Jetzt spenden
Kleine grüne Meeresschildkröte in einem Plastikbecher am Strand
© Paul Hilton / Greenpeace

Immer mehr Plastik im Meer

Warum Plastik im Ozean so gefährlich ist

Jede Minute gelangt auf der ganzen Welt Plastik in der Größe einer Müllwagenladung in die Ozeane. Die Weltmeere leiden zunehmend darunter – sie sind zur Mülldeponie geworden.

Krank und schwach sah sie aus, als man sie am Strand von Phuket fand. Sie wog nur drei Kilo und sah von außen unverletzt aus. Doch ein Röntgenbild offenbarte ihr Leid: Im Körper der jungen, grünen Meeresschildkröte entdeckten Tiermediziner:innen 158 Müllstücke. Es war hauptsächlich Plastikmüll - Tüten, Plastikteilchen und Hartplastik – den die Schildkröte in den verschmutzten Gewässern vor Phukets Küste geschluckt hatte. Und der jetzt ihren Magen und ihren Darm verstopfte. Die Diagnose: kompletter Darmverschluss. Wäre sie nicht gefunden worden, die Meeresschildkröte wäre vermutlich qualvoll gestorben.

Es sind Bilder wie von dieser Schildkröte, die nicht mehr aus dem Kopf gehen und die zeigen, was Plastikmüll für einen Schaden in den Ozeanen anrichtet. Jede Minute landet Plastik in der Größenordnung einer Müllwagenladung im Meer. Eine gigantische Menge, die immer größer wird. Denn Plastik verrottet nicht. Es zerfällt nur in immer kleinere Teile. Ketchup-Flaschen oder Joghurtbecher brauchen bis zu 450 Jahre, um sich aufzulösen.

Wie gelangt Plastik in die Meere und in unsere Lebensmittel?

Jedes Jahr produzieren Menschen weltweit über 400 Millionen Tonnen Kunststoffe, Tendenz steigend. Aus dem Großteil entstehen Verpackungen und Einwegprodukte, die weniger als fünf Minuten lang in Gebrauch sind – Wegwerfbecher, Feuchttücher, Aufschnittfolien und anderes mehr. Etwa die Hälfte aller Kunststofferzeugnisse landet nach weniger als einem Monat im Müll – und davon gelangt wiederum ein Großteil vom Land aus in die Ozeane, neun Millionen Tonnen Plastik insgesamt, jedes Jahr.

Doch Plastik verschmutzt nicht nur Meere und Küsten. Es ist überall, auch dort, wo das menschliche Auge es nicht mehr sehen kann. Selbst das Abwasser ist voll davon: Viele Kosmetikprodukte enthalten Plastikgranulate oder flüssiges Plastik. Das soll die Konsistenz von Peelings, Cremes und Shampoos verbessern. Zwar hatte sich die Kosmetikbranche mit der Bundesregierung darauf geeinigt, ab 2020 Schleifmittel aus Mikroplastik nicht länger in ihren Produkten zu benutzen. Doch daraus wurde nichts. Eine aktuelle Untersuchung von Greenpeace zeigt: Viele Firmen setzen nach wie vor Mikroplastikpartikel und Kunststoffe ein. In 502 Artikeln fand sich Plastik. Aus solchen Produkten sowie aus Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln gelangen laut Verbraucherzentrale allein in Deutschland 977 Tonnen Mikroplastik und 46.900 Tonnen gelöste Polymere ins Abwasser, jedes Jahr.

Die Mikroplastik-Partikel sind mit dem bloßen Auge oft nicht zu erkennen. Sie sind so klein, dass sie auch nicht aus dem Wasser herausgefiltert werden können. Über das Abwasser gelangen sie schließlich ins Meer. Dort angekommen, lassen sich die Kunststoffe kaum oder nur mit großem Aufwand wieder entfernen. Häufig heften sich noch zusätzliche Umweltgifte an den Plastikkrümeln fest. Plankton, Muscheln, Garnelen und Speisefische verwechseln die winzigen Partikel mit Nahrung und fressen sie. So gelangt das Mikroplastik in die Nahrungskette und damit schließlich auch in unsere Lebensmittel.

