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Milchprodukte
© Fred Dott / Greenpeace

Greenpeace hat zum zweiten Mal große Molkereien gefragt, wie die Kühe gehalten werden, von denen sie ihre Milch beziehen. Das Ergebnis: Weidemilch bleibt die Ausnahme im Kühlregal. Verbraucher:innen erkennen das im Supermarkt jedoch nicht. Denn was steckt hinter Siegeln wie Pro Weideland, Haltungsform 3 (Außenklima) oder dem EU-Biosiegel? Ein Einkaufsratgeber zeigt nun, welche Milch von Kühen aus guter Haltung mit ausreichend Bewegung, Weidezugang und grasbasiertem Futter stammt.

Bärenmarke, Weihenstephan: bekannte Marken, die ihre Milch mit schönen Bildern als Premiumware teuer verkaufen. Die zweite Molkerei-Abfrage von Greenpeace zeigt aber: Die meisten großen deutschen Molkereien beziehen weiterhin vor allem Milch aus Stallhaltung und nehmen in Kauf, dass die zu „Turbo-Kühen“ gezüchteten Tiere leiden. Die meisten Kühe stehen das ganze Jahr im Stall, rund zehn Prozent werden sogar in Anbindehaltung gehalten und so über Monate fixiert. Viele Molkereien bieten den Milchlandwirt:innen keine Zusatzleistungen, bessere Tierhaltung entlohnen sie so gut wie gar nicht. Bei Bio- und Weidemilch hingegen sieht es anders aus. 

Aktivist:innen auf einem Milchsilo mit einer Fahne, darauf: Bärenmarke-Logo sowie "Tierleid stoppen!"

Die Molkerei Hochwald wirbt mit hoher Qualität und verkauft unter dem Label Bärenmarke hochpreisige Milch. Im Molkerei-Ranking schneidet die Marke jedoch schlecht ab. Aktive informieren vor Märkten.

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So zeigen Vorreiter-Marken wie Andechser, Upländer Bauernmolkerei und Hamfelder Hof, dass es auch anders geht: Die beiden Letzteren vertreiben ausschließlich Milch aus Weidehaltung, Andechser immerhin 85 Prozent. Einen nennenswerten Anteil Weidemilch weisen außerdem Berchtesgadener Land (52 Prozent), Schwarzwaldmilch (50 Prozent) und Ammerland ( 42 Prozent) sowie Arla und DMK (Deutsches Milch-Kontor) mit jeweils 30 Prozent und Gropper mit 25 Prozent auf. Alle anderen Molkereien – darunter Ehrmann und Bauer – verarbeiten keinen oder einen zu vernachlässigenden Anteil an Milch von Kühen mit Weidegang. 

Einige der bekanntesten Molkereien wie Bärenmarke (Hochwald), Weihenstephan (Müller) und Frischli wollten nicht mal Angaben machen – auch sie sind daher auf den hinteren Plätzen im Greenpeace-Ranking gelandet.

Molkerei-Abfrage 2024

Molkerei-Abfrage 2024

Ergebnisse der zweiten Greenpeace-Abfrage bei 19 großen Molkereien in Deutschland.

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Molkerei-Abfrage 2023

Molkerei-Abfrage 2023

Nur wenige der großen Molkereien in Deutschland vertreiben Milch aus Weidehaltung oder von Milchbetrieben, die auf für Kühe schmerzhafte ganzjährige oder saisonale Anbindehaltung verzichten. Das ergab eine Abfrage von Greenpeace bei 19 Molkereien, die zusammen zwei Drittel der hierzulande produzierten Milch verarbeiten.

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Um mehr über die Qualität der Milch zu erfahren, schickte Greenpeace zudem Milchproben verschiedener Marken ins Labor. Aufschlussreich ist der Gehalt an gesunden Omega-3-Fettsäuren – fällt dieser Wert niedrig aus, weist das auf eine überwiegende Fütterung mit Mais und Kraftfutter in Ställen hin. Teure Premiummarken wie Landliebe, Weihenstephan oder Bärenmarke schnitten im Gegensatz zu Bio-Milch auch hier schlecht ab.

“Hinter ihren PR-Märchen verstecken Molkereien, dass es den Kühen meist ziemlich dreckig geht”, sagt Lasse van Aken, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace. “Wer Milch, Joghurt oder Käse kauft, muss leider davon ausgehen, dass diese Produkte oft von Kühen stammen, die tierschutzwidrig gehalten werden. Die Molkereien sollen zeitnah auf Milch aus Weidehaltung umstellen.“

Milch-Ratgeber: Was hinter den Siegeln steckt

Doch woran erkennen Verbraucher:innen im Supermarkt, wie die Kühe gehalten wurden, deren Milch in die schön gestalteten Tüten gefüllt wurde? Vor dem Kühlregal im Supermarkt ist es bei all den Labeln auf den Milchtüten gar nicht so einfach, den Überblick zu behalten. Greenpeace hat deshalb einen Einkaufsratgeber herausgegeben. Für den Milch-Siegel-Check sind alle gängigen Kennzeichnungen auf ihre Standards in den Bereichen Tierhaltung (inklusive Futter und Gesundheit), Weide/Auslauf sowie den Umgang mit Kälbern untersucht worden. 

Das traurige Ergebnis der Analyse: Viele Siegel zeichnen Milch aus Stallhaltung aus, die Kühen zu wenig Platz zum Laufen, Liegen oder Fressen bietet oder in der die Tiere das ganze Jahr angebunden werden. Dort werden Kälber zudem kurz nach der Geburt von der Mutterkuh getrennt. „Wer Milch von Kühen trinken möchte, die so leben, wie es Werbung oder Urlaubsprospekte zeigen, sollte Weidemilch in Bioqualität kaufen,” sagt van Aken.

>>> Eine schnelle Orientierung bietet der Ratgeber mit einer Übersicht in Ampelform. Er kann im Visitenkarten-Format für das Portemonnaie bestellt werden. Ausführlichere Infos zu den Siegeln sind in der Langfassung Milch-Siegel-Check zu finden.

Milch-Siegel-Check

Milch-Siegel-Check

Der Siegel-Check gibt Verbraucher:innen einen Überblick, welche Milch von Kühen aus guter Haltung mit ausreichend Bewegung, Weidezugang und grasbasiertem Futter stammt.

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Gut für Tierwohl und Klima: weniger Kuhmilch, mehr Hafermilch

Denn Kühe sind eigentlich Weidetiere, die täglich viele Stunden grasen und dabei mehrere Kilometer zurücklegen. Derzeit haben in Deutschland laut Statistischem Bundesamt jedoch nur noch 31 Prozent der Rinder Weidegang, und das meist nur für kurze Zeit auf wenigen Quadratmetern pro Kuh. Im Stall können sie nicht ihrem natürlichen Verhalten gemäß leben und werden zu großen Teilen mit Mais und Getreide gefüttert. Die Tierärztliche Hochschule Hannover hat belegt, dass durch unnatürliche Haltungsbedingungen 20 bis 40 Prozent der Tiere unter Lahmheiten und verformten Klauen leiden. Dazu kommen Stoffwechselerkrankungen.

Auch fürs Klima ist die Turbo-Produktion von Kuhmilch ein Problem, sie verursacht hohe CO2-Emissionen. Pflanzliche Drinks wie Hafermilch sind klimaschonende und günstige Alternativen. Trotzdem gilt: Weidehaltung schont das Klima:

Dauergrünland speichert 30 bis 40 Prozent mehr Kohlenstoff im Vergleich zu Ackerböden. „Beweidetes Grünland hat innerhalb der Agrarlandschaft nach Moorböden das größte Potenzial, Kohlenstoff zu speichern“, sagt van Aken. „Im Sinne von Klimaschutz, Erhalt der Artenvielfalt in der Landwirtschaft und Tierwohl bedeutet das: Wir sollten nur noch so viele Kühe halten, wie auf der vorhandenen Weidefläche gehalten und ernährt werden können.“

Kühe auf der Wiese vor dem Reichstag

Um die Vorteile der Weidehaltung bei Milchkühen zu verdeutlichen, haben die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und Greenpeace Mitte Mai gemeinsam eine Herde Kühe auf die Wiese vor dem Reichstag gebracht.

Ein erstaunlicher Fakt: In Deutschland gibt es keine konkreten rechtlichen Vorgaben für Rinder, die älter als sechs Monate sind, die definieren, wie Rinder zu halten sind. Das ist in vielen Fällen, wie etwa bei der ganzjährigen Anbindehaltung, nicht mit dem Tierschutz vereinbar. „Agrarminister Cem Özdemir muss jetzt mit einem Weideförderprogramm den Landwirt:innen helfen, wieder mehr Kühe auf die Weide zu lassen”, so van Aken. „Zudem muss der Minister sein Versprechen einlösen und Vorgaben machen, wie Milchkühe im Stall zu halten sind. Nur so kann er diesen quasi rechtsfreien Raum schließen.”

Erfolg: Die Weideprämie kommt

Update Juli 2024

Text

Umwelt- und Tierschutzverbände fordern schon lange eine Weideprämie von der Politik, nun kommt sie – ein Erfolg.

Die Ampel-Koalition hat beschlossen, eine Weideprämie einzuführen - eine Greenpeace-Forderung, die knapp 58.000 Menschen mit einer Petition unterstützt haben. Über das entsprechende Gesetzespaket wird der Bundesrat voraussichtlich im September abstimmen.

(Der Artikel wurde am 1. Juni 2023 erstveröffentlicht und mehrfach aktualisiert)

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