Aktion: Steine schützen polnische Ostsee
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Greenpeace-Aktivisten an Bord der "Beluga II" versenkten seit Dienstagmorgen 21 tonnenschwere Felsbrocken im Meer vor der polnischen Küste. Die Maßnahme nahe der Stadt Kolberg soll die polnische Ostsee vor zerstörerischen Fischfangmethoden wie der Grundschleppnetzfischerei schützen. Die ist in dem ausgewiesenen "Natura 2000"-Schutzgebiet eigentlich verboten. Mittlerweile befindet sich die "Beluga II" nach einer erfolgreichen Aktion in Begleitung der Küstenwache auf dem Rückweg zum Hafen.
"Wir handeln, weil die Politik nichts tut und setzen bestehendes Recht um", sagt die polnische Greenpeace-Fischereiexpertin Magdalena Figura. Nicht nur handelt es sich bei dem Gebiet vor Kolberg um ein ausgewiesenes Schutzgebiet, die Grundschleppnetzfischerei ist in der Drei-Meilen-Zone entlang der Küste generell verboten.
Auf den Steinen befinden sich tausende Unterschriften für einen effektiven Meeresschutz. Sollten die Behörden die Beluga-Crew aufgrund der Schutzaktion belangen, wären darüber hinaus 580 engagierte Bürger bereit, die Konsequenzen mitzutragen. Sie hielten schriftlich fest: "Wenn dieser Felsbrocken von Greenpeace für den Meeresschutz eingesetzt wird, so geschieht dies auch in meinem Namen."
Die tonnenschweren Felsbrocken sollen helfen, das Grundschleppnetzverbot in Küstennähe durchzusetzen. Die Netze könnten an den Steinen hängenbleiben. Denn im polnischen Schutzgebiet zerstören Fischer trotz Verbot mit Grundschleppnetzen noch immer den Meeresboden. Die mit Gewichten beschwerten Netze pflügen den Boden regelrecht um und fangen dabei alles, was ihnen in den Weg gerät. Dabei verliert eine Vielzahl an Meeresbewohnern ihren Lebensraum, ihre Nahrungsgrundlage oder verendet. Fischer vor der polnischen Küste etwa fangen mit Grundschleppnetzen Sandaal, der wiederum Nahrungsgrundlage für den Ostseedorsch ist.
Erfolg am Sylter Außenriff
Den Erfolg des Steine-Versenkens hat Greenpeace bereits bewiesen: Schon in den Jahren 2008 und 2011 hatten Aktivisten Natursteine am Sylter Außenriff versenkt, um das Riff vor schädlicher Fischerei sowie Kies- und Sandabbau zu schützen. Heute machen dort nicht nur Fischer mit Grundschleppnetzen einen großen Bogen um die steinernen Hindernisse, auch zahlreiche Arten wie etwa Seenelken, Seesterne und Krebse haben auf den Felsen einen neuen Lebensraum gefunden.
Das Programm "Natura 2000", ein von der EU ins Leben gerufenes Netz von Schutzgebieten, soll länderübergreifend Tier- und Pflanzenarten innerhalb der Europäischen Union schützen. Das Problem: Ausreichende Schutzmaßnahmen wie Beschränkungen der Fischerei fehlen häufig, Verbote werden nicht streng genug durchgesetzt. In den deutschen Meeresschutzgebieten gibt es bis heute keine Regulierung der Fischerei.
Aigner soll sich für Meeresschutz einsetzen
"Umweltschädliche Fischerei und industrielle Nutzung haben in Schutzgebieten nichts verloren", sagt Thilo Maack, Meeresexperte von Greenpeace Deutschland. Verantwortlich für die Umsetzung sind die europäischen Umweltminister, die jedoch nichts tun können, solange sich die Fischereiminister nicht bewegen; für Deutschland ist Ilse Aigner (CSU) zuständig. "Die Meere sind stark überfischt - Frau Aigner und ihre Kollegen müssen echte Schutzgebiete durchsetzen", so Maack. Greenpeace fordert, dass sich die EU-Fischereiminister gemeinsam mit den nationalen Umweltministern für einen effektiven Meeresschutz einsetzen.