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Technisch und wirtschaftlich ist die Atomenergie ein Auslaufmodell, Uran gar ein begrenzterer Rohstoff als Öl und Gas. Trotzdem setzen die Atomkonzerne E.ON, EnBW, RWE und Vattenfall weiter stur auf die risikoreiche Technik. Doch schwerwiegende Schwachstellen weisen nicht nur die durch die jüngsten Störfälle in die Diskussion geratenen Atomkraftwerke in Krümmel und Brunsbüttel auf. Auch bei anderen Anlagen sieht die Störfalllage nicht besser aus.
Die vier ältesten noch laufenden Atommeiler Deutschlands, Biblis A (RWE, in Betrieb seit 1975), Biblis B (RWE, in Betrieb seit 1977), Neckarwestheim 1 (EnBW, in Betrieb seit 1976) und Brunsbüttel (Vattenfall/E.ON, in Betrieb seit 1977) weisen besondere bauartbedingte Mängel auf. Zudem sind sie allein wegen ihres Alters Spitzenreiter beim Unfallrisiko und besonders verwundbar durch Terrorangriffe. Dabei gelten Biblis A und Brunsbüttel als die störanfälligsten Atomkraftwerke Deutschlands.
Nicht gerade beruhigend ist dementsprechend die Zahl der meldepflichtigen Ereignisse in den ältesten Atomkraftwerken. Spitzenreiter ist Brunsbüttel mit 427 meldepflichtigen Ereignissen, es folgen Neckarwestheim 1 mit 385, Biblis B mit 380 und Biblis A mit 354 Meldungen. Ebenso mit über 300 meldepflichtigen Ereignissen glänzen die Werke Philippsburg 1 (335), Stade (313, jetzt stillgelegt), Unterweser (311) und Krümmel (303) (Stand Ende 1. Quartal 2007).
Auswahl drei schwerer Störfälle in Deutschland
AKW Biblis A, 1987: Das Betriebspersonal verursacht ein Kühlmittelleck im Primärkreislauf des Kraftwerks. Als der Fehler nach 15 Stunden endlich auffällt, öffnen Techniker ein Ventil, statt den Reaktor abzuschalten. Das unter hohem Druck stehende Wasser des Primärkreislaufs schießt durch das selbst produzierte Leck. 107 Liter radioaktives Kühlwasser laufen aus. Nur mit Glück lässt sich das Ventil wieder schließen. Das Auslaufen von Kühlwasser kann eine Kernschmelze zur Folge haben.
AKW Philippsburg, 2001: Die Betriebsmannschaft fährt den Reaktor Philippsburg 2 an, ohne zu registrieren, dass das Notkühlsystem nicht funktionstüchtig ist. Erst zwei Wochen später wird der Fehler entdeckt. Die Betreibergesellschaft EnBW entscheidet, den Reaktor trotzdem nicht abzuschalten und versucht, das Notkühlsystem bei laufendem Betrieb zu reparieren. Dies ist ein schwerer Verstoß gegen die Sicherheitsbestimmungen: Wenn die Notkühlung nicht funktioniert, müssen Atomkraftwerke sofort abgeschaltet werden.
AKW Brunsbüttel, 2001: Im Dezember kommt es nur wenige Meter vom Reaktordruckbehälter entfernt zu einer schweren Wasserstoffexplosion. Rund drei Meter Rohrleitung werden durch die Explosion zerfetzt. Nur ein einziges Ventil befindet sich zwischen dem zerstörten Rohr und dem hochradioaktiven Herzen des Reaktors und stoppt den Austritt von radioaktivem Dampf. Der damalige Betreiber HEW spielt den Unfall herunter und behauptet, an dem Rohr gäbe es lediglich eine leckende Dichtung. Nach zwei Monaten, im Februar 2002, gelingt es der Atomaufsicht, HEW dazu zu zwingen, den Reaktor abzuschalten, um das Rohrleck inspizieren zu können. Dabei wird die explodierte Leitung entdeckt.
Auch wenn nicht jeder Störfall gleich zur Katastrophe führt, können wir nur von Glück reden, dass in Deutschland bisher nicht mehr passiert ist. Atomkraftwerksbetreiber handeln nach dem Motto: verschweigen, verschleiern, nur zögerlich Informationen zugänglich machen. Zusätzlich gibt zu viele ungelöste Probleme, die gegen die Atomkraft und Atomkraftwerke sprechen: Gefährliche Transporte, wachsende strahlende Müllberge, die Weiterverbreitung der Atombombentechnologie sowie die Gefahr terroristischer Anschläge. Nur eins ist sicher: Abschalten!
Chance Atomausstieg - Perspektiven für neue Arbeitsplätze an Atomstandorten (Kurzfassung)
Anzahl Seiten: 20
Dateigröße: 721.68 KB
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