Weitere spannende Artikel

Meeresschildkröte verfangen in einem Geisternetz

Zehntausende Fischernetze landen jährlich als Plastikmüll im Meer, auch in Nord- und Ostsee – eine Todesfalle für Meeresbewohner. Doch es wird wenig unternommen, um sie zu bergen.

mehr erfahren
Greenpeace-Chemieexperte Manfred Santen mit Wasserproben

Wer verschmutzt den Rhein mit Mikroplastik? Der zweite Teil einer Greenpeace-Studie nimmt sich erneut Deutschlands wichtigste Wasserstraße vor – und findet keine Verbesserung.

Mehr erfahren

Mittlerweile schwimmen 150 Millionen Tonnen Plastikmüll in den Meeren

Greenpeace warnt schon seit Jahren vor der zunehmenden Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll. Doch bis heute hat sich die Situation nicht verbessert. Im Gegenteil: In den letzten 50 Jahren ist die Plastikproduktion explosionsartig angestiegen – und mit ihr die Müllberge in den Ozeanen. Sie sind inzwischen zu einer riesigen Müllkippe verkommen. Schätzungen zufolge verschmutzen gegenwärtig über 150 Millionen Tonnen Plastikabfall die Weltmeere, und zwar überall: im Meereis der Arktis, in den Korallenriffen, an den Stränden der Tropen.

Die Strömungen in den Ozeanen tragen das Plastik rund um die Welt. So lange, bis das Wasser es irgendwann zurück an die Küste spült, es auf den Meeresboden sinkt oder in riesigen Müllstrudeln in den Meeren zirkuliert. Der größte bekannte Müllstrudel ist der „Great Pacific Garbage Patch“ im Nord-Pazifik. Er wurde 1997 entdeckt und hat inzwischen die Größe Mitteleuropas. 80 Prozent des angesammelten Mülls stammt vom Land, die Flüsse spülen ihn ins Meer. Der Rest kommt von Schiffscrews, die ihre Abfälle achtlos über Bord werfen.

 

Eine Krabbe war in einem weggeworfenen Zagu-Milchtea-Becher in der Verde Island Passage, dem Epizentrum der weltweiten Meeresbiodiversität, in Batangas City, Philippinen, gefangen.

Gemeinsam gegen Meeresverschmutzung

Deutschland ist europäischer Spitzenreiter im Plastikmüll-Produzieren und immer noch wird ein großer Teil davon verbrannt oder ins Ausland verschifft. Greenpeace verfolgt den Weg des Mülls, macht illegale Aktivitäten öffentlich und fordert mehr Recycling. Helfen Sie uns dabei mit Ihrer Spende!

Ich unterstütze Greenpeace e.V.
mit einem Betrag von

Plastikmüll im Meer hat Auswirkungen auf die Klimakrise

Im Wasser gefährdet der Plastikmüll viele Organismen des marinen Ökosystems: Seeschildkröten etwa halten Plastiktüten für Quallen. Einmal verschluckt, verstopft das Plastik den Darm und verursacht innere Verletzungen und Entzündungen. Die Schildkröten verenden auf elende Weise, sie verhungern mit vollem Magen. Auch in den Mägen von gestrandeten Walen stoßen Forschende immer wieder auf Tüten, Verpackungen, Fischernetze und anderen Plastikmüll. Und Robben, Delfine und andere Meerestiere verheddern sich in verloren gegangenen Fischernetzen, sogenannten Geisternetzen. Viele Tiere können sich nicht mehr aus den Netzen befreien, sie ersticken oder verhungern langsam und qualvoll.

Am Ende zerreiben Salzwasser, Wellen und UV-Strahlung den Kunststoff in winzige Splitter, Fasern und Fetzen – sogenanntes sekundäres Mikroplastik. Dabei entweichen nicht nur giftige Inhaltsstoffe wie Weichmacher und Flammschutzmittel ins Meer. Die Mikroplastik-Partikel im Wasser ziehen auch Schadstoffe aus der Industrie und Landwirtschaft an. Das hat wiederum Auswirkungen auf die Klimakrise. Denn Meerestiere wie Plankton nehmen das Mikroplastik auf, wodurch es langfristig im Wasser verbleibt. Die Folge: Die Ozeane versauern schneller, können weniger CO2 aufnehmen, und gleichzeitig weniger Sauerstoff produzieren.

 

Deutschland trägt einen großen Teil zur Plastikverschmutzung bei

Was manche auf den ersten Blick vielleicht nicht vermuten würden: Ausgerechnet Deutschland, das Land, sich immer wieder als „Recycling-Weltmeister“ rühmt, trägt einen großen Teil zur Verschmutzung bei. „Deutschland steht auf Platz eins der größten europäischen Plastikproduzenten und ­verarbeiter“, heißt es im Plastikatlas. Rund ein Viertel des europäischen Plastikverbrauchs geht allein auf das Konto der Deutschen. Entsprechend hoch sind auch die Abfälle aus Plastik, laut Bundesumweltamt liegen sie inzwischen bei 6,28 Millionen Tonnen pro Jahr. Etwa 85,2 Prozent dieser Abfälle entstehen nach dem Gebrauch der Kunststoffe (sogenannte Post-Consumer-Abfälle). Jede:r Deutsche verursacht etwa 76 Kilo Plastikmüll im Jahr, die Hälfte davon ist Verpackungsabfall. 

Eigentlich sollte Recycling dabei helfen, die Ressourcen zu schonen. Doch das ist Wunschdenken: Nur etwas mehr als die Hälfte der Abfälle durch Kunststoffverpackungen wird in Deutschland bisher recycelt. Viele Plastikprodukte werden nach wie vor verbrannt. Dazu kommt, dass Deutschland einen großen Teil seines Plastikmülls gar nicht selbst recycelt, sondern ins Ausland exportiert, vor allem nach Asien. Dort wird der Müll häufig verbrannt. Oft landet er auch in Deponien – oder im Meer.

 

Mehr zum Thema

Light Projection onto the Svea Glacier in Svalbard
  • 02.12.2024

Norwegen legt Tiefseepläne auf Eis – doch die Bedrohung ist noch nicht vorbei

mehr erfahren
Night confrontation with a deep-sea mining ship in the at-risk Pacific region
  • 12.11.2024

Im November 2023 protestierten Greenpeace-Aktive gegen den Tiefseebergbau. Eine Klage dagegen ist nun abgewiesen worden.

mehr erfahren
Jacob Collier & AURORA Performance in the Arctic
  • 01.10.2024

Sechsfacher Grammy-Gewinner Jacob Collier und Alt-Pop-Sängerin Aurora geben ein außergewöhnliches Konzert in der Arktis und rufen zum Schutz der Meere und des Klimas auf.

mehr erfahren
Arctic Sunrise an der Grenze des arktischen Meereises
  • 20.09.2024

Greenpeace war mit den Schiffen Witness und Arctic Sunrise im Nordatlantik unterwegs, um das von Norwegen für Tiefseebergbau vorgesehene Gebiet zu untersuchen und sich für seinen Schutz einzusetzen.

mehr erfahren
Dives in the North Sea off Borkum
  • 10.09.2024

Geplante Gasbohrungen vor Borkum gefährden nicht nur das Klima, sondern auch einige schützenswerte Riffe. Interview mit einer dort lebenden Krabbe.

mehr erfahren
Walflosse ragt aus dem Ozean
  • 27.08.2024

Die Norwegische See ist ein Hotspot der Artenvielfalt. Doch jetzt plant die norwegische Regierung, dortige Gebiete für Tiefseebergbau zu öffnen. Drei Walarten, die das gefährden könnte.

mehr erfahren