Ölkatastrophe in Israel
- Ein Artikel von Michael Weiland
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Die größte Ölkatastrophe in der Geschichte Israels ist auch ein Versagen der Politik. Satellitenbilder vom Mittelmeer zeigen, dass die Gefahr rechtzeitig zu erkennen gewesen wäre.
Seit Tagen sind Tausende von Freiwilligen im Einsatz und säubern israelische Strände von Teerklumpen, die aus dem östlichen Mittelmeer angeschwemmt werden – mehr als 170 Kilometer Ufer sind betroffen, fast 40 Prozent der Küstenlinie des Landes. Auch im Libanon wurden die giftigen schwarzen Klumpen an die Strände gespült. Wer das Unglück verursacht hat, ist weiterhin unklar, fest steht nur, dass sich vor der Küste riesige Öltteppiche gebildet haben. Es handelt sich um die größte Umweltkatastrophe in der Geschichte Israels; die Aufräumarbeiten werden Monate oder Jahre dauern.
Dabei stellt sich die Frage: Hätte dieses Desaster vermieden werden können? Eine unabhängige Untersuchung durch Greenpeace beantwortet die Frage mit ja – und bringt die Politik in Erklärungsnot. Die Umweltschutzorganisation hat Satellitenbilder veröffentlicht, auf denen bereits rund eine Woche vor der Katastrophe an Israels Stränden großflächige Ölteppiche zu erkennen sind. Ein Frühwarnsystem, wie es Umweltschützende seit Jahren von der israelischen Regierung fordern, hätte die schlimmsten Folgen wohl verhindert.
Kein Notfallplan
“Israels Regierung versagt beim Schutz des Meeres und unserer Küsten”, sagt Dr. Jonathan Aikenbaum, Leiter von Greenpeace Israel. “Es gibt keine Überwachung, keinen Notfallplan und kein Engagement, um die Meeresumwelt zu schützen.” Um einer solchen Katastrophe vorzubeugen, wäre es notwendig, Schiffe und Küstengewässer satellitengestützt zu beobachten, Spezialschiffe zur Ölbekämpfung bereitzustellen oder Spezialausrüstung wie etwa Ölsperren vorzuhalten.
Um Licht in die Angelegenheit zu bringen, hat Greenpeace eine eigene Analyse von Satellitenbildern durchgeführt. Bilder des Satelliten Sentinel 1 zeigen am 11. Februar einen großen Ölteppich etwa 45 Kilometer vor der israelischen Küste, den das israelische Umweltministerium nicht rechtzeitig entdeckte. Am 12. Februar sind nur etwa 20 Kilometer vor der Küste zwei weitere riesige Ölteppiche von 11 bis 20 Kilometer Länge sichtbar. Ein weiterer großer Ölteppich befindet sich in Israels Hoheitsgewässern rund zehn Kilometer vor der Küste in der Nähe der Leviathan-Gasbohrinsel. Diese Bedrohungen hätten vom israelischen Bundesumweltministerium mit einem geeigneten Frühwarnsystem rechtzeitig entdeckt werden können – bevor es für wirkungsvolle Maßnahmen zu spät war.
Greenpeace untersucht Proben
Vor Ort hat Greenpeace Proben gesammelt, um über deren Zusammensetzung, Alter und Herkunft Aufschluss über die Ursache der Katastrophe zu gewinnen. Im Abgleich mit den Schiffsbewegungen im fraglichen Zeitraum lässt sich so vielleicht die Herkunft der Teerklumpen herausfinden.
Dr. Jonathan Aikenbaum von Greenpeace Israel befürchtet, dass Unfälle dieser Art auch in Zukunft passieren, wenn sich die Haltung der israelischen Regierung zu fossilen Brennstoffen nicht grundlegend ändert. “Die Regierung fördert sogar neue Öl-Projekte, die das aktuelle Desaster übertreffen könnten”, so Aikenbaum. Dabei liegt die Alternative auf der Hand: “Solarenergie ist schon heute unsere billigste Stromquelle. Die israelischen Bürger haben eine bessere Zukunft verdient. Ein sonnenverwöhntes Land muss klug in die Zukunft investieren.”