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Waldsterben im Harz
Gordon Welters / Greenpeace

Landwirtschaftsministerin Klöckner will im großen Stil den Wald umbauen

Aufräumen und umbauen. Klingt nach kleinen und größeren Projekten im privaten Zuhause - vielleicht auch noch in Gärten und Parks. Aber in der freien Natur? Im Wald? So seltsam sich das anhört, letztlich ist das aber der Ansatz, den die für den heimischen Wald zuständige Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) momentan verfolgt. Die vielen Bäume, die dieses Jahr an der fortschreitenden Dürre, dem darauf folgenden Insektenbefall und den Bränden zugrunde gegangen sind, will sie maschinell räumen lassen und im Anschluss die Flächen im großen Stil wieder aufforsten - mit vermeintlich klimaresistenteren Baumarten. "Sieht und hört man die Pläne von Ministerin Klöckner, wird schnell klar: Es geht um ein ‚Weiter so!‘, um die Sicherung des alten Plantagensystems, an dem vor allem die staatliche Forstwirtschaft so sehr hängt“, sagt Schriftsteller und Förster Peter Wohlleben.

Im Vordergrund steht bei einem solchen Vorgehen die Holzversorgung. Diese Sichtweise greift zu kurz. Wald kann und muss viel mehr sein als eine Holzplantage. Natürliche Wälder sind Orte der Artenvielfalt und des Klimaschutzes - wenn man sie alt werden lässt: Denn alte Wälder binden große Mengen CO2. Junge Wälder hingegen erstmal nur wenig. Auch abgestorbene Bäume, die im Wald verbleiben, sind ein guter CO2-Speicher und Lebensraum für Pflanzen, Pilze oder Insekten. Eine Holzplantage, in der Bäume schon in jungen Jahren gefällt werden und sogenanntes Totholz weggeräumt wird, kann also längst nicht im gleichen Maße zum Klima- und Artenschutz beitragen wie ein naturnaher Wald.

Wege aus der Krise  

 

Abgesehen vom Klimaschutz geht es auch um die Wälder selbst. Ein intensives Aufforsten ist nicht nachhaltig. Die Wälder werden immer anfälliger für Dürren und Insektenbefall, gerade wenn sich das Klima ändert. "Gerne würde ich die Ministerien und die Leiter der Forstabteilungen persönlich wachrütteln“, sagt daher Peter Wohlleben. „Ihnen scheint immer noch nicht klar zu sein, dass es mittlerweile um die Frage geht, ob wir in 50 Jahren überhaupt noch Wald haben werden." Greenpeace-Waldexperte Christoph Thies ergänzt: “Wenn wir unsere Wälder langfristig erhalten und schützen wollen, dann muss ein Umdenken stattfinden: weg von der intensiven Holzwirtschaft und Plantagenwäldern hin zu einer naturnahen Waldnutzung und natürlichen, widerstandsfähigen Wäldern.”

 

Und da reicht es nicht, die Fichten-Monokulturen durch drei oder vier ebenso industriell gepflanzte Baumarten zu ersetzen. Es braucht eine umfassende Waldwende, bei der weniger mehr ist: weniger menschliche Eingriffe; mehr Raum und Ruhe für den Wald, um sich selbst zu verjüngen, anzupassen und seine eigenen Abwehrkräfte zu aktivieren. Es wachsen dann ganz von selbst Baumarten nach und bilden Baumgemeinschaften, die an den jeweiligen Standort optimal angepasst sind. “Durch Naturverjüngung entsteht der stabilste Wald ganz von selbst und ganz ohne Kosten“, so Torsten Welle von der Naturwald Akademie.

Die von der Politik veranschlagten Hilfsgelder sind besser eingesetzt, wenn sie Forstwirtschaft und Waldbesitzende darin fördern, Wälder naturnah zu bewirtschaften. Es muss finanzielle Anreize geben, wenn sie mehr Totholz im Wald lassen und weniger Bäume fällen. Wir müssen endlich verstehen, dass der Wald gerade in Zeiten der Klimakrise Hilfe zur Selbsthilfe benötigt und keine rigorose Renovierung – sonst zerstören wir ihn noch mehr.

 

Wie eine Waldwende funktionieren kann, hat Greenpeace in Zusammenarbeit mit der Naturwald Akademie erarbeitet und veröffentlicht: Wege aus der Waldkrise.

  • Lübecker Stadtwald im Spätsommer 2019. Der Stadtwald ist ein Beispiel für naturnahe Waldbewirtschaftung und gilt weltweit als Vorbild.

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