Energiekonzern treibt Verockerung von Gewässern voran
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Ein DDR-Erbe, lautete meist die Erklärung, wenn in den vergangenen Jahren über Flüsse voller Rostschlamm und tote Seen mit drastisch überhöhten Sulfatwerten berichtet wurde. Die braune Spree, das sei doch eine Altlast längst geschlossener, realsozialistischer Kohlegruben. Heute könne das nicht mehr passieren.
Dass es das doch kann, wiesen Greenpeace und der BUND Brandenburg im vergangenen Jahr nach. Einleitstellen des aktiven Vattenfall-Tagebaus Welzow-Süd zeigten deutlich überhöhte Eisen- und Sulfatwerte. Die Umweltorganisationen stellten Strafanzeige.
Um das Problem loszuwerden, hat der schwedische Energiekonzern vor fünf Monaten eine neue Anlage in Welzow-Süd in Betrieb genommen, die das Grubenwasser reinigen soll. Gebracht aber hat sie nichts, wie nun neue Messungen durch den BUND Brandenburg und Greenpeace mit Unterstützung von Bürgerbegehren Klimaschutz und NABU Brandenburg zeigen. Die Sulfat- und Eisenhydroxid-Werte sind immer noch viel zu hoch.
„Vattenfall ist offensichtlich nicht in der Lage, die Umweltprobleme seiner Tagebaue zu beheben“, kritisiert Niklas Schinerl, Greenpeace-Experte für Energie. Und BUND-Geschäftsführer Axel Kruschat ergänzt: „Die nun vorliegenden Werte für Sulfat und Eisenhydroxid sind absolut inakzeptabel.“
Werte sind „sehr besorgniserregend“
Die wasserrechtliche Erlaubnis des Landes Brandenburg sieht vor, dass in einem Liter Wasser nicht mehr als ein Milligramm gelöstes Eisen vorkommt. Messproben an der Einleitstelle Peterhainer Fließ ergaben allerdings Eisenwerte von 3,2 Milligramm, an der Einleitstelle Steinitz Quelle sogar rund 13 Milligramm.
Auch optisch bleibt die Verschmutzung sichtbar: „Die Fließgewässer rund um den Tagebau sind weiter mit rostbraunem Schlamm gefärbt“, sagt Kruschat. Die sogenannte Verockerung von Gewässern entsteht, wenn oxidiertes Eisen aus den Tagebauen ins Grund- und Oberflächenwasser gelangt. Das Wasser verfärbt sich rostrot, Pflanzen und Organismen sterben durch die Verschmutzung ab.
Neben den Eisenwerten sei auch der Sulfat-Gehalt in den Gewässern „sehr besorgniserregend“, so Kruschat. Proben ergaben bis zu 920 Milligramm pro Liter, die von Vattenfall in die Gewässer geleitet werden. Für Oberflächengewässer in Brandenburg gilt eigentlich eine Grenzmarke von nur 450 Milligramm pro Liter. Die Wasserwerke Brandenburgs und Berlins müssen für die Trinkwasserversorgung einen Grenzwert von maximal 250 Milligramm einhalten.
„Politik gegen die Bevölkerung“
„Das zuständige Landesbergamt muss endlich seiner Kontrollfunktion nachkommen und für die Einhaltung der Werte sorgen“, fordert Greenpeace-Experte Schinerl. Doch im Gegensatz zu den Wasserlieferanten macht Brandenburg dem Tagebaubetreiber keine Auflagen für Sulfat-Grenzwerte. Die Landesregierung habe während der Anhörung zum neuen Tagebau Welzow Süd II im Dezember 2013 erklärt, aus Kostengründen seien Vattenfall keine Maßnahmen zur Eindämmung der Sulfat-Belastung zuzumuten, kritisiert Schinerl. „Brandenburgs rot-roter Regierung ist die Umwelt und die Trinkwasserqualität offenbar weniger wichtig als die Gewinnmarge Vattenfalls“, so Schinerl. „Das ist Politik gegen die Bevölkerung.“