Greenpeace-Untersuchung zu Mikroplastik in Kosmetik
- Ein Artikel von Michael Weiland
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Was ist Mikroplastik? Die Frage klingt einfach, doch beantwortet wird sie ganz unterschiedlich. Die gängigste Definition lautet: Plastikpartikel, die im Durchmesser kleiner als fünf Millimeter sind, bezeichnet man als Mikroplastik. Man unterscheidet dabei sekundäres Mikroplastik, das durch die Verwitterung von größeren Plastikabfällen entsteht, von primärem Mikroplastik: So werden eigens hergestellte Kunststoffe genannt, die in Form von kleinen Kugeln, Granulat, Fasern oder auch in flüssiger Konsistenz Produkten wie Kosmetika, Reinigungsmitteln oder Düngemitteln beigesetzt werden. Selbst auf Fußballfeldern kommen sie zum Einsatz.
Im sogenannten “Kosmetik-Dialog” hatte sich die Kosmetikbranche mit der Bundesregierung darauf geeinigt, solche Kunststoffe ihren Produkten nicht länger hinzuzufügen, in einer freiwilligen Selbstverpflichtung ab 2020. Doch das hat nicht funktioniert: Viele Firmen setzen nach wie vor Mikrokunstoffe in verschiedenen Konsistenzen in ihren Produkten ein, wie eine aktuelle Greenpeace-Untersuchung nachweist.
Für Verbraucher:innen noch ärgerlicher: Etliche Produkte nennen sich “mikroplastikfrei”, obwohl sie es gar nicht sind. Denn die von vielen Herstellern bevorzugte Definition schließt keine suspendierten, flüssigen, wachs- oder gelartigen Kunststoffe ein – dabei ist deren Umweltverträglichkeit weitestgehend ungeklärt. Die Antwort auf die Frage, was Mikroplastik ist, beantwortet die Kosmetikindustrie meistens mit: was ihnen in den Kram passt - und gegebenenfalls werbewirksam entfernt werden kann. Damit bleibt immer noch eine Menge Plastik in den Produkten, das letztlich über den Abfluss in unseren Flüssen und Meeren landen kann: Mikroplastik wird oft nur unzureichend von Klärwerken herausgefiltert.
Die Untersuchung
Greenpeace hat für den Report “Zum Abschminken: Plastik in Kosmetik” 664 Produkte elf beliebter Make-up-Hersteller untersucht und festgestellt, was die freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie wert ist: nicht besonders viel. In 502 Artikeln fand sich nach wie vor Plastik. Zunächst wurden dafür Produkte von Catrice, Essence, L’Oreal, Deborah, Kiko, Lancôme, Lush, Maybelline, Nyx, Sephora und Wycon anhand ihrer Inhaltsstofflisten auf die Verwendung von 523 Kunststoffarten überprüft. In einer anschließenden Laboruntersuchung wurde auch festes Plastik in ausgewählten Produkten nachgewiesen. Die fünf Marken mit dem höchsten Anteil an Produkten, die Plastik enthalten, sind: Maybelline (85 Prozent), Deborah (84 Prozent), Sephora (83 Prozent), Wycon (78 Prozent) und Lancôme (77 Prozent).
Besonders bedenklich: Produkte, die auf sensible Körperteile wie Augen und Lippen aufgetragen werden, enthielten die höchsten Konzentrationen an Kunststoffen, etwa Augen-Make-up, Lippenstifte oder Lipgloss. Verbraucher:innen können so Plastik einatmen oder verschlucken. Diese Befunde sind besonders beunruhigend, da es vermehrt Hinweise gibt, dass die Kunststoffe in Form von Mikro- und den noch kleineren Nanopartikeln auch hochselektive Barrieren wie die Blut-Hirnschranke und die menschliche Plazenta überwinden können.
Ein klares Verbot
“Diese Ergebnisse alarmieren”, sagt Viola Wohlgemuth, Greenpeace-Expertin für Konsum und Chemie und fordert von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) ein klares Verbot von Plastik jeder Konsistenz in Kosmetik - auf deutscher und EU-Ebene. Denn dort wird derzeit nur ein Verbot von festem Mikroplastik in Kosmetikprodukten verhandelt – das ist viel zu kurz gegriffen. “Die ungeschminkte Wahrheit ist, dass wir uns weiterhin regelmäßig Plastik ins Gesicht schmieren.” Mit unbekannten Folgen für die Umwelt und unsere eigene Gesundheit.
Primäres Mikroplastik, das unseren Planeten verunreinigt, darf nicht länger derart sorglos verwendet werden. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen sich jedoch die Unternehmen und die Bundesregierung zum Handeln verpflichten und Verantwortung übernehmen.
>>> Werden Sie mit uns aktiv! Unterzeichnen Sie die Petition gegen die Verwendung von Mikroplastik in der Industrie und senden Sie eine klare Botschaft an Entscheidungsträger:innen in Wirtschaft und Politik!