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icebergs in the Southern Ocean

Fischerei im Südpolarmeer

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Die Tiere entwickeln und vermehren sich im extremen Klima sehr langsam. Seit immer mehr Fischbestände auf der Nordhalbkugel dieser Erde wegen Überfischung zusammenbrechen, haben die Industriefangflotten auch Kurs auf den Süden genommen. Seit den Siebziger Jahren herrscht in der Südpolarfischerei Goldrauschstimmung. Die Plünderung hat wohl kaum jemanden wirklich reich gemacht, aber die biologische Vielfalt des antarktischen Meeres ist dabei jedes Jahr ärmer geworden.

Rücksichtslos beuten die Fangnationen eine Fischart nach der anderen aus. Am Ende steht die kommerzielle Ausrottung - welch ein Begriff! Er besagt, dass es von einer Art oder einem Bestand nur noch so wenige Exemplare gibt, dass sich die Jagd nicht mehr lohnt.

Durch die Plünderung ist damit allerdings biologisch ein katastrophaler Zustand erreicht, von dem sich die betroffene Fischart vielleicht nie wieder erholen kann.

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Frostschutzmittel im Körper

Von 20.000-25.000 bekannten Fischarten auf der Welt leben ca. 120 im Südpolarmeer.

Innerhalb der letzten 40 Millionen Jahre haben sie sich an die eisigen Bedingungen ihres Lebensraumes angepasst. Einige bilden ein körpereigenes Frostschutzmittel, damit ihre Lebensfunktionen bei diesen tiefen Temperaturen nicht einfrieren. Doch die Kälte verlangsamt ihren Stoffwechsel. Sie brauchen Jahre, um geschlechtsreif zu werden, und wachsen nur langsam. Dafür können sie sehr alt werden - wenn man sie lässt. Eine Überfischung hat schnell verheerende Folgen, weil sich die Bestände schlecht erholen.

Die Geschichte des gnadenlosen Beutezuges beginnt am Anfang der Nahrungskette. Krillschwärme durchziehen die eisigen Fluten, nachts blinken grün ihre Leuchtorgane, tagsüber treiben Konzentrationen der kleinen Krebse als rote Flecken an der Meeresoberfläche. Sie sind die wichtigste Nahrung für fünf Wal- und vier Robbenarten, für 20 Fischarten, Seevögel und Pinguine. Der Krill wird auch vom Mensch aus dem Meer geholt und hauptsächlich zu Tierfutter verarbeitet, obwohl Krillpanzer sehr viel ungenießbares Fluor enthalten. Mittlerweile gibt es Methoden, das 'Fluorproblem' in den Griff zu bekommen. Zur Zeit wird allerdings nur wenig Krill angeboten, vor allem auf dem polnischen und japanischen Markt.

Mit ca. 81.000 Tonnen wird gut ein Sechstel von dem gefischt, was nach der Antarktischen Meeresschutz-Konvention CCAMLR erlaubt ist. Jetzt erwacht gerade das Interesse der Fischfarmbesitzer an Krill als Futtermittel u.a. für Zuchtlachse. Auch soll verstärkt Grillpaste für den menschlichen Verzehr produziert werden. Auf der CCAMLR-Konferenz im Oktober 1998 haben folgende Länder Interesse bekundet, in Zukunft Krill zu fischen: Japan, Korea, Ukraine, Polen, Uruguay, Großbritannien, Argentinien, die USA und neuerdings auch Deutschland.

Die Krillbestände brauchen besonderen Schutz, weil sie einen zentralen Baustein im Nahrungsnetz der Antarktis darstellen. Jeder Schaden würde sich sofort auf viele andere Arten übertragen. Es gibt ohnehin starke Befürchtungen, dass die Krillvorkommen drastische Veränderungen durchlaufen, ausgelöst durch eine erhöhte UV- Einstrahlung wegen des Ozonloches über der Antarktis. Auch besteht die Sorge, dass in den feinmaschigen Netzen der Krillfischer viele Jungfische enden.

Systematische Überfischung

{image_r}1969 begann die Jagd auf den Antarktischen Marmorbarsch (Notothenia rossii marmorata). In nur zwei Jahren wurden 500.000 Tonnen dieses Fisches aus dem Meer geholt. Schon Mitte der Siebziger Jahre war der Bestand auf 2,5 Prozent der ursprünglichen Größe geschrumpft. Die Marmorbarsch-Fischerei brach zusammen. Die Einstellung der Fischerei ist nun Jahrzehnte her, aber bis heute haben sich die Bestände erst wieder auf drei Prozent der ursprünglichen Größe erholen können.

