Amazonas-Riff: Ölgigant Total darf nicht nach Öl bohren
Ein Meilenstein zum Schutz des einzigartigen Amazonas-Riffs: Nach weltweiter Greenpeace-Kampagne verweigert die brasilianische Umweltbehörde IBAMA geplante Bohrungen des Ölkonzerns Total im gigantischen Amazonas-Riff.
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Erst 2016 fanden Forscher ein besonderes Korallenriff an einem Ort, an dem die wenigsten danach suchen würden: vor der Küste Brasiliens, wo der Amazonas auf den Atlantik trifft. Das 9500 Quadratkilometer große Riff wurde in 120 Metern Tiefe im Atlantik entdeckt, 100 Kilometer von der Amazonas-Mündung entfernt.
Kaum entdeckt, schon bedroht
Gleich mehrere Firmen planten Ölbohrungen vor der brasilianischen Küste. Ein unverantwortliches Risiko: Das Riff und seine Bewohner wären Lärm, Verschmutzung und der Gefahr von Ölunfällen ausgesetzt. Greenpeace machte sich an die Arbeit: Anfang 2017 war Greenpeace mit dem Schiff Esperanza, einem Team von Wissenschaftlern, mit Tauchrobotern und einem Tauchboot vor Ort – um das Riff erst einmal zu vermessen, Arten zu dokumentieren und Fotos zu machen. Zeitgleich engagierte sich die Umweltschutzorganisation gegen die Pläne der Konzerne BP und Total, in der Region nach Öl zu bohren – ein Unterfangen, das das Riff massiv gefährden würde. Eine weitere wissenschaftliche Expedition fand 2018 statt - sie ergab, dass das Riff noch viel größer ist als gedacht – und ein Teil zudem direkt in einem der Förderblöcke von Total liegt; also dort, wo der Ölkonzern bohren könnte, wenn er dürfte.
Unerforschtes Korallenriff
„Wir wissen mehr über den Mond als über dieses Korallenriff“, sagt Sandra Schöttner, Greenpeace-Expertin für Meeresschutz. „Es darf einfach nicht der Profitgier zum Opfer fallen." Die Meeresbiologin war Teil des Forscherteams auf der Esperanza. Ihre Erlebnisse beschreibt sie so: „Dort unten ist eine Welt jenseits unserer Vorstellungskraft. Das Ökosystem ist unglaublich artenreich und nach heutigem Wissenstand einmalig. Ich bin mir sicher, dass wir dort Lebewesen finden werden, die uns bis heute unbekannt sind!“
Riffe sind sehr empfindliche Gebilde mit speziellen Anforderungen an ihre Umwelt sind, ausgerechnet hier würde man darum keines erwarten. „Tropische Korallenriffe, wie wir sie klassischerweise kennen, brauchen vor allem eines: Sonnenlicht – und klares, sauerstoffreiches, nicht zu saures Meerwasser“, sagt Greenpeace-Expertin Sandra Schöttner. Keineswegs die Voraussetzungen, die im schlammigen Amazonasdelta herrschen – und darum ein Wunder der Natur.
Schnell war klar: Dieses Riff ist einzigartig, bisher jedoch kaum erforscht – und muss unbedingt vor Eingriffen durch die Ölindustrie geschützt werden. Nach einigen Etappensiegen dürfen Umweltschützer einen großen und wichtigen Erfolg feiern: Die brasilianische Umweltschutzbehörde IBAMA erteilt dem französischen Ölkonzern Total keine Erlaubnis für seine Bohrpläne nahe des Riffs.
Signal an andere Ölkonzerne
Ihre Ablehnung der Bohrgenehmigung begründete Brasiliens Umweltbehörde damit, dass die von Total erstellte Umweltverträglichkeitsprüfung „schwerwiegende Ungewissheiten“ offenließe. So sei zum Beispiel nicht geklärt, inwiefern ein Ölunfall das Amazonas-Riff in Mitleidenschaft zöge. Greenpeace hat in der Vergangenheit konsequent auf die Unzulänglichkeiten der insgesamt vier Umweltverträglichkeitsprüfungen von Total hingewiesen.
Seit knapp zwei Jahren hat es sich Greenpeace zur Aufgabe gemacht, das Riff vor dem Expansionsdrang internationaler Ölkonzerne zu schützen. „Dieser Sieg ist ein Signal an andere Ölfirmen“, sagt Thiago Almeida von Greenpeace Brasilien. „Sobald Konzerne versuchen, Gebiete wie das Amazonas-Riff auszubeuten, stellen sich ihnen Millionen Menschen entgegen.“
Das wird auch weiterhin nötig sein: Mit der Niederlage von Total ist das Amazonas-Riff noch nicht geschützt. Nach wie vor versucht BP, sich Bohrlizenzen im Amazonasdelta zu sichern. Nach den neuesten Entwicklungen sieht das für den britischen Ölkonzern allerdings immer weniger erfolgversprechend aus.
Update im Oktober 2020
Amazonas-Riff gerettet
Nun ist es endgültig: Total wird am brasilianischen Amazonas-Riff nicht nach Öl bohren. Greenpeace hatte vor Ort mit vielen Aktionen und weltweit mit einer Petition gegen die Förderpläne des französischen Mineralölkonzerns gekämpft. Mehr als 2 Millionen Menschen haben die Petition zum Schutz des Amazonas-Riffs unterschrieben und geholfen, diesen großen Sieg für traditionelle Gemeinschaften, die Umwelt und das Klima zu erringen.