Greenpeace-Aktivisten bringen "Tierleidzähler" am Landwirtschaftsministerium an
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Die Uhr tickt. Damit Politiker illegale Zustände in Schweineställen endlich beenden, haben Aktivisten einen Zähler ans Landwirtschaftsministerium gehängt, der das Tierleid anzeigt.
Heute beginnt das Jahr des Schweins. Weltweit feiern Menschen das chinesische Neujahrsfest, vielleicht sogar mit besonderer Zuversicht. Denn das Schwein steht im chinesischen Horoskop für Glück, Reichtum und ein zufriedenes Leben. Es könnte demnach ein gutes 2019 werden – nur wahrscheinlich nicht für das Schwein.
Denn das glückbringende Tier hat zumindest in Deutschland kaum Aussicht auf selbiges Lebensgefühl. Pro Jahr werden 40 Millionen Ferkeln kurz nach der Geburt die Ringelschwänze und 20 Millionen ohne Betäubung die Hoden abgeschnitten. Das Erste macht man, damit sich die Schweine in den engen, tristen Ställen nicht die Schwänze blutig beißen. Das Zweite, um den durch die Geschlechtsreife entstehenden Ebergeruch zu verhindern. Beide Prozeduren sind enorm qualvoll. In Deutschland hat das Landwirtschaftsministerium unter der Leitung von Julia Klöckner (CSU) erst jüngst die betäubungslose Kastration für weitere zwei Jahre erlaubt.
Tierleidzähler am Ministerium
Deshalb summiert zum Beginn des neuen chinesischen Jahres eine von Greenpeace-Aktivisten angebrachte, besondere Uhr am Ministerium die Qual der Schweine: ein "Tierleidzähler". Der digitale Zähler zeigt sekundengenau die Zahl der im Jahr des Schweins gequälten Ferkel. Zusätzlich läuft der "Tierleidzähler" auch online unter act.greenpeace.de/ferkelleid.
Julia Klöckner hingegen betont ihre geplanten Maßnahmen für mehr Tierwohl. So würde die von ihr entwickelte dreistufige Kennzeichnung von Fleischprodukten bereits in der Eingangsstufe die betäubungslose Kastration ausschließen. Laut Greenpeace vorliegenden Informationen soll aber in dieser ersten Stufe das Fleisch von kupierten Schweinen zugelassen sein. Morgen will die Ministerin die Kriterien für ihr Label genauer vorstellen.
„Klöckners Kennzeichnung ist für den Handel freiwillig“, so Zimmermann. „Außerdem soll nur Fleisch gekennzeichnet werden, das aus einer besseren Haltung stammt als der in Deutschland üblichen Massentierhaltung.“ Auf den allermeisten Produkten wird also weiterhin für Verbraucher nicht erkennbar sein, ob dem Tier der Ringelschwanz gekürzt oder der Hoden ohne Betäubung entfernt wurde.
Deutsche Billigproduktion: 20 Prozent gehen in den Export
„Wir brauchen, wie in anderen Ländern längst üblich, gesetzliche Vorgaben, die diese barbarischen Methoden verbieten“, fordert Zimmermann. Zeit genug jedenfalls hatte das zuständige Ministerium: Ringelschwänze zu kürzen ist in der EU seit 1994 untersagt. Weil Deutschland diese Vorgabe immer noch nicht umgesetzt hat, strebt die EU nun ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung an. Die betäubungslose Kastration verstößt in Deutschland seit 2013 gegen das Tierschutzgesetz.
Warum aber ist das Landwirtschaftsministerium so untätig? Wenn der Bauer die Ferkel selbst kastriert, kostet es nichts; alle anderen Methoden sind aufwändiger oder teurer. Das können sich Landwirte nicht leisten: Der Markt in Deutschland ist auf billige Massenproduktion ausgelegt. Kein anderes europäisches Land produziert so viel Schweinefleisch, 20 Prozent davon für den Export. Billig geht aber eben nur ohne viel Aufwand, mit möglichst vielen Tieren auf engem Raum. Eine Haltung, die Tiere krank macht und zu Verhaltensstörungen wie Schwanzbeißen führt. In einem Rechtsgutachten hat Greenpeace bereits 2017 gezeigt, dass die gängige Nutztierhaltung gegen den Tierschutz und somit die Verfassung verstößt. Doch wie ihre Vorgänger verschleppt auch Julia Klöckner die Reform der Tierhaltung. Bald ist sie ein Jahr im Amt. Auch das Jahr war kein gutes für Schweine.