Jetzt spenden
Dekontaminierte Erde bei einem Gemüsegarten in Tamura bei Fukushima
Noriko Hayashi / Greenpeace

UN verharmlost Fukushima-Folgen

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Ein UN-Bericht aus 2014 verharmlost die Gesundheitsfolgen der Atomkatastrophe, noch sind verlässliche Bewertungen gar nicht möglich. Doch die japanische Regierung will Atomreaktoren wieder anfahren. 

Für den Greenpeace-Atomexperten Heinz Smital kommt der Bericht von UNSCEAR, dem UN-Ausschuss zur Untersuchung der Auswirkungen atomarer Strahlung, viel zu früh. Noch seien Aussagen über die gesundheitlichen Folgen des Atomdesasters im japanischen Fukushima Daiichi gar nicht möglich, sagt er. Der UNSCEAR-Bericht spiele die Folgen herunter und stelle sich damit auf die Seite der Atomindustrie.

Smital vergleicht Fukushima mit den Folgen der ukrainischen Atomkatastrophe im Jahr 1986 in Tschernobyl. Die Kurzanalyse zeigt, nach welch ungleichen Maßstäben die Regierungen in der Ukraine und in Japan jeweils handelten. Der Schutz der Bevölkerung stand nach der Katastrophe in Tschernobyl deutlich stärker im Vordergrund als im Jahr 2011 in Japan.

Bereits am 14. März 2011 – drei Tage nach dem mehrfachen GAU - war aus Fukushima Daiichi so viel Radioaktivität entwichen, dass dieser Unfall der höchsten Stufe 7 auf der INES-Skala entspricht und mit weitreichenden Gesundheitsfolgen zu rechnen ist. Die Evakuierung einer 20-Kilometer-Zone rund um das Kraftwerk war noch nicht abgeschlossen und viele Personen erhielten hohe Strahlendosen. Die prophylaktische Einnahme von Jodtabletten passierte nicht, da im allgemeinen Chaos wichtige Mitteilungen nicht beachtet oder bearbeitet wurden. Dennoch geht der UNSCEAR-Bericht von keinen gesundheitlichen Folgen des Fukushima-Unglücks aus.

Untersuchungen nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl haben ergeben, dass erst 17 Jahre später ein Peak der Neuerkrankungen von Jugendlichen an Schilddrüsenkrebs erreicht wurde. Die Zahl lag einige hundert Mal höher als zu Zeiten vor der radioaktiven Belastung.  Aufgrund ihrer geringeren Körperdimensionen werden die inneren Organe von Kindern weniger abgeschirmt und erhalten deshalb mehr Strahlung als die Erwachsener.

In dem UNSCEAR-Bericht werden höhere Strahlenbelastungen einzelner Personengruppen dadurch versteckt, dass Durchschnittswerte über größere Bevölkerungsgruppen hinweg angegeben werden. Dennoch sind die Werte hoch, z.B. wird für Fukushima City angenommen, dass Kinder durchschnittlich ca. acht Millisievert (Effektivdosis) im ersten Jahr erhielten. Nach Tschernobyl-Kriterien wäre Fukushima City somit ein Umsiedlungsgebiet.

Darüber hinaus wird im UNSCEAR-Bericht die besonders gefährdete Gruppe der Föten im Mutterleib nicht gesondert betrachtet. Eine deutlich erhöhte Zahl von Fehlgeburten und Säuglingssterblichkeit wurde aber sowohl in Tschernobyl als auch bereits in Fukushima festgestellt. Untersuchungen zeigen, dass gesundheitliche Effekte schon bei kleinen Dosen im Bereich von 1 mSv aufgetreten sind.

Die Wissenschaft hat inzwischen erkannt, dass auch kleine Strahlendosen negative gesundheitliche Auswirkungen haben. Ein wesentlicher Grundsatz im Strahlenschutz ist es, neben einem festgelegten Limit auch eine Pflicht zur Dosisvermeidung und Minimierung festzulegen (§6 der StrSchV). Doch der UNSCEAR-Bericht ignoriert diese Tatsache. UNSCEAR bringt sich dadurch in den Verdacht, die Folgen radioaktiver Freisetzungen herunterzuspielen und die Interessen der Atomindustrie stärker zu berücksichtigen als jene der Bevölkerung. 

Online-Mitmachaktion

https://act.greenpeace.de/eu-verbot-fossile-energien

Offener Brief: Neue fossile Energieprojekte in Europa verbieten

Wir alle müssen jetzt den klimatischen und ökologischen Notstand als die existenzielle Krise behandeln, die er ist. Unser Leben hängt davon ab. Deshalb fordern wir die EU-Institutionen dazu auf: Stoppt neue Öl- und Gasprojekte!

Jetzt unterzeichnen
0%
vom Ziel erreicht
0
haben mitgemacht
0%
Datum
Protesters holding yellow banner that says "defend the climate - not fussil fuels"

Mehr zum Thema

Projektion zum Atomausstieg am AKW Isar 2
  • 16.08.2024

Atomkraft ist nicht nur riskant, sondern auch keine Lösung für die Energiekrise. Am 15. April 2023 wurden die deutschen Atomkraftwerke darum endgültig abgeschaltet, nun wurden Kühltürme gesprengt.

mehr erfahren
Atommeiler in Cattenom
  • 19.06.2024

Atomenergie ist ein volkswirtschaftliches Risiko, so eine aktuelle Greenpeace-Studie. Die Rechnung für unkontrollierte Kostensteigerungen und massive Verzögerungen begleichen die Steuerzahlenden.

mehr erfahren
Nuclear Action at EnBW in Germany
  • 24.05.2024

Tausende von Jahren sollte das „Versuchsendlager“ im ehemaligen Salzbergwerk Asse II sicher sein. Knapp vier Jahrzehnte später säuft es durch Wassereinbrüche ab, die Schachtanlage droht einzustürzen.

mehr erfahren
In einem Kindergarten liegen die Spielsachen so, wie sie nach der Katastrophe zurückgelassen wurden. Die Gasmaske eines Kindes neben einer Puppe ist nur ein weiteres grausames Paradoxon: Eine Woche vor dem Atomunfall wurden die Kinder darin geschult, die Sicherheitsausrüstung gegen die atomare Gefahr zu benutzen. Doch am Tag des Unfalls wurde auf Anweisung der Parteiführung keine einzige Gasmaske benutzt.
  • 26.04.2024

Am 26. April 1986 erschüttert eine Explosion das Atomkraftwerk Tschornobyl. Eine radioaktive Wolke verseucht die Region und zieht über Europa. Ursache sind menschliches Versagen und technische Mängel.

mehr erfahren
Greenpeace and BUND Naturschutz Celebrate Nuclear Phase-out in Munich
  • 12.04.2024

Vor einem Jahr ging das letzte AKW in Bayern vom Netz. Strom aus erneuerbaren Energien hat deutschlandweit Atomstrom ersetzt. Nur der Freistaat hinkt hinterher. Warum ist das so?

mehr erfahren
Projektion für den Atomausstieg am Atomkraftwerk Isar 2 bei Nacht
  • 09.04.2024

Happy Birthday, Atomausstieg! Auch wenn ein Jahr nach dem deutschen Ausstieg vielerorts eine “Renaissance der Atomkraft” herbeigeredet wird, laut einer aktuellen Studie sprechen die Fakten dagegen.

mehr erfahren