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Bessere Tierhaltung kostet Geld - und das trifft auf Verständnis
Jonas Wresch / Greenpeace

Schluss mit der Show, Frau Klöckner!

85 Prozent sprechen sich für Steuern oder Abgaben auf Fleisch und Wurst aus, wenn die entstehenden Einnahmen in die Verbesserung der Tierhaltung fließen.

Das ist das Ergebnis einer heute veröffentlichten repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar Emnid im Auftrag von Greenpeace. In einer Anfang dieser Woche vorgelegten Studie hatte Greenpeace aufgezeigt, wie es gehen kann: Mit einer Tierwohl-Abgabe von 50 Cent pro Kilo Fleisch würde der schnelle Ausstieg aus der quälerischen Intensivtierhaltung gelingen. Und in Kombination mit einem Ende der Subventionen für Fleisch- und Milchprodukte über den reduzierten Mehrwertsteuersatz wäre es zudem möglich, die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft deutlich zu senken.

Geld für bessere Tierhaltung

Die überwältigende Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher ist also bereit, dafür aufzukommen, dass Rinder, Schweine oder Hühner nicht auf engstem Raum zusammengepfercht werden. Es ist ihnen etwas wert, wenn Ferkeln nicht die Schwänze abgeschnitten werden, damit die Tiere sich die in den engen Ställen nicht abbeißen. Sie sind bereit, einen höheren Preis für Fleisch aus besserer Haltung zu bezahlen, wenn sie sicher sein können, dass ihr Geld auch verwendet wird, dafür in den landwirtschaftlichen Betrieben die Bedingungen dafür zu schaffen.

Eine Ministerin für Ernährung und Landwirtschaft, die ihren Job ernst nimmt, würde diese Bereitschaft begrüßen und sofort mit der Arbeit anfangen. Sie würde durchsetzen, dass eine zweckgebundene Tierwohl-Abgabe erhoben wird und dafür sorgen, dass dieses Geld ausschließlich dafür verwendet wird, Landwirtinnen und Landwirte zu fördern, die und ihre Ställe so um- oder neu bauen wollen, dass eine tiergerechte Haltung möglich ist - mit genug Platz statt enger Boxen und Stroh statt nackter Betonspaltenböden. Und sie würde Verbraucherinnen und Verbrauchern mit einer verpflichtenden Kennzeichnung auf allen Arten von Fleisch und Fleischprodukten verlässliche Informationen über die Bedingungen liefern, unter denen die Tiere gehalten wurden. 

​Klöckner schiebt Verantwortung ab

Julia Klöckner (CDU), die seit gut zwei Jahren als Bundesministerin amtiert, hat bislang nicht erkennen lassen, dass sie dieser Aufgabe gerecht wird. Eine verpflichtende Haltungskennzeichnung lehnt sie ab. Und statt sich für eine Tierwohl-Abgabe einzusetzen, legt sie zur Internationalen Grünen Woche, der Landwirtschaftsmesse, die heute in Berlin beginnt, ihre an Verbraucher und Verbraucherinnen gerichtete Kampagne „Du entscheidest“  wieder auf. „Julia Klöckner nutzt die Messe als Bühne, um mit ihrer Kampagne den Konsumenten die Verantwortung für eine bessere Tierhaltung, Insektenschutz oder eine klimaschonende Produktion zuzuschieben“, sagt Dirk Zimmermann, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace. „Dabei verschleppt sie die dringend notwendigen Reformen.“

Gegen die Untätigkeit der Landwirtschaftsministerin haben heute 38 Aktivistinnen und Aktivisten von Greenpeace vor dem Berliner Messegelände protestiert. Zum Auftakt der Grünen Woche entrollten sie auf dem Vordach des Haupteingangs ein 16 Meter langes Banner mit der Aufforderung: „Schluss mit der Show, Frau Klöckner!“ Außerdem stellen sie den digitalen Tierleidzähler von Greenpeace vor dem Messeeingang auf, um auf die unzumutbaren Bedingungen in der Schweinehaltung hinzuweisen: Mehr als 40 Millionen Ferkeln werden pro Jahr in Deutschland kurz nach der Geburt die Ringelschwänze abgeschnitten, ihre Mütter werden in engen Kastenständen gehalten. Beides ist verboten, wird aber von den Behörden toleriert. Auch die betäubungslose Kastration männlicher Ferkel verstößt gegen das deutsche Tierschutzgesetz.

Die Ministerin muss ihren Job machen

„In vielen Schweineställen in Deutschland herrschen nach wie vor illegale Zustände, die umgehend beendet werden müssen“, sagt Zimmermann. Die Intensivtierhaltung zur massenweisen Produktion von Billigfleisch ist nur möglich, weil mit immer wieder verlängerten Übergangsregeln Verstöße gegen geltendes Recht geduldet werden. 

Bei der Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbrauchern hat das Umdenken längst begonnen: 47 Prozent essen jetzt weniger Fleisch als noch vor fünf Jahren, 6 Prozent essen überhaupt kein Fleisch mehr, so das Ergebnis der Umfrage. Sie kennen die Gesundheitsrisiken und wissen, dass wir die Klimaziele nur erkennen reichen können, wenn wir weltweit den Fleischkonsum einschränken und so die Treibhausgasemissionen der Tierhaltung mindern. 

„Eine zukunftsfähige Landwirtschaft müsste sich auf diese Herausforderungen einstellen. Das kann nur gelingen, wenn weniger Tiere gehalten werden“, sagt Zimmermann. „Die Betriebe brauchen dafür eine Politik, die mit klaren Vorgaben verlässliche Rahmenbedingungen schafft und die Landwirte unterstützt, wenn sie die nötigen Investitionen und Mehrausgaben nicht aus eigener Kraft stemmen können. Es ist höchste Zeit, dass Julia Klöckner ihren Job macht.“

 

Ein Artikel von Matthias Lambrecht, Greenpeace

  • Protest vor der Grünen Woche in Berlin für mehr Tierwohl

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  • Schluss mit der Show, Frau Klöckner! Greenpeace-Banner über dem Eingang der Grünen Woche in Berlin

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