Norwegischer Walfang - 10 Fragen & Antworten
- Hintergrund
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1.Warum kann Norwegen trotz Walfangmoratorium ungestraft weiter Wale jagen?
Mit einer Quote von 1052 Zwergwalen gab das norwegische Fischereiministerium für die Saison 2006 die meisten Tiere seit der Wiederaufmahme des kommerziellen Walfangs zur Tötung frei. Diese Rekordquote setzt sich aus der jährlichen Quote von 745 Tieren und den restlichen Walen der nicht ausgeschöpften Quoten der vergangenen zwei Jahre zusammen. Als Grund dafür wurden die schlechten Wetterbedingungen und die hohen Dieselpreise angegeben.
Zwar wurden die Wale 1982 von der Internationalen Walfang-Kommission (IWC) mit einer Dreiviertel-Mehrheit unter Schutz gestellt. Aber Norwegen hat gegen diesen Beschluss als einzige Nation ein Veto eingelegt – und fühlt sich deshalb formal-juristisch an den Beschluss nicht gebunden. Allerdings verlangt das internationale Seerecht (UNCLOS), dass Länder in Fragen des Walfangs mit der IWC kooperieren. Doch da Norwegen jedes Jahr die Aufforderung der IWC ignoriert, den Walfang unverzüglich einzustellen, kann hier nicht wirklich von einer Zusammenarbeit gesprochen werden. Dies würde bedeuten: Der norwegische Walfang bricht das internationale Seerecht, er ist illegal. Norwegische Walfangende töten jedes Jahr Hunderte Minkewale (auch Zwergwale genannt), eine kleinere Art der Großwale, zu kommerziellen Zwecken.
2. Gibt es Proteste anderer Länder gegen Norwegens kommerziellen Walfang ?
Ja. Als Norwegen 1992 die Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs ankündigte, unterzeichneten 17 IWC-Mitgliedsstaaten eine eindeutige Stellungnahme gegen das Vorhaben. Seitdem hat die Mehrheit der IWC-Mitgliedsländer fast jedes Jahr die Jagd verurteilt und Norwegen aufgefordert, alle Walfang-Aktivitäten zu stoppen. Auch das Europäische Parlament, das britische Unterhaus, die US- und mehrfach auch die deutsche Regierung protestierten bereits gegen den Walfang Norwegens.
3. Gefährdet das Töten mehrerer hundert Minkewale den Bestand?
Es hängt nicht nur von der Gesamtzahl der Tiere ab, ob Wale durch den Abschuss gefährdet sind, sondern auch vom Bestandszustand und der Fortpflanzungsrate. Wale sind Säugetiere und vermehren sich sehr viel langsamer als Fische. Beispiel: ein Orcaweibchen bekommt im Durchschnitt lediglich fünf Junge während ihres Lebens. Zwergwalweibchen bringen höchstens ein Jungtier pro Jahr zur Welt.
Außerdem sind Minkewale mittlerweile auch durch die hohe Belastung mit Giftstoffen, Klimaveränderungen, Eintrag von Lärm in die Meere und vor allem die Überfischung (Verringerung ihrer Nahrungsgrundlage und Beifang) gefährdet. Im Zeitraum von 1930 bis 1980 töteten norwegische Walfangende etwa 2.000 Tiere pro Jahr – und das reichte bereits aus, um den Nordost-Atlantischen Ursprungsbestand zu halbieren. Norwegische Walfangende wollen die durch die Norwegische Regierung eigenmächtig gesetzten Quoten in den nächsten Jahren deutlich erhöht sehen. Nur so ließe sich tatsächlich ein Gewinn erwirtschaften.
Dem gegenüber stehen die nicht erfüllten Quoten und die Tatsache, dass die Nachfrage nach Walfleisch in Norwegen rückläufig ist, nur rund 5 Prozent der Menschen (meist ältere) geben an, es regelmäßig zu essen. Da sich das Washingtoner Artenschutzabkommen CITES an den Beschlüssen der IWC orientiert, dürfen Walprodukte nicht exportiert werden. Daher werfen die Walfangenden vor allem nicht genutztes Walblubber oft einfach wieder zurück ins Meer - nur um die Quote weiterhin zu rechtfertigen. Viele Wale sterben so einen völlig sinnlosen Tod.
Der kommerzielle Walfang Norwegens gibt darüber hinaus ein sehr schlechtes Vorbild: auch andere Länder denken dadurch immer wieder über die Wiederaufnahme der Waljagd nach, wie zum Beispiel Russland.
4. Stimmt es, dass auch trächtige Walkühe erlegt werden ?
Ja. Die Fangquote basiert auf der Zahl der erlegten Tiere. Es werden bevorzugt große Tiere geschossen, darunter auch die größeren trächtigen weiblichen Minkewale. Dabei werden dann gleich zwei Tiere getötet: das Muttertier und das Walkalb. Auf die Quote wird dabei aber nur ein Tier angerechnet.
5. Würde Norwegen den Walfang einstellen, wenn sich das Fleisch nicht absetzen ließe?
Wenn es gelänge, in der IWC ein internationales Handelsverbot für die Zukunft fest zu verankern, würden die Walfangenden ihr angeblich traditionelles Interesse an einer Fortführung der kommerziellen Waljagd wahrscheinlich verlieren. Das Hauptinteresse der Walfangenden lag bislang im Export des Walfleisches nach Japan: Ein Kilogramm Walfleisch kostete dort bis zu 300,- Euro. Doch auch in Japan schwächelt der Absatz. Ein Großteil der Beute der Fangsaison 2005/2006 landete daher sogar Hundefutter. Nach Protesten gab ein Hundefutterhersteller 2013 bekannt, davon abzusehen. Doch auch in Norwegen wird inzwischen Walfleisch mangels Kundschaft an Hunde verfüttert.
Ungeachtet dessen, das der Handel mit Walfleisch über das Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES) untersagt ist, hat Japan auch kein Interesse an norwegischem Walfleisch und -speck bekundet, da diese Produkte eine zu hohe Gift-Belastung aufweisen. Daher lagern Unmengen Fleisch und Blubber in norwegischen Kühlhäusern. Mit großangelegten Verkaufsaktionen von Walburgern oder auch Walschinken soll die Bevölkerung wieder auf den Geschmack gebracht werden.
In der Vergangenheit konnten sowohl Greenpeace als auch norwegische Behörden Schmuggelaktionen von norwegischem Walspeck nach Japan aufdecken. Zusammen mit anderen Umweltschutzorganisationen konnte Greenpeace die Bestrebungen der immer noch Walfang betreibenden Nationen, den Walfleischhandel wieder aufzunehmen, auf den CITES-Konferenzen bislang verhindern.
6. Fressen die Wale den Fischenden den Fisch weg ?
Nein. Anfang des Jahrhunderts gab es weit mehr Wale, deutlich weniger Fischfangschiffe – und viel mehr Fische. Das Grundproblem ist die industrielle Überfischung durch die Menschen, durch die die Fischbestände zusammenbrechen. Die norwegische Regierung gibt jedoch weiter den Meeressäugern (Walen und Robben) die Schuld dafür. Dabei gelten 75 Prozent der weltweiten Fischbestände nach Untersuchungen der Welternährungsorganisation FAO als überfischt, stark gefährdet oder bereits zusammengebrochen. Wissenschaftliche Studien lassen darauf schließen, dass die starke Dezimierung der großen Säugetiere in der Vergangenheit und heute die Balance der Meere empfindlich stören. Es wurden bereits 84 Bodenlebenwesen identifiziert, die sich vom Detritus der Wale (Verwesungssubstanz durch tote Wale) ernähren.
7. Stimmt es, dass Norwegen auch in der Nordsee Wale fängt ?
Ja. Norwegen vergibt Fangqouten für Minkewale auch im eigenen Bereich der Nordsee. Bei der Berechnung der Quote berufen sie sich auf Zahlen, die 1995 u.a. von norwegischen Walfangenden und Wissenschaftler: innen ermittelt wurden. Danach sollen sich im nördlichen Bereich der Nordsee 20.000 Wale aufhalten. Eine bereits 1994 von Wissenschaftler: innen der EU durchgeführte Untersuchung ergab für dieses Gebiet jedoch nur einen Bestand von ca. 3.600 Tieren. Dieser Unterschied zeigt, wie problematisch die norwegischen Bestandsberechnungen sind.
8. Macht Greenpeace Aktionen gegen den Walfang vor allem wegen der Spendengelder ?
Nein. Wale sind durch die Walfangindustrie und andere Umweltgefährdungen bedroht. Auch wenn seit Bestehen des Walfang-Moratoriums 1986 jährlich nur noch zwischen 1.000 und 2.000 Wale getötet werden, haben sich die Bestände von der kommerziellen Jagd des letzten Jahrhunderts bislang nicht erholen können. Weitere Gefährdungen sind u.a. die industrielle Überfischung, die Giftstoffe in den Weltmeeren, der menschliche Lärmeintrag in die Meere und die zunehmenden Klimaveränderungen. Deren Auswirkungen auf die Bestände können weder abgesehen noch berechnet werden. Die Walfangharpunen gehören endlich ins Museum.
9. Was macht Greenpeace gegen den Walfang ?
In zahlreichen Aktionen auf hoher See sind Greenpeace-Aktivist: innen gegen norwegische Walfangende vorgegangen. Obwohl unsere Aktionen immer gewaltfrei sind, hat die norwegische Küstenwache z.B. 1999 eines unserer Schlauchboote überfahren und einen britischen Aktivisten schwer verletzt. Im Mai 2000 hatte sich Greenpeace in Norwegen den Walfangenden im Norden des Landes direkt zur Diskussion gestellt: Durch 15 Häfen führte die Schiffsreise. In jedem Hafen wurden Schiffsbesichtigungen, Informationen und Gespräche an Bord angeboten. Die Resonanz war unerwartet groß. Das Greenpeace-Team konnte Vorurteile in Nordnorwegen gegen das Engagement für den Schutz der Wale abbauen. So waren Besucher: innen und Umweltschützer: innen in der Ablehnung der umweltzerstörenden industriellen Fischerei oft einer Meinung. Vor einigen Jahren erließ die norwegische Regierung ein Gesetz gegen jede Art von Antiwalfangaktionen. Seitdem dürfen Schiffe direkt konfessiert werden. Greenpeace wird aber weiter gegen den norwegischen Walfang arbeiten, sei es durch politische Lobbyarbeit oder Aufklärung der Bevölkerung.
10. Was kann man als Bürgerin oder Bürger tun ?
Viele Menschen können gemeinsam politischen Druck auf die norwegische Regierung ausüben. Es ist wichtig zu zeigen, dass die breite Öffentlichkeit das Verhalten Norwegens in der Walfangfrage nicht hinnimmt. Greenpeace benötigt die Unterstützung möglichst vieler Menschen, um gegen den Walfang Norwegens zu kämpfen. Deshalb bitten wir um Ihre Hilfe durch Protestbriefe oder E-Mails direkt an die entsprechenden Stellen. Wenn hochrangige deutsche Politiker: innen Auslandsbesuche in Norwegen machen muss das Thema so lange auf der Tagesordnung bleiben, bis die Norwegen keine Wale mehr jagt.
Schreiben Sie Ihren Protest an den norwegischen Botschafter:
Herr Björn Tore Godal
Königlich Norwegische Botschaft
Rauchstrasse 1
10787 Berlin
Tel.: 030-505050
Fax: 030-505055
E-Mail: emb.berlin@mfa.no
Außerdem können Sie Greenpeace helfen, die Meere als gesamtes Ökosystem zu schützen. Siebzehn Monate ist unser Flagschiff, die Esperanza, zur Zeit gegen Gier und Gedankenlosigkeit auf den Weltmeeren unterwegs. SOS-Weltmeer: ob japanischer Walfang in der Antarktis, der Schutz von Meereschildkröten in Indien oder der Kampf gegen Piratenfischerei vor Westafrika - Greenpeace stellt sich diesen Gefahren und engagiert sich vor Ort.
Kommen Sie an Bord. Werden Sie Meereschützer: in!