Bedrohtes Paradies braucht Hilfe - ein Interview
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Online-Redaktion: Noch gibt es eine große Artenvielfalt um die Pazifischen Inseln herum - sie ist jedoch mehr und mehr gefährdet. Was genau bedroht die Tier- und Planzenwelt im Pazifischen Ozean?
Seni Nabou: Zusammengefasst kann man sagen, dass das Meer stark unter dem Einfluss des Menschen leidet. Ob es nun das rücksichtslose Fischen, die Verschmutzung des Wasser durch Giftstoffe oder der vom Menschen verursachte Klimawandel ist. Ein konkretes Beispiel ist der Müll, der nicht recycelt wird, sondern im Meer landet. Oder die sogenannten Geisternetzte, die - ohne dass sie jemanden gehören - in den Meeren treiben und so die Unterwasserwelt zerstören.
Außerdem haben wir auf den Pazifischen Inseln das Problem, dass Fischerboote aus Spanien, den USA, China und Neuseeland in den internationalen Gewässern, die zwischen den Inseln liegen, fischen und somit auch unsere Gewässer belasten. Mittlerweile sind zwei Arten des hier einheimischen Thunfisches vom Aussterben bedroht.
Online-Redaktion: Ihr arbeitet schon lange für den Schutz des Pazifischen Ozeans. Wie sieht das konkret im Alltag aus?
Seni Nabou: Also, mein Job ist es, herauszufinden, was in unserer Region politisch los ist. Das hört sich erst einmal nicht so viel an, aber die Pazifischen Inseln sind in zwölf verschiedene Staaten aufgeteilt, die alle Einfluss auf unsere Region haben. Ich muss politische Entscheidungen im Blick haben und deren Relevanz abschätzen. Dadurch bekommen wir ein Bild davon, was eine Bedrohung für unsere Meere sein könnte und wo sich vielleicht neue Chancen zum Schutz der Meere herauskristalisieren. Wir versuchen dann, den Prozess in die richtig Richtung zu leiten.
Ganz konkret bedeutet das, mit der Politik im Austausch zu sein, an großen politischen Treffen teilzunehmen und öffentlichen Druck zu erzeugen. Außerdem sind wir auch auf dem Wasser aktiv und kennzeichnen zum Beispiel Piratenschiffe, die illegal in unseren Gewässern fischen. Und zurzeit versuchen wir mit dem Greenpeace-Schiff Esperanza regional, aber auch international auf die Probleme hier aufmerksam zu machen. Denn der Fisch, der hier gefangen wird, wird größtenteils in Ländern wie den USA, Australien, China und Europa verspeist.
Online-Redaktion: Erst vor einer Woche habt ihr einen ziemlich großen Erfolg für den Schutz der Meere erzielt. Um was ging es da?
Seni Nabou: Naja, man kann nicht sagen, dass es allein Greenpeace zu verdanken ist, aber wir haben auf jeden Fall einen großen Teil dazu beigetragen. Es war eine enge Zusammenarbeit zwischen einzelnen Ländern und uns. In den letzten Jahren haben wir immer wieder versucht, die Regierungen davon zu überzeugen, wie wichtig der Schutz des Meeres ist, denn darin tummelt sich der Schatz der Pazifischen Inseln.
Letzte Woche haben sich acht der zwölf Pazifischen Inselstaaten entschieden, zwei der internationalen Gewässer zwischen ihren Staatsgebieten für Fischerboote zu schließen. Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und wir hoffen, dass noch mehr Schutzgebiete kommen werden. Wir arbeiten auf jeden Fall daran.
Online-Redaktion: Auf den Pazifischen Inseln sind nicht nur Tiere und Pflanzen bedroht, sondern auch der Mensch. Schon in ein paar Jahren wird es einige kleine Inseln im Pazifik aufgrund des Klimawandels gar nicht mehr geben. Wie macht sich der Klimawandel jetzt schon bemerkbar?
Seni Nabou: Wenn ich ehrlich bin, bekomme ich im Moment noch nicht so viel vom Klimawandel mit. Das liegt aber auch daran, dass ich in einer großen Stadt lebe. Ich weiß von Freunden und von meiner Familie, dass es anderswo wesentlich schlimmer aussieht. Neulich habe ich einen unglaublichen Bericht über die Auswirkungen des Klimawandels auf eine kleinere Insel gesehen. Bis ich diesen Film gesehen hatte, wusste ich nicht, wie schlimm es wirklich ist. Irgendwie hatte ich das doch nicht erwartet.
Aber nicht nur Überschwemmungen bedrohen uns - durch den steigenden Meeresspiegel haben wir in manchen Regionen ernsthafte Probleme mit unserem Grundwasser und somit auch mit unserem Trinkwasser. Als wäre das nicht schon genug, leiden natürlich auch die Fische im Pazifik unter der Erwärmung von Luft und Wasser. Das bedeutet, dass nicht nur unser Trinkwasser knapp ist, sondern auch, dass unsere Nahrung in Gefahr ist: der Fisch.
Online-Redaktion: Und wie gehen die Menschen mit dieser Bedrohung um?
Seni Nabou: Für die Menschen, die auf den etwas kleineren Inseln wohnen, ist der Klimawandel mehr als real. Diese Menschen müssen nicht mehr davon überzeugt werden, dass etwas getan werden muss. Sie erfahren jetzt schon, was in den nächsten Jahren weltweit passieren wird. Aber was sollen sie tun? Sie sind auf die Hilfe anderer angewiesen, alleine können sie dem Klimawandel nichts entgegensetzen.
Online-Redaktion: Und zum Schluss noch eine persönliche Frage. Alle reden von Artenvielfalt und wie wichtig sie ist. Was ist Artenvielfalt für dich?
Seni Nabou: Für mich ist Artenvielfalt die Balance der Natur, das Zusammenspiel aller Pflanzen, Lebewesen und Ökosysteme - die Gesamtheit von alldem. Natürlich hat es Konsequenzen, wenn man diese Balance stört, aus welchen Gründen auch immer. Heutzutage sind es oft wirtschaftliche Interessen. Man muss aufpassen, dass diese Balance nicht irgendwann ganz kippt. Ich glaube der Klimawandel ist eine große Gefahr in dieser Hinsicht.
Online-Redaktion: Danke Seni, dass du dir so viel Zeit genommen hast, um all die Fragen zu beantworten. Ich wünsche euch von ganzem Herzen noch viel Erfolg mit euren Kampagnen.
Das Interview führte Janine Lück.