ist groß. Eine Gelegenheit, zu kaufen, aber auch zu verkaufen. Eine kurze Internetrecherche und schon haben Sie Termine und Adressen. 
  • Verantwortungsvolle Kleiderspende: Wer Kleidung nicht losgeworden ist, kann sie an eine lokale, karitative Sammelstelle abgeben. Eine Karte finden Sie unter Fairwertung.de.
  • Nachhaltig neu kaufen: Wenn es was Neues sein muss, wählen Sie langlebige Produkte, wenn möglich Textilien aus recycelter Kleidung oder aus biologischen Materialien. Umweltfreundlich und sozial hergestellte Mode ist an verschiedenen Gütesiegeln zu erkennen. Auch wenn momentan noch kein Siegel perfekt ist, können Sie sich am Label von GOTS (Global Organic Textile Standard) oder IVN Best vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft orientieren. Beide Label kontrollieren die gesamte Herstellungskette der Modefirmen – vom Anbau der Biobaumwolle bis zum weitgehend rückstandsfreien Produkt. Risiko-Chemikalien sind verboten. Die Modeindustrie heftet eigene Label auf ihre Kleidung. Dass hinter vielversprechenden Bezeichnungen wie „eco“ (bio/öko), „green“ (umweltfreundlich) oder „cares“ (verantwortungsvoll) oft nur Greenwashing steckt, hat Greenpeace im Report “Die Label-Masche” gezeigt. 

Was muss die Textilindustrie sowie Politik tun? 

Die Verantwortung für einen nachhaltigen Kleiderschrank allein auf Verbraucher:innen abzuwälzen, wäre nicht fair. Die Bekleidungsindustrie hat jahrzehntelang auf Kosten von Natur und Mensch verdient, sie ist dran, das endlich zu ändern. Hier und da ein paar nachhaltig produzierte Klamotten auf den Markt zu schmeißen, reicht nicht: Das lineare Geschäftsmodell, also produzieren, verkaufen und wegschmeißen, sprengt die Grenzen dessen, was unser Planet verträgt. Umweltfreundlich ist nur der Kreislauf: Recycling von alten Textilien zu neuen Textilien - dahin muss die Textilindustrie kommen.

Die Politik kann die Leitplanken für eine nachhaltige Entwicklung liefern. Das beginnt damit, die Textilindustrie zu verpflichten, für ihre Produkte die Verantwortung zu übernehmen. Greenpeace fordert deshalb von Umweltministerin Steffi Lemke, sich für eine wirksame Herstellerverantwortung einzusetzen, die folgende Punkte umfassen müsste:

  • Einführung des Verursacherprinzips: Unternehmen müssen für den gesamten Lebenszyklus ihrer Produkte Verantwortung übernehmen - vom Abbau der Rohstoffe, über Herstellung, Verkauf bis zum Ende der Nutzung.
  • Kleidung ohne synthetische Fasern 
  • Exportverbot von Textilmüll und unbrauchbarer Kleidung
  • Kein Einsatz von umwelt- und gesundheitsschädlichen Chemikalien
  • Verbot, gebrauchsfähige Produkte zu zerstören
  • Produktstandards für die Haltbarkeit, Reparatur, Wiederverwendung und Recyclingfähigkeit von Textilien; die Informationen müssen über einen digitalen Produktpass im Textil verfügbar sein.

Modeindustrie entgiften: Was wir erreicht haben

Gemeinsam mit Verbraucher:innen hat die Kampagne für nachhaltigen Konsum schon viel erreicht: Die Modebranche entgiftet ihre Produktion. Und seit Oktober 2020 gibt es immerhin ein Vernichtungsverbot für Neuwaren, das auch für Kleidung gilt  – die sogenannte Obhutspflicht. 

Noch im Jahr 2020 konnte Greenpeace beispielsweise dem Versandriesen Amazon nachweisen, dass Retouren, Saison- und Lagerware, regelmäßig zerstört werden. Neue Produkte, auch Kleidung, gingen in den Schredder oder wurden verbrannt, da die Vernichtung günstiger ist als die Lagerung der Ware. Die Empörung war groß, die Bundesregierung verschärfte daraufhin das sogenannte Kreislaufwirtschaftsgesetz und führte die Obhutspflicht ein. Neuwertige Ware darf seitdem nicht mehr vernichtet werden. Noch jedoch werden Verstöße nicht bestraft, daher wundert es nicht, dass Greenpeace-Aktivist:innen in Ghana auch neue Kleidung fanden. Dies könnte sich nun mit dem neuen EU-Vernichtungsverbot von unverkaufter Kleidung ändern, das im Dezember 2023 beschlossen wurde.

Fabrikarbeiterin in der Provinz Guangdong

Während die Modeindustrie auf dem Weg zu giftfreier Produktion weit vorangekommen ist, verschärft sie mit ungebremster Massenproduktion die Klimakrise, so ein Greenpeace-Report.

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