Danach war der Eisfisch (Champocephalus gunnari) dran. Allein 1978 wurden 230.000 Tonnen dieses beinahe durchsichtigen Fisches gefangen. Die Eisfisch-Bestände kollabierten. Sie haben sich bis heute nicht erholt. Bedroht ist heute auch der Südliche Rote Thun (Thunnus maccogii), eine Thunfischart, die am nördlichen Rand des Südpolarmeeres gefangen wird. Die Zahl der erwachsenen (geschlechtsreifen) Tiere beim Roten Thun ist inzwischen auf fünf Prozent seines ursprünglichen Bestandes dezimiert worden.

Und nun geht es dem nächsten profitablen Fisch des Südpolarmeers an den Kragen: dem Schwarzen Seehecht. Für ihn gibt es zwar festgelegte Quoten, doch die Rate der illegalen Fänge ist enorm hoch. Nach Schätzung von CCAMLR lagen die illegalen Fangquoten in den letzten Jahren bis zu zwölfmal höher als die genehmigten. Im letzten Jahr sollen die Fänge drastisch zurückgegangen sein, in einigen Inselgebieten völlig eingestellt - weil die Bestände dort schon so geschrumpft sind, dass sich die Fischerei gar nicht mehr lohnt.{image}

Die Plünderer werden nicht gestellt

Doch obwohl im Südpolarmeer ein überaus rücksichtsloser und kurzsichtiger Raubbau stattfindet, ist bisher fast nichts dagegen unternommen worden. Es gibt kein funktionierendes Fischerei-Management. Die Fischgründe des Südpolarmeers sind der Wilde Süden, wo sich jeder nimmt, was er will. Die zuständige Fischerei-Konvention CCAMLR ist eine der besten der Welt - auf dem Papier. Aber bisher erwiesen sich die CCAMLR-Vertragsstaaten als zu schwach und desinteressiert, um sie durchzusetzen.

Immer mehr Schiffe - weniger Fisch

Die Zahl der Fischereifahrzeuge hat sich seit 1970 verdoppelt. Rund 3,5 Millionen Fangschiffe sind heute in den Ozeanen unterwegs. Nur ein Prozent davon sind industrielle Schiffe, die sich allerdings rund die Hälfte der Beute sichern.Viele dieser Schiffe sind in der Lage, in allen Weltmeeren zu operieren, monatelang auf See zu bleiben und unkontrolliert zu fischen. Mit neuester Hightech ausgestattet, suchen sie heute nach neuen Fischgründen, so weit weg wie die Tiefsee des Südpolarmeeres.

Schon aufgrund ihrer Größe und Kapitalintensität können solche Schiffe weder ökologisch noch sozial verträglich eingesetzt werden. Sie zerstören die Lebensgrundlage in vielen Teilen der Welt und Millionen kleiner (nachhaltiger) Fischer müssen in der Folge aufgeben.

Fast alle wirtschaftlich wichtigen Speisefischbestände sind überfischt, während andere und auch kommerziell weniger interessante Arten ebenfalls in Massen durch die industriellen Fangmethoden sterben, darunter Meeressäuger, Haie, Seevögel und Meeresschildkröten.

Bereits 1995 haben viele Regierungen in einer Konferenz der FAO auf die Ursache für die weltweite Fischereikrise hingewiesen: die Überkapazität der Fischereiflotte, das heißt die Möglichkeit mehr und mehr Fisch zu fangen. In einer Untersuchung hat Greenpeace nachgewiesen, dass die Überkapazität bis heute trotzdem nicht reduziert, sondern immer weiter vergrößert wurde.

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Das fordert Greenpeace:

Greenpeace hat ein Konzept für eine ökologisch verträgliche Fischerei entwickelt. Umgesetzt könnte es das Überleben der Fischbestände sichern und Fischern ein Auskommen bieten.

Solch ein Konzept nachhaltiger schonender Nutzung ist auch für das Südpolarmeer dringend notwendig. Sonst schwimmen dort bald nur noch Eisberge.

  • Die Europäische Union und die Mitgliedsstaaten der Antarktischen Meeresschutz-Konvention (CCAMLR) müssen die Wilderei im Südpolarmeer unterbinden.
  • Japan muss sich an die Beschlüsse der IWC halten und den Walfang einstellen.
  • Weitere Walschutzgebiete müssen geschaffen werden, mit dem Ziel eines Weltparks für Wale, der die Meeressäuger in allen Meeren dieser Erde unter Schutz stellt.
  • Ein Fischereimanagement auf der Basis des Vorsorgeprinzips und unter Berücksichtigung des gesamten Ökosystems.
  • Die dauerhafte Einrichtung eines globalen Netzwerks von marinen Schutzgebieten.
  • Den Abbau der Überkapazität der Fischereiflotten.
  • Schonendere Fangmethoden zur immer weiteren Reduzierung der Beifänge.
  • Strengere Auflagen und Kontrollen.
  • Faire Fischereiabkommen, die ökologisch verträglich und sozial verantwortlich sind.

  • pirate fishing vessel action

    pirate fishing vessel action

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Hintergrund Meere